Tag der Wohnungslosen Exitstrategie für Obdachlose in Bonn dringend gesucht

Bonn · Am Tag der Wohnungslosen geht es um stationäre Hilfe und ambulante Betreuung. Rechnerisch ist in Bonn jeder 167. Mensch ohne Obdach.

 Die Träger der Bonner Wohnungslosenhilfe wollen auf die Situation in der stationären Betreuung aufmerksam machen.

Die Träger der Bonner Wohnungslosenhilfe wollen auf die Situation in der stationären Betreuung aufmerksam machen.

Foto: Stefan Knopp

Hannes hat den Absprung geschafft. Gut fünf Jahre lang hat er im Prälat-Schleich-Haus des Bonner Caritasverbandes gelebt, davor war er obdachlos. Seit Anfang Juli wohnt er in einer eigenen Wohnung, er hat auch einen Job. „Ich habe mein eigenes Leben zurück“, sagt er.

Das verdankt er der Bonner Wohnungslosenhilfe. Die besteht aus drei Trägern: der der Caritas, der Verein für Gefährdetenhilfe (VfG) und der Johannesbund mit dem Haus Maria Königin, und das die in ihren stationären Einrichtungen mehr als nur eine Unterkunft bieten, wollen sie heute am Tag der Wohnungslosen in den Vordergrund stellen.

Das Ziel ist eine eigene Wohnung

Es geht darum, die Bewohner ihrer Einrichtungen in einem eigenen Mietverhältnis unterzubringen. Was nicht leicht ist, wie Fernanda Furtado berichtet. Sie arbeitet im VfG-Haus am Dickobskreuz, in dem 29 Menschen in WGs untergebracht sind, darunter fünf Frauen. „Unsere Klienten haben so viele Schwierigkeiten, mit ihrer Vita auf dem Wohnungsmarkt mithalten zu können.“ Dringend werde mehr sozialer Wohnraum benötigt.

2020 wurden in ihrer Einrichtung 64 Personen betreut, 18 davon konnten in ein eigenständiges Wohnverhältnis vermittelt werden, zählt Laura Dörken, Bereichsleiterin Wohnen des VfG auf. Diese Vermittelten werden aber nicht alleine gelassen, die ambulante Betreuung hilft bei der Eingewöhnung, beim Umzug, bei Amtsgängen und Anträgen sowie bei der Freizeitgestaltung. 55 Personen wurden ihr zufolge im vergangenen Jahr ambulant begleitet. „Wir mussten niemanden mehr in die Obdachlosigkeit entlassen.“

Betreuungsangebot für Frauen

Seit 2013 bietet auch das Haus Maria Königin, in dem Platz für 51 Frauen und einige Kinder ist, ambulante Betreuung an, erklärt Leiterin Elisabeth Bergmann. Das habe die Zahl der Rückkehrer ins Haus stark reduziert. Die beiden Caritaseinrichtungen – das Prälat-Schleich-Haus und ein Jugendwohnhaus – verließen 2020 laut Gerhard Roden 94 Bewohner. „Davon sind 70 Prozent in stabile Lebensverhältnisse gewechselt“, so der Leiter der Einrichtung am Alten Friedhof.

Die Arbeit rechnet sich also. Roden sieht allerdings dringenden Handlungsbedarf. „Jeder 167. Bürger ist Wohnungslos in Bonn.“ Im NRW-Vergleich sei die Situation nur in Köln und Düsseldorf schlimmer. „Wenn man diese Zahl sieht, muss es eine Exit-Strategie geben“, so Roden. Das Problem werde verschärft, indem man den Wohnungslosen Platz wegnehme, wie am Zentralen Omnibusbahnhof und an der Thomas-Mann-Straße.

„Dort haben die Leute nie gestört“, sagt Nelly Grunwald vom VfG. „Wenn man das zumacht, darf man sich nicht wundern, dass Leute andere Plätze suchen.“ Etwa, wie berichtet, in den Vorgärten von Südstadtbewohnern. Roden bemängelt, dass diese Sperrungen nicht früh genug kommuniziert wurden – dann hätte man die Situation steuern können. Grunwald stimmt zu: „Genau so darf man es nicht machen.“

Coronabedingt gibt es kaum Aktionen zum Tag der Wohnungslosen: Von 11 bis 13 Uhr kann man sich das frisch renovierte VfG-Haus am Dickobskreuz 1-9 anschauen. Das Haus Maria Königin in der Beethovenstraße 70 feiert am Dienstag, 5. Oktober, ab 10 Uhr sein 70-jähriges Bestehen. Und der Caritasverband weiht am 26. Oktober sein neues Wohnprojekt in Geislar ein.

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