Mit legalen Steuertricks ins Wasserland SWB präsentieren Finanzierung für neues Hallenbad in Bonn

Bonn · Stadtwerke-Geschäftsführer Peter Weckenbrock stellte am Donnerstagabend im Stadtrat die Wirtschaftlichkeitsberechnung für ein neues Hallenbad an der Christian-Miesen-Straße am Heizkraftwerk Süd vor.

Auf diesen Moment haben Schwimmfreunde lange gewartet: Peter Weckenbrock, Vorsitzender der Stadtwerke-Geschäftsführung, stellte am Donnerstagabend im Stadtrat die Wirtschaftlichkeitsberechnung für ein neues Hallenbad an der Christian-Miesen-Straße am Heizkraftwerk Süd vor. Die SWB müssen dafür zwar rund 60 Millionen Euro investieren. Trotzdem, so der Manager, sei der Neubau wirtschaftlicher als die Sanierung von Kurfürsten- und Frankenbad.

Die Finanzierung: Die Stadtwerke würden auf Kredit bauen. Zins und Tilgung, Betriebskosten und Abschreibung führen nach SWB-Berechnungen zu einem Defizit von drei Millionen Euro im Jahr. Die Stadt soll aber keinen Zuschuss zahlen, sondern auf einen Teil der Ausschüttungen ihres Tochterunternehmens verzichten. Laut Ratsbeschluss hat die SWB künftig bis zu fünf Millionen Euro im Jahr abzuführen. Diese Zielvorgabe reduziert sich dann um etwa drei Millionen Euro. Im Gegenzug spart die Stadt bei den eigenen Bäderkosten, argumentierte Oberbürgermeister Ashok Sridharan im Rat: „Das wird die geringere Ausschüttung überkompensieren.“

Im SWB-Modell sollen zwei positive Steuereffekte greifen: Auf die Ausschüttung muss die Stadt Bonn Kapitalertragssteuer entrichten. Ist die Summe kleiner, fällt auch weniger Steuer an. Ersparnis bei einer Ausschüttung von zwei statt fünf Millionen: rund 570 000 Euro im Jahr. Der SWB-Konzern will das Baddefizit außerdem steuersenkend mit Gewinnen aus dem Energiesektor verrechnen. Das sind weitere 1,5 Millionen Euro, die in der Stadt bleiben und nicht an den Fiskus fließen. Ob das gelingt, war intern vor einigen Monaten vorsichtig angezweifelt worden. Hintergrund: Die nötige Neubeschaffung von Straßenbahnen schmälert den Gewinn in den kommenden Jahren – und damit auch den Spielraum für steuerliche Verrechnung. SWB-Chef Weckenbrock demonstrierte aber Zuversicht, dass das Unternehmen die Vorgaben erreichen werde. „2016 hatten wir ein Ergebnis von 1,8 Millionen Euro, und auch 2017 werden wir unsere Ziele erreichen.“ Wer das Baddefizit deckt, wenn die Steuereffekte nicht greifen, ließ Weckenbrock auf GA-Anfrage offen und verwies auf noch laufende Gespräche mit der Stadtverwaltung zu „Aufgaben und Ausgleichszahlungen“.

Eigentliche Debatte folgt im Dezember

Die Sanierung als Alternative: Die Stadtwerke haben auch den Zuschussbedarf für Frankenbad und Kurfürstenbad errechnet, falls der Rat sich für eine Sanierung entscheiden sollte. Dieser liege mit Abschreibung bei 3,74 Millionen Euro im Jahr. Um beide Szenarien vergleichbar zu machen, unterstellte die SWB einen Ganzjahresbetrieb der alten Bäder. Tatsächlich sind sie nur acht Monate offen. Der Konzern kalkulierte mit 25 Millionen Euro Sanierungsaufwand für beide Bäder – allerdings auf Grundlage eines Gutachtens von 2009. Allein wegen der Baupreisinflation dürften die Kosten heute deutlich höher liegen. Die Stadt erwartet noch diesen Monat die Ergebnisse neuer Gutachten zu beiden Bädern. Dabei wird aber nicht ermittelt, wie stark der Zuschussbedarf nach einer Sanierung sinken würde, weil zum Beispiel weniger Energie verbraucht wird. Der reale Zuschuss beider Bäder lag 2015 bei zusammen 1,7 Millionen Euro. Künftig kämen noch Zins und Tilgung für Sanierungskredite hinzu.

Öffnungszeiten und Preise im Wasserland: Der Familienbereich des Bads soll wochentags von 10 bis 21 Uhr öffnen, an Feiertagen und Wochenenden von 8 bis 21 Uhr. Im Sportbereich soll wochentags Frühschwimmen ab 6.30 Uhr möglich sein. Bei den Preisen orientieren sich die Stadtwerke unter anderem am „Aggua“ in Troisdorf, bleiben aber leicht drunter. Die Familienkarte (zwei Kinder) soll zum Beispiel 22 Euro am Tag kosten, am Wochenende zwei Euro mehr. Wer die Sauna nutzen will, zahlt weitere zehn Euro. Ermäßigt kostet das Wasserland 2,50 für 75 Minuten oder fünf Euro für den ganzen Tag. Der Neubau bietet mit 2065 Quadratmetern fast doppelt so viel Wasserfläche wie die zwei alten Bäder.

Der Stadtrat hatte die SWB vor einem Jahr beauftragt, ein Konzept zu entwickeln. „Das Tempo und die Qualität, mit denen diese Aufgabe umgesetzt wurde, ist beispielhaft für solche Projekte“, lobte Klaus-Peter Gilles, SWB-Aufsichtsratsvorsitzender und CDU-Fraktionschef. Er sei überzeugt, dass der Neubau die richtige Lösung sei: „Die Stadtwerke werden mit diesem Modell auch nicht überstrapaziert.“ Oberbürgermeister Ashok Sridharan erklärte: „Es ist den Stadtwerken gelungen, ein Konzept zu entwickeln, das endlich für alle ein modernes Freizeit- und Sportangebot bietet.“

Das Projekt sei auf einem guten Weg, betonte FDP-Fraktionschef Werner Hümmrich im Rat. Auch Koalitionspartner Rolf Beu (Grüne) deutete Zustimmung an: Das Wasserland sei zukunftsweisend und finanziell vertretbar. Die Opposition hakte mit skeptischen Fragen nach. Gabi Mayer (SPD) kritisierte die „verhältnismäßig hohen“ Eintrittspreise. Michael Faber (Linke) wies darauf hin, dass der Neubau doppelt so teuer werde wie die Sanierungen und bemängelte, dass noch kein Rabatt für Bonn-Ausweis-Inhaber vorgesehen sei. Alles nur Vorgeplänkel: Die eigentliche Debatte folgt im Dezember, wenn der Rat endgültig entscheiden soll.

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