Aktion in der Bonner Innenstadt Tanzen gegen Gewalt

BONN · Der Münsterplatz wird auch dieses Jahr zu einer großen Tanzfläche gegen Rassismus und Gewalt umfunktioniert, und zwar am Sonntag, 14. Februar, ab 15 Uhr.

 Tanzprobe des Projekts „One Billion Rising Revolution“.

Tanzprobe des Projekts „One Billion Rising Revolution“.

Foto: MLH

„Zum vierten Mal erheben wir uns und tanzen unser Nein zu Unterdrückung, Vergewaltigung, Inzest, Übergriffen und Benachteiligungen, die hinter der Tür der Nachbarin, der Kollegin am Arbeitsplatz, der Mitschülerin und am Bahnhof deiner Stadt passieren“, ruft Marita Hoscheidt, die Bonner Organisatorin des Projekts „One Billion Rising Revolution“, auf.

Jeder dritten Frau, das seien eine Milliarde Frauen (one billion) werde weltweit Gewalt angetan. Man tanze bei diesem „Aufstehen“ sowohl zum deutschen Song „Spreng die Ketten“ als auch zur Originalversion „Break the Chain“. An drei Probenterminen hat die Bonner Kerntruppe schon im Migrapolis, im Godesberger Haus der Familie und im Artemisa geübt, aber am Sonntag könne jeder ohne Probleme zur weltweiten Aktion hinzustoßen, sagt die Organisatorin.

Die Choreografie sei eigentlich nebensächlich. Hauptsache, man sage Nein zu Gewalt gegen Frauen und habe Freude, dabei zu sein. „Frauen jeden Alters und jeder Herkunft können mitmachen und gerne Männer, die uns Frauen unterstützen wollen und die sich trauen, dies auch öffentlich zu zeigen.“ Persönlich engagiere sie sich, weil sie Frauen dabei helfen möchte, „in ihre ureigene Kraft zu kommen“, erläutert Hoscheidt auf GA-Anfrage. Gerade Frauen mit Erfahrung sexualisierter Gewalt seien oft verschämt, fühlten sich schuldig und beschmutzt. „Das Trauma behindert sie in allen Lebenslagen.“ „One Billion Rising“ sei eine junge, spritzige Aktion, die ermutigen solle, aus der Isolation, der Angst auszubrechen. „Es geht darum, das Gefühl des Opfers hinter sich zu lassen.“

Hoscheidt: Aktion noch lange nicht zu Ende

Alle, die sich trauten, öffentlich zu tanzen und sich zu zeigen, stünden auch für die Frauen auf, die noch nicht den Mut dazu hätten. „Auch für die Frauen in Ländern, in denen es noch lebensgefährlich ist, sich öffentlich zu zeigen und zu wehren, tanzen wir hier, denn hier können wir das.“ Es sei immer noch nötig, aufzuklären, dass sexualisierte Gewalt nichts mit Sex zu tun habe, sondern damit, Macht über jemanden auszuüben, meint Hoscheidt. „Sexualisierte Gewalt wird in der Gesetzgebung immer noch nicht ernst genommen. Immer noch fällt sie unter Kavaliersdelikte“, kritisiert die Bonner Initiatorin.

Die Aktion sei also so lange nicht zu Ende, bis eine Änderung der Gesetzgebung und das Ende der Gewalt erreicht seien, sagt Hoscheidt. Sie habe im Rahmen der Vorbereitung beobachtet, dass es gerade betroffenen Frauen besonders schwerfalle, sich öffentlich zu zeigen. „Es gibt Frauen, die zu den Proben kommen, aber nicht auf den Münsterplatz.“ Sie habe Frauen erlebt, die wieder gegangen seien, weil die Angst zu groß geworden sei. Die Folgen sexualisierter Gewalt seien immer noch sehr groß und oft nur sehr schwer zu überwinden. Deshalb müssten viele andere Frauen und Männer stellvertretend für sie auf dem Münsterplatz antreten.

Dieses Jahr hoffe das Vorbereitungsteam übrigens, dass deutlich werde, dass sexualisierte Gewalt nichts mit den Flüchtlingsströmen zu tun habe, betont Hoscheidt auch mit Blick auf die aktuelle Diskussion. „Jeder dritte weiße deutsche westliche Mann ist Täter. Hier, bei uns, vor unserer Haustür ist sexualisierte Gewalt Alltag. Nicht erst seit den Flüchtlingsströmen.“

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