Noch viele Prüfungen nötig Testfahrt mit der neuen Straßenbahn der Stadtwerke Bonn

Bonn · Die Stadtwerke Bus und Bahn haben die erste der 28 neuen Straßenbahnen vorgestellt. Auf dem Betriebshof in Dransdorf war eine Testfahrt möglich. So fährt sich die neue Bahn.

 Anja Wenmakers und Katja Dörner begutachten die neue Straßenbahn kurz vor der Testfahrt.

Anja Wenmakers und Katja Dörner begutachten die neue Straßenbahn kurz vor der Testfahrt.

Foto: Benjamin Westhoff

Sie trägt die Nummer 2252 und muss derzeit noch viele Tests durchlaufen: Die erste von 28 neuen Straßenbahnen der Firma Skoda für die Stadtwerke Bus und Bahn (SWB) ist Anfang Februar in Bonn eingetroffen. Doch bis sie zum Einsatz kommen kann, dauert es noch etwas. „Wir gehen davon aus, dass das noch dieses Jahr passiert, aber wann, ist bisher unklar“, so SWB-Sprecherin Stefanie Zießnitz. „Die aufwendigen Tests brauchen Zeit.“

Wie es sich anfühlt, in der neuen Straßenbahn zu fahren, demonstrierten die SWB mit einer Testfahrt auf ihrem Betriebshof in Dransdorf an der Gerhart-Hauptmann-Straße. Noch liegen Gewichte mitten auf den Gängen in der Bahn, um den Betrieb einer voll besetzten Bahn zu simulieren. Stefan Schumacher und Max Velleuer haben das Projekt im Bereich Schienenfahrzeuge begleitet. Velleuer setzt sich in die Fahrerkabine und sagt: „Das ist hier deutlich ergonomischer geworden.“

Mehr Sitzplätze, schmalerer Gang

Doch nicht nur der Fahrer hat es bequem: 60 Sitzplätze mit rotem Stoffüberzug und hölzernen Applikationen sollen den Fahrgästen in den neuen Straßenbahnen Komfort bieten. Die Sitze fühlen sich weich an und bieten genauso viel Beinfreiheit wie die bisherigen Bahnen.

Dadurch, dass die neuen Bahnen jeweils vier Meter länger sind und damit insgesamt 30,6 Meter messen, gibt es mehr Steh- und Sitzplätze als bisher, nämlich 200 und 60. Doch mehr Sitzplätze haben auch einen Nachteil: Der Gang ist deswegen etwas schmaler. Rollstuhlfahrer, Eltern mit Kinderwagen oder Fahrgäste mit Fahrrädern kommen dort künftig nicht mehr durch, erläutert Schumacher. „Der Mittelteil ist barrierefrei. An den Türen sind entsprechende Hinweise, damit jeder sofort sehen kann, wo er einsteigen muss.“

In der Bahn filmt eine 360-Grad-Kamera das Geschehen. Beobachten kann der Fahrer das in seiner Kabine über Bildschirme. So auch kurz vor der Testfahrt. Ein weiterer großer Bildschirm zeigt Velleuer an, dass das Fahrzeug gerade geparkt ist. Daneben befindet sich eine Fahrzeugansicht, die den Status der Türen mitteilt. „Rot heißt, sie sind offen. Grün bedeutet, sie sind geschlossen“, erklärt Marco Hundt von Skoda. „Man sieht auch die Zustände der Türen. Wenn sie etwa blockiert ist oder einen Defekt hat, dann zeigt das Display, um welche Tür es sich handelt.“

Auf den Zentimeter genau bremsen

Neu über den Türen sind die Bewegungsmelder. Wenn ein Fahrgast davorsteht, erkennen das die Sensoren und öffnen die Türen. So ist ein Drücken der Türöffner künftig nicht mehr nötig. Zudem ist die Straßenbahn als erste Bahn in Deutschland mit einer umweltfreundlichen Klimaanlage ausgestattet. Elektrische Bremsen bis zum Stillstand gewährleisten laut Hundt eine geschmeidige Bremsung ohne Ruckeln. „Durch diese Bremsen kann der Bahnfahrer bis auf den Zentimeter genau bremsen“, sagt er. „Bisher musste er sich immer herantasten und die Bahn ist trotzdem meist erst einen Meter weiter zum Stillstand gekommen.“

Bei der Testfahrt bestätigt sich das: Kaum spürbar bringt Velleuer die Bahn zum Stehen. „Alle Bremsarten, also etwa Magnetschienenbremsen oder Bremsbacken, wurden bereits auf Herz und Nieren geprüft“, sagt Projektleiter Bernt Junker, Bereichsleiter für Schienenfahrzeuge SWB Bus und Bahn. Und bisher sei alles in Ordnung.

Falls es mal zu einem kleineren Unfall kommen sollte, ist vorgesorgt: Dank der wechselbaren Außenverkleidung ist es möglich, sie abzunehmen und flexibel auszutauschen, erklärt er.

Bahnen können in der Theorie schneller fahren

Gleichgeblieben ist, dass jeder Fahrgast sich seinen Fahrschein an einem Automaten in der Mitte des Fahrzeuges kaufen kann. Laut Schumacher ist es möglich, mit einer digitalen Uhr, der Kreditkarte und neuerdings Scheinen zu bezahlen. „Das ging in den Fahrzeugen lange nicht“, sagt er. „Also hat jetzt niemand mehr eine Ausrede, wieso er ohne gültige Fahrkarte fährt.“

Neu hingegen ist, dass die Bahnen zehn Stundenkilometer schneller fahren als die alten, also 80 statt 70 Stundenkilometer. Auf der gesamten Strecke liege die Durchschnittsgeschwindigkeit jedoch bei 20 Stundenkilometern, wie Velleuer darlegt. „Wir müssen uns schließlich an Vorgaben halten“, sagt er. Dass die Bahn mit 80 Stundenkilometern durch Bonn rast, ist also unwahrscheinlich.

Mit den neuen Angeboten hofft SWB, möglichst viele Menschen für den ÖPNV zu begeistern. „Die neuen Straßenbahnen sind ein wichtiger Baustein für die Mobilitätswende in Bonn“, so Anja Wenmakers, Geschäftsführerin SWB Bus und Bahn. „Und da unsere neuen Bahnen mit grünem Strom betrieben werden, zahlen sie auf das städtische Ziel ein, bis 2035 klimaneutral zu werden.“

Nach derzeitigem Stand sollen bis kommenden Sommer die restlichen 27 Fahrzeuge aus Tschechien angeliefert sein. Dann setzen die SWB sie nach und nach auf die Schienen.

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