Kündigung wegen zu langer Fehlzeiten SWB-Fahrer hat Angst vor Corona und meldet sich ständig krank

Bonn · Anderthalb Jahre fehlte ein Bahnfahrer der Stadtwerke Bonn krankheitsbedingt am Stück. Der 36-Jährige hatte zudem große Sorgen, sich in der Bahn mit Corona zu infizieren. Jetzt hat das Unternehmen Konsequenzen gezogen.

Blick in das Führerhaus einer Straßenbahn der SWB: Der nun gekündigte Mitarbeiter überzeugte anfangs seinen Arbeitgeber.

Blick in das Führerhaus einer Straßenbahn der SWB: Der nun gekündigte Mitarbeiter überzeugte anfangs seinen Arbeitgeber.

Foto: Nicolas Ottersbach

Nach wie vor suchen die Stadtwerke Bonn (SWB) dringend nach Fahrerinnen und Fahrern und sind froh, wenn sich genügend Bewerberinnen und Bewerber melden. Doch nicht immer erweist sich eine Einstellung als Glücksgriff. Wie bei jenem Fahrer, dem die SWB nach langem Krankheitsausfall gekündigt haben. Der Mann klagte gegen die Kündigung, sein Fall wurde jetzt im Arbeitsgericht Bonn vor der Dritten Kammer verhandelt.

2018 startete der heute 36-Jährige seine Laufbahn als Straßenbahnfahrer bei den Stadtwerken, berichtete die Vertreterin der Personalabteilung. Zunächst entwickelte er sich gut, der neue Mitarbeiter zeigte Lernbereitschaft und Engagement, sodass er nach einem halben Jahr schon vom Fahrdienst in die Disposition wechseln durfte. Doch dort genügte er der SWB-Vertreterin zufolge dann doch nicht den Ansprüchen an seinen Job, der Mann wurde zurückversetzt in die Fahrerkabine der Bahn. Von nun an fiel er der Personalabteilung vor allem deswegen auf, weil er eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach der anderen einreichte – stets aufgrund von diversen Erkrankungen. „Mir ist dann irgendwann einmal aufgefallen, dass er oftmals krankgeschrieben wurde, bevor er in Urlaub ging“, so die SWB-Vertreterin. Einmal habe sie die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus einer Praxis in Stettin erhalten, kurz darauf hatte der Fahrer Urlaub.

Immer wieder Atteste eingereicht

  In einem anderen Fall legte er gar ein Attest vor: Darin hielt sein Arzt fest, sein Patient leide unter Vorerkrankungen. In der Bahn sei er stets in Gefahr, sich mit Corona anzustecken. Vor allem, wenn er uneinsichtige Fahrgäste, die keine Maske tragen wollten, dazu anhalten müsse, den Mund- und Nasenschutz überzuziehen. Die Gefahr an Covid-19 zu erkranken bestehe für seinen Patienten vor allem am Wochenende, wenn viele alkoholisierte Personen unter den Fahrgästen in der Bahn seien und diese dann aggressiv reagierten, wenn er sie auffordern müsse, eine Maske zu tragen.  Deshalb müsse der Mann vom Wochenenddienst befreit werden, forderte der Arzt.

„Unser Bahnfahrer haben gar keine Verpflichtung, die Fahrgäste auf die Maskenpflicht hinzuweisen oder gar einzuschreiten, wenn jemand die Pflicht ignoriert“, erklärte die SWB-Mitarbeiterin auf Nachfrage des Richters. Und anders als in den Buslinien seien die Fahrer in ihren abgeschlossenen Kabinen auch vor dem Zutritt von Unberechtigten gut geschützt.  „Sie sind regelrecht vor den Fahrgästen abgeschottet.“ Den Antrag des Klägers auf eine andere Beschäftigung bei den SWB habe man abgelehnt. Seit August 2020 fehle der 36-Jährige nun dauerhaft wegen Krankheit.

Nach einigem Hin und Her schlug der Richter einen Vergleich vor: Die ordentliche Kündigung und eine Abfindung. Der Rechtsbeistand des Klägers, der persönlich nicht zur Verhandlung erschienen war, zeigte sich zunächst skeptisch. „Mein Mandant würde natürlich gerne weiterbeschäftigt werden“, sagte er.  Doch dann sah der Anwalt ein: Eine gedeihliche Zusammenarbeit in Zukunft ist bei der Vorgeschichte wohl eher ausgeschlossen. Auf Widerruf beschlossen beide Parteien: Der Kläger akzeptiert die Kündigung und erhält rund 4000 Euro Abfindung.   

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