Warnstreik im regionalen Nahverkehr Taxis und E-Scooter begehrte Alternativen

Bonn · Die meisten Fahrgäste schienen auf den Streiktag gut vorbereitet. Wie ein Verdi-Streikposten in Bonn sagte, sind für die Karnevalstage keine Arbeitsniederlegungen geplant.

 Ab den Morgenstunden machten die Streikposten den Betriebshof für SWB-Busse in Friesdorf dicht.

Ab den Morgenstunden machten die Streikposten den Betriebshof für SWB-Busse in Friesdorf dicht.

Foto: Benjamin Westhoff

Der Streik im öffentlichen Personennahverkehr machte sich am Dienstag ab den frühen Morgenstunden in Bonn und der Region bemerkbar. Auf den Autobahnen sowie den Straßen innerhalb der Orte war mehr Geduld gefragt als an anderen Werktagen. Am Bonner Busbahnhof waren deutlich weniger Fahrzeuge im Einsatz als sonst. Dass nichts mehr ging, wäre jedoch übertrieben. Busse von Subunternehmen der SWB waren vom Streik nicht betroffen.

Ein 32-jähriger Forscher, der an der Uniklinik auf dem Venusberg arbeitet, kam von Bad Godesberg zum Hauptbahnhof ganz gut durch, wie er berichtete. Am Hauptbahnhof allerdings wartete er um 8.30 Uhr schon seit einer halben Stunde auf einen Anschlussbus. „Mal schauen, wann der nächste kommt.“ Da er des Deutschen noch nicht mächtig ist, erzählte er auf Englisch, dass er von dem Streik nichts mitbekommen habe. Wird er Ärger vom Arbeitgeber bekommen? „Nein, nicht heute.“

Ein paar Meter weiter standen Profiteure des Tages: die Taxifahrer. Oder vielmehr fuhren sie mehr, als dass sie standen. Türe auf, Fahrgast rein und ab. Der Zwischenstopp reichte gerade für ein kurzes Statement eines Fahrers: „Läuft super. Sollte immer so sein.“ In der mäßig langen Warteschlange am Taxistand warteten Sabine Köhler und Celim Alabas, die beschlossen hatten, sich eine Fahrt zu teilen. Köhler war aus Frankfurt mit dem Zug angereist. Für ihr Bewerbungsgespräch im Innenministerium lag sie dennoch gut in der Zeit. „Ich habe eine Stunde mehr Zeit eingeplant.“

Alabas hatte sich den Tag freigenommen und wollte nach bestandener Ausbildung sein Zeugnis beim Heinrich-Hertz-Berufskolleg abholen. Die Streikankündigung hatte der Bad Breisiger irgendwie nicht wahrgenommen. „Ist aber nicht schlimm. Habe ja keinen Zeitdruck“, sagte er.

Am Bus-Betriebshof der Stadtwerke Bonn (SWB) in Friesdorf waren am Morgen Dutzende Bus- und Bahnfahrer zusammengekommen. „Wir wollen die Lohnforderungen, die Verdi gestellt hat, definitiv durchbringen“, sagte Verdi-Streikposten Frank Kübler, der für die SWB als Busfahrer arbeitet.

Fahrgäste setzten auf Alternativen

Am Nachmittag waren die Taxis immer noch stark nachgefragt. Die Busse der Subunternehmen waren erwartbar voll. Die auffallend hohe Zahl geparkter E-Scooter am Hauptbahnhof zeugte davon, dass sich die Fahrgäste ihre Alternativen für den Streiktag gesucht hatten.

Im Bonner Stadthaus lief der Betrieb weitestgehend normal. Es waren nicht so viele Beschäftigte in den Dienstleistungszentren dem Streikaufruf gefolgt wie angenommen, sagte Christian Dröttboom von der Komba-Gewerkschaft. Zu längeren Wartezeiten konnte es dennoch kommen, hieß es von der Stadtverwaltung.

Der Streikaufruf der Komba betraf Teile des Amtes für Bürgerdienste. Die Aufbauarbeiten für Weiberfastnacht in Beuel ruhten weitgehend, aber nicht vollständig. Mitarbeiter, die nicht diesem Amt angehören, brachten vor dem Rathausplatz die obligatorische Wäscheleine in Stellung und behängten sie mit langen Unterhosen, Unterhemden und einer Komba-Flagge. So viel Solidarität für die gemeinsame Sache musste schon sein.

Die Mitarbeiter der schnellen Eingreiftruppe hatten hingegen die Arbeit für den Tag eingestellt. Die Auszeichnung von Fluchtwegen, das Errichten von Sicherheitszäunen für Zug und Rathauserstürmung und das Schmücken für den Höhepunkt des Bönnschen Karnevals sollte erst am Mittwoch wieder aufgenommen werden. „Wir wollen damit ein Zeichen setzen für die Menschen, die in den unteren Gehaltsgruppen dafür arbeiten, dass die Bürger bei solchen Veranstaltungen Spaß haben“, so Dröttboom. Rund 1200 Euro netto verdienten diese Beschäftigten etwa.

Auch Mitarbeiter des Ordnungsdienstes sind in den Streik getreten, die sonst im ganzen Stadtgebiet Knöllchen verteilen. Was den Autofahrer freuen mochte, bedeutete Einnahmeverluste für die Stadt. Von einem fünfstelligen Betrag sprach die Komba. Amtsleiter Ralf Bockshecker sagte gegenüber dem GA, dass durchaus Knöllchen verteilt wurden, allerdings weniger als sonst üblich. Jenny Hennes und Stefan Sieberger streikten mit. Als Team verteilen sie vorwiegend in Bonn-Mitte Knöllchen. Etwa hundert kommen an einem Arbeitstag zusammen, womit sie zu den wenigen städtischen Mitarbeitern gehören dürften, die der Stadtkasse mehr einbringen als sie kosten. „Wenn du am 20. nicht so recht weißt, wie du über den restlichen Monat kommen sollst, ist das nicht so toll“, sagte Sieberger.

In der aktuellen Tarifrunde fordern Verdi und Komba 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Busfahrer Kübler nennt die Forderungen „absolut gerechtfertigt“. Die kommunalen Arbeitgeber lehnen das Angebot der Gewerkschaften als wirtschaftlich nicht verkraftbar ab. Die zweite Runde der Tarifverhandlungen ist für den 22. und 23. Februar in Potsdam geplant. Bereits in der vergangenen Woche hatte es in einigen NRW-Städten Warnstreiks gegeben.

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