Bonn am 1. Juni 1967 Studentischer Protest gegen Polizeieinsatz

Bonn · Eine Demonstration mit 1200 Bonner Studenten im Juni 1967 nach dem Schah-Besuch wird erster Höhepunkt der Studenten-Unruhen.

 1200 Studierende protestieren im Juni 1967 in Bonn gegen den harten Polizeieinsatz während des Schah-Besuchs.

1200 Studierende protestieren im Juni 1967 in Bonn gegen den harten Polizeieinsatz während des Schah-Besuchs.

Foto: GA Archiv/Martin Wein,Rheingasse26 53113 B

Bonn ist im Aufruhr: Mit einem langen Protestmarsch von der Uni-Mensa bis zum Beethoven-Denkmal auf dem Münsterplatz demonstrieren rund 1200 Studierende am 1. Juni 1967 gegen den harten Polizeieinsatz gegen Demonstranten beim pompösen Besuch des iranischen Kaiser-Paares wenige Tage zuvor. „Bonn hat Gäste – die Polizei haut feste“ ist auf Transparenten zu lesen oder die Frage „Leben wir in einem Polizeistaat?“.

Vertreter aller politischen Hochschulgruppen, der Bonner Studentengewerkschaft und des Allgemeinen Studenten-Ausschusses (AStA) verurteilen die erfolgten Festnahmen und die Methoden der Schutzpolizei und des sogenannten „politischen“ Kommissariats 14. Der Polizei wirft man vor, sie benutze „Konstruktionen von Vergehen“ als Vorwand zur dauerhaften Unterdrückung der Meinungsfreiheit. Die Ordnungshüter wollten „jede kritische Beschäftigung mit dem Staat“ unterbinden. Auch 16 Professoren der Universität unterstützen den Protest mit einem gemeinsamen Brief.

Polizeipräsident bleibt hart

Man sei „nicht mehr gewillt, derartige Kränkungen und Beleidigungen ruhig hinzunehmen“, erklärt auf der anderen Seite Bonns Polizeipräsident Valentin Portz. Auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz wehrt er sich entschieden gegen alle Vorwürfe im Zusammenhang mit der Anti-Schah-Demonstration. Wegen „Gefahr im Verzug“ seien auch Beschlagnahmungen und Hausdurchsuchungen ohne richterliche Anordnung rechtens gewesen. Schließlich habe man Plakate mit „beleidigendem Inhalt“ sicherstellen müssen. Da der Schah nach zwei Sprengstoffanschlägen als besonders gefährdet gelte, seien alle Kundgebungen entlang der von ihm gefahrenen Straßen untersagt gewesen. Zudem seien die meisten Demonstrationen nicht ordnungsgemäß angemeldet worden.

Drei Jahre zuvor hat Bundespräsident Heinrich Lübke im Hofgarten an der Freitreppe vor dem Akademischen Kunstmuseum eine Bronzetafel des Bildhauers Kurt Schwippert als Ehrenmal für die Opfer der Kriege und der Gewaltherrschaft eingeweiht. Dort legen seither Staatsgäste Kränze nieder, bis das Ehrenmal im Sommer 1980 auf den Nordfriedhof verlegt wird. Als auch der autoritär regierende persische Schah Mohammad Reza Pahlawi einen Kranz ablegt, empfinden das viele links orientierte Bonner und Exil-Iraner als Provokation. Ihre Pfiffe und Pfui-Rufe begleiten die Zeremonie. Tags drauf wollen Studierende ihrerseits Kränze „für die Opfer des Schah-Regimes“ niederlegen. Das sei verboten, betont Polizeipräsident Portz, der die Aktion geschmacklos findet. Er könne „nicht verstehen, dass sich die Studenten so danebenbenehmen können, wenn ein ausländisches Staatsoberhaupt unsere Toten, die Opfer eines Gewaltregimes, ehrt“.

Kontroverse Diskussion

In der Bonner Öffentlichkeit und in den Leserbriefspalten des General-Anzeigers werden die Ereignisse damals überaus kontrovers diskutiert. Von „Willkürmaßnahmen eines Polizeistaats“ sprechen die einen. Die Regierung werde „sich daran gewöhnen müssen, dass in einer Demokratie demonstriert werden darf“, urteilen andere. Der renommierte Bonner Politologe Karl-Dietrich Bracher sieht in der Bewachung des Schah-Kranzes eine politische Groteske. Das Vorgehen der Polizei sei bedauerlich. Ein GA-Leser fragt sich indessen, was die Ereignisse im Iran deutsche Studenten überhaupt angingen. Weitere harte Kontroversen um das Verhältnis von Staat und Gesellschaft deuten sich damit bereits an.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort