Nach Corona-Ausbruch in Schlachtbetrieb Hygiene-Experten aus Bonn testen neue Filter bei Tönnies

Rheda-Wiedenbrück · Bevor Tönnies in Rheda-Wiedenbrück wieder schlachten darf, schauen sich Bonner Experten einen neuen Luftfilter genauer an. Währenddessen macht der Gesundheitsminister seinem Unmut weiter Luft - verweist aber auf den rechtlichen Rahmen.

 Während einige Mitarbeiter der Verwaltung wieder zur Arbeit gehen dürfen, ist der Zugang für die Arbeiter in der Zerlegung noch immer gesperrt.

Während einige Mitarbeiter der Verwaltung wieder zur Arbeit gehen dürfen, ist der Zugang für die Arbeiter in der Zerlegung noch immer gesperrt.

Foto: dpa/David Inderlied

Tönnies will mit einer technischen Nachrüstung grünes Licht für die Wiederaufnahme des Schlachtbetriebs in seinem vor knapp vier Wochen stillgelegten Stammwerk erreichen. Hygiene-Experten der Uni Bonn haben dort eine neue Filtertechnik der Klimaanlage getestet. Die Wissenschaftler machten dabei am Montag den von einer Umluftanlage gekühlten Luftstrom in der Zerlegung von Deutschlands größtem Schlachtbetrieb mit Rauch sichtbar.

Behördenmitarbeiter begleiteten den Test der Anlage. Am Wochenende war die neue Technik, mit der eine Ausbreitung des Coronavirus verhindert werden soll, eingebaut worden. Ein Ergebnis lag nach Angaben des Kreises Gütersloh am Montag noch nicht vor.

Bei Tönnies hatten sich rund 1400 Arbeiter nachweislich mit dem Virus infiziert. Bei der Suche nach der Ursache hatte eine erste Analyse einen Hinweis auf die Umluftanlage gegeben. Mit deren Hilfe wird die wärmere Atemluft der körperlich hart arbeitenden Beschäftigten abgesaugt, auf 6 bis 10 Grad gekühlt und bislang ohne Filter wieder zurück in die Produktion geführt. Der Bonner Wissenschaftler Martin Exner hatte die bisherige Luftumwälzung als einen möglichen Faktor für die Virus-Ausbreitung benannt. Über die Wiederaufnahme der Produktion am Hauptstandort des Fleischproduzenten Tönnies ist weiterhin noch keine Entscheidung gefallen. Die Schließungsverfügung der Stadt Rheda-Wiedenbrück gilt vorerst bis zum 17. Juli.

Über Parteigrenzen Hinweg hatte seit Freitag für Empörung gesorgt, dass Tönnies und weitere Subunternehmer beim kommunalen Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) Anträge auf Erstattung von Lohnkosten durch das Land Nordrhein-Westfalen gestellt haben. Hintergrund sind Quarantäne-Maßnahmen nach dem Fund von rund 1400 positiven Corona-Infektionen bei Tönnies-Arbeitern am Stammsitz in Rheda-Wiedenbrück. Das Infektionsschutzgesetz sieht solche Erstattungen bei Quarantäne-Anordnungen durch die Behörden vor.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) stellte am Montag nochmals klar, dass sein Ministerium die rechtlichen Rahmenbedingungen sehr genau geprüft habe. „Hier gilt: Dabei handelt es sich um einen Rechtsanspruch, der nicht im Ermessen der Behörde liegt“, sagte Laumann. Nach Angaben von Laumann prüfe der LWL aber derzeit als zuständiger Leistungsträger, ob der Erstattungsanspruch wirklich vorliege.

„Auch, wenn es das Recht der Firma Tönnies ist, den Antrag zu stellen. Meine Meinung ist da ganz klar: Ich bin nicht der Auffassung, dass nur ein einziger Cent Steuergeld an die Firma Tönnies fließen sollte. Klar ist: Die Infektionen bei der Firma Tönnies haben dem Land Nordrhein-Westfalen bereits genug Geld gekostet. Dennoch müssen wir uns natürlich im rechtlichen Rahmen bewegen“, sagte Laumann.

Mit dem „Schweine-Stau“ in den Mastbetrieben nach coronabedingten Schließungen von Schlachthöfen beschäftigt sich am Freitag der nordrhein-westfälische Landtag. In einer Sondersitzung des Landwirtschaftsausschusses will die SPD-Opposition Antworten von der Landesregierung, was nun mit den Tieren geschehen solle. Die Landtagsverwaltung bestätigte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf am Montag den außerordentlichen Termin.

(dpa)
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