Studentenjobs in Bonn Diese skurrilen Erlebnisse haben Studenten in ihren Nebenjobs
Bonn · Bahnfahren, Fußball-Schauen, ins Kölner Stadion gehen: Dafür müssen manche Bonner Studenten nicht etwa Geld bezahlen, sondern bekommen welches dafür. Dem GA berichten sie von ihren ungewöhnlichen Nebenjobs und ihren Erfahrungen.
Als der Bonner Michael Münster in seinen Studienzeiten in den 1970er-Jahren mal wieder etwas dazuverdienen wollte, musste er schon um 6 Uhr aufstehen, sich in das Büro der Studentischen Arbeitsvermittlung setzen und zocken: „Wer kann Hecke schneiden? Wer ist stark genug für einen Umzug in den dritten Stock?“, riefen die Mitarbeiter der Vermittlung den Studenten im Wartesaal zu und diese meldeten sich oder warteten in der Hoffnung auf ein angenehmeres Angebot.
Heute suchen sich Studenten gemütlich von zu Hause ihre Nebenjobs im Internet. Doch so sehr sich die Suche auch verändert hat, ungewöhnlich waren und sind so manche Beschäftigungen damals wie heute. Während Münster damals „Schmuddelhefte“ gebunden oder sich in den Cafeterien der Ministerien durchfüttern lassen hat, werden so manche Studenten heute fürs Fußball-Schauen oder Bahnfahren bezahlt. Der GA erzählt ihre Anekdoten.
Eine Flasche Pils als Einstellungsbedingung
Wenn bei der Studentischen Arbeitsvermittlung in den 1970ern Aushilfen für Spülküchen gesucht wurden, dann hat sich Micheal Münster immer gerne gemeldet, erzählt der heute 70-Jährige, der von 1975 bis 1979 Lehramt studiert hat. Dann landete er nämlich in den Küchen der Ministerien, wo die angestellten Frauen mütterliche Gefühle gegenüber des mageren Studenten zeigten: „Jung, nu iss mal war“, sagten ihm die Frauen und er durfte sich kostenfrei stärken. „In meinen Studienzeiten war Essen ein großes Thema. Wir waren immer froh, wenn der immerwährende Hunger gestillt war“, sagt Münster. Häufig ging er nicht nur mit Lohn, sondern auch mit einem Paket voller Speisereste aus der Spülküche nach Hause.
Einmal musste der Magen aber auch anders gefüllt werden: „Ein Küchenchef baute sich in einer Großküche zur Begrüßung vor mir auf und sagte: ‚Ich trinke Pils, und du?‘ Daraufhin musste ich morgens um 7 Uhr auf leeren Magen eine Flasche Pils trinken, was mich sofort beschwipst hat“, erinnert sich Münster.
Schmuddelhefte für die Freunde
Mehrere Jahre arbeitete Münster in einer Buchbinderei, wo er dabei half, Heftchen zu binden. Als er dort anfing, produzierte die Binderei ausgerechnet Schmuddelhefte, die in Kiosken als Bückware verkauft wurden. „Ich konnte natürlich reichlich von den Heften mitnehmen und sie an Freunde und Bekannte verteilen. Das hat meinen Beliebtheitsgrad für eine gewisse Zeit stark gesteigert“, amüsiert sich Münster noch heute.
Fußball-Schauen und Geld verdienen
Auch heute bringen so manche Studentenjobs noch mehr Vorteile mit sich, als nur den Lohn. Otis Henkel, Sprecher de Allgemeinen Studierendenausschusses (Asta) der Uni Bonn, wird beispielsweise dafür entlohnt, dass er sich Fußball-Spiele anschaut.
Unter dem Suchbegriff „Fußballjobs“ fand er vor circa eineinhalb Jahren eine Ausschreibung einer Kölner Sportredaktion. Sie suchten Mitarbeiter, die live über Spiele tickern. Nun kann der Politikwissenschaftsstudent von zu Hause den Fußball verfolgen, live von den Geschehnissen per Ticker berichten und sich gleichzeitig das Monatseinkommen aufbessern.
Bahnfahren für Geld
Die 24-jährige Studentin Jana, die nur mit Vornamen genannt werden möchte, sitzt regelmäßig für ihren Nebenjob in der Bahn: Von Köln geht es nach Hamburg, Berlin, Nürnberg, Freiburg oder München. Doch statt für die Fahrt Geld zu bezahlen, verdient sie sich welches. Die Politikwissenschafts-Studentin arbeitet für die Bonner Kinderevent-Agentur Proki, die im Auftrag der Deutschen Bahn Kinderbetreuung auf Langstrecken organisiert.
Wenn Jana an einem Wochenende im Einsatz ist, dann bekommt sie mit einer Kollegin eine Vierer-Sitzgruppe zur Verfügung gestellt, holt aus ihrem Köfferchen Mal-Utensilien, Rätsel und Spiele heraus und beschäftigt sich die ganze Fahrt über mit den kleinen Passagieren. Dabei ist trotz der immer gleichen Strecken keine Fahrt wie die andere, da sie immer wieder mit anderen Charakteren zu tun hat: „Das hat mir von Anfang an keine Probleme gemacht. Häufig spielen wir mit den Kindern auch Spiele, die uns selbst Spaß machen“, erzählt die Studentin.
Dabei kann es auch mal passieren, dass sich ein Kind gar nicht mehr von ihr trennen möchte: „Ein 14 Monate altes Kind etwa wollte gar nicht mehr von meinem Schoß runter und auch als ich es der Mutter übergeben wollte, konnte es sich nicht von mir losreißen“, erinnert sich Jana gerne an eines ihrer Erlebnisse.
Auch wenn sie nun beruflich Bahn fährt, macht sie es weiterhin gerne privat: „Wenn ich eins gelernt habe, dann, wie man gut Bahn fährt. Ich bin darin Profi geworden“, sagt sie. Gefunden hat sie den Job über eine Whatsapp-Gruppe von Studenten. Seit drei Jahren übt sie ihn aus.
Die Auf und Abs mit Fußball-Fans
Der 20-jährige Julian, der nur mit Vornamen genannt werden möchte, fährt regelmäßig für seinen Job ins Kölner Stadion. Dort versorgt er die Gäste mit Bier und Bratwürstchen. „Der Kontakt mit den Fans bringt gemischte Erfahrungen. Wenn Köln gewinnt, dann sind die Fans gut drauf und singen. Aber bei einer Niederlage kann man auch 30 bis 40 schlecht gelaunte, betrunkene Gäste vor sich haben und gerät ganz schön unter Druck“, sagt der Jura-Student. Einmal haben Fans den Getränke-Stand stürmen wollen, erzählt er.
Er sieht in seinem Bekanntenkreis: „Die Gastro ist als Studijob auf einem absteigenden Ast. Es gibt wesentlich angenehmere Jobs mit weniger Stress und kürzeren Arbeitszeiten. Ich überlege selbst, mir bald etwas anderes zu suchen.“