Ein Jahr WCCB Tagungsmanager zufrieden, Wirtschaft skeptisch

Bonn · Am 7. Juni jährt sich der Tag der Eröffnung des neuen Kongresssaals des World Conference Center Bonn (WCCB). Zehn Jahre nach dem ersten Spatenstich für den skandalgeschüttelten Prestigebau der Stadt Bonn zieht Michael Kleine-Hartlage eine erste Bilanz.

Bonn-CC-Geschäftsführer Michael Kleine-Hartlage.

Bonn-CC-Geschäftsführer Michael Kleine-Hartlage.

Foto: MLH

Der Geschäftsführer der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Vebowag, der seit 2010 auch Geschäftsführer der städtischen WCCB-Betreibergesellschaft Bonn CC ist, zeigt sich zufrieden. „Das Geschäft läuft immer besser.“ Aber es gibt auch Kritik – vor allem von Vertretern der Wirtschaft. Sie vermissen eine professionelle Vermarktung des WCCB und beklagen rückläufige Übernachtungszahlen in Bonn (siehe Stimmen).

Das WCCB als Konferenzstandort werde eine Erfolgsgeschichte für Bonn sein, hatte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bei der Eröffnungsfeier prophezeit. Für Kleine-Hartlage ist dieses Ziel kein Luftschloss: „Wir haben im Vergleichszeitraum zu letztem Jahr bereits 50 Prozent mehr an Veranstaltungen“, sagt er. Dieses Jahr verzeichne die Bonn CC rund 330 Belegungstage im ehemaligen Plenarsaal und im neuen Kongressgebäude – Auf- und Abbautage mitgezählt. Für das Kalenderjahr 2016 werden etwa 170.000 Besucher erwartet.

Neben der UN sind es vor allem mittelständische Firmen, die im WCCB Tagungen und Kongresse abhalten. Darunter Autofirmen, IT-Unternehmen und mehr und mehr komme auch die Gesundheitsbranche auf den Geschmack, sagt Kleine-Hartlage. Schließlich zählt das WCCB zu einem der modernsten Kongressgebäude der Welt, das obendrein aufgrund bester Rheinlage einen unvergleichlichen Standortvorteil hat. „Von dieser Lage sind unsere Kunden immer wieder aufs Neue begeistert“, berichtet Kleine-Hartlage.

Natürlich gebe es noch viel Luft nach oben, räumt der promovierte Diplom-Kaufmann ein. So sei die verspätete Fertigstellung des WCCB nicht folgenlos geblieben: „Es sind uns einige große Veranstaltungen verlorengegangen.“ Potenzielle Großkunden hätten sich sicherheitshalber für andere Tagungsstätten entschieden. „Sie brauchen einen langen Vorlauf“, erklärt er, „und gehen dann mehrjährige Bindungen ein.“ Dazu zählten verschiedene Dax-Unternehmen. „Wir stehen mit ihnen in Verhandlung“, sagt Kleine-Hartlage. Er hofft, insbesondere die Bonner Dax-Unternehmen schon bald im WCCB begrüßen zu können und dass sie Stammkunden werden.

„Wir halten das World Conference Center Bonn grundsätzlich für einen sehr geeigneten Veranstaltungsort sowohl für unsere jährliche Hauptversammlung als auch andere Events, welche die Kapazität unseres eigenen Konferenzzentrums übersteigen“, sagt Postsprecherin Christina Neuffer auf GA-Nachfrage. Doch weil die Organisation der Hauptversammlung einen mehrjährigen Planungshorizont erfordere, habe sich diesbezüglich bisher keine Kooperation ergeben. „Wir sind jedoch in konstruktiven Gesprächen mit dem WCCB mit dem Ziel, unsere Hauptversammlung in dieser Location durchzuführen.“

Solche Aussagen freuen den WCCB-Manager. Vor allem vor dem Hintergrund der Kritik an der Bonn CC. „Das World Conference Center steht auf professionellen Füßen. Die Zahlen sprechen für sich“, hält er dagegen. Es gebe allerdings Rahmenbedingungen, die von außen nicht erkennbar seien, aber das Veranstaltungsgeschäft beeinflussen würden. Beispiel: Die UN hat einen verbrieften Anspruch auf eine Nutzung von 20 Tagen im Jahr zu extrem günstigen Konditionen.

Nicht glücklich ist Kleine-Hartlage mit der Entscheidung, dass der neue Kongresssaal ab Herbst Interimsspielstätte für das Beethovenfest 2017 und für das Beethoven Orchester bis zum geplanten Abschluss der Sanierung der Beethovenhalle Mitte 2018 sein wird. „Wir werden aber auch diese Klippe überwinden.“ Nach aktueller Buchungslage rechnet er in 2017 mit etwa 450 Belegungstagen in den WCCB-Sälen.

Inklusive der Beethovenhalle, die noch zum Bestand des WCCB zählt, aber Ende Oktober wegen der bevorstehenden Sanierung an das Städtische Gebäudemanagement abgegeben werden soll, verbuchte die Bonn CC 2015 auf der Betriebsführungsebene laut Kleine-Hartlage einen Überschuss von 386.000 Euro. „Und das, obwohl das neue Hauptgebäude wegen einer Vielzahl von erforderlichen Restarbeiten nur für wenige ausgewählte Veranstaltungen genutzt werden konnte.“

Auf städtischer Ebene entstanden dagegen hohe Kosten für beide Veranstaltungsstätten – bedingt unter anderem durch Zinsen, Abschreibung und Instandsetzung von 2,5 Millionen Euro. Kleine-Hartlage geht davon aus, dass das WCCB auch bei optimalen Geschäftsbedingungen stets am städtischen Tropf hängen bleiben wird. Denn die einstige Idee der Quersubventionierung durch den benachbarten Hotelbau sei durch den Verkauf des Hotels vor zwei Jahren und durch die Kostensteigerungen im Zusammenhang mit den Fertigstellungsinvestitionen inzwischen obsolet.

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