Prozess um Handyraub in Bonn Überraschendes Geständnis im Gerichtssaal

Bonn · Weil es ihm peinlich war, dass er sich sein Smartphone abluchsen ließ, hat ein Jugendlicher die Geschichte eines bewaffneten Raubüberfalls erfunden. Dies gestand er gestern als Zeuge im Prozess vor dem Landgericht gegen einen 21-Jährigen und dessen 16 Jahre alte Ex-Freundin.

Mit dieser Aussage hatte kein Prozessbeteiligter gerechnet: Als der 16-Jährige am zweiten Verhandlungstag in den Zeugenstand trat, schilderte er die Abläufe in der Nacht auf den 8. März dieses Jahres genauso, wie es auch die beiden Angeklagten erzählt hatten. Demnach bat die 16-Jährige den Zeugen auf einer Party unter der Nordbrücke, ob er ihr sein Handy geben könne.

Sie wolle nur schnell ein Taxi rufen. Das Taxi wurde auch gerufen - doch dann verließen das Mädchen und ihr Freund die Feier einfach mitsamt dem Smartphone im Wert von 800 Euro.

Der damals 15-Jährige lief noch hinterher, doch er bekam nur zu hören, dass er "abgezogen" wurde. Dies fand das Opfer nach eigenen Angaben "widerlich". Zudem wollte der 15-Jährige seiner Mutter gegenüber nicht zugeben, dass er sein Mobiltelefon leichtfertig aus der Hand gegeben hatte. Daher reifte in ihm der Plan, die Geschichte ordentlich zu verschärfen.

Er zog einen Freund hinzu, und die beiden erzählten bei der Polizei, dass sie gemeinsam von dem Pärchen mit einem Springmesser mit zehn Zentimeter langer Klinge bedroht worden seien. Daraufhin wanderte der vorbestrafte 21-Jährige, dem bei einer Verurteilung wegen schwerer räuberischer Erpressung eine Mindeststrafe von fünf Jahren gedroht hätte, in Untersuchungshaft.

Dass er das Messer hinzugedichtet hatte, tut dem inzwischen 16-Jährigen heute "schrecklich Leid". In der Verhandlung räumte er sofort ein: "Ich habe bei der Polizei gelogen." Schon kurz nach der Aussage bei der Polizei hatte den Jugendlichen offenbar sein schlechtes Gewissen gepackt. Er und sein Freund fragten nach eigenen Angaben bei einem Anwalt nach, was sie machen sollen.

Anstatt die Jugendlichen sofort zur Polizei zu schicken, soll der Bekannte ihnen geraten haben, vor Gericht alles klarzustellen. Auf die beiden kommen nun Ermittlungen wegen falscher Verdächtigung zu. Geprüft werden muss zudem, ob sie sich der mittelbaren Freiheitsberaubung schuldig gemacht haben, da der 21-Jährige wegen ihrer Angaben in U-Haft saß.

Nach der Aussage des 16-Jährigen wurde der Angeklagte erst einmal wieder auf freien Fuß gesetzt. Seinen Geburtstag an Heiligabend und das Weihnachtsfest muss er nicht hinter Gittern feiern. In der Verhandlung geht es allerdings noch um weitere Diebstähle von Handys und Handtaschen. Diese Taten wurden von den Angeklagten bereits eingeräumt. Die Beute haben die jungen Diebe meist sofort in Drogen umgetauscht. Der Prozess wird fortgesetzt.

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