Ukraine-Hilfe in Bonn Ukrainer bilden Netzwerk in Bonn

Bonn · In einer neu eröffneten Begegnungsstätte der Evangelischen Kirche, der jüdischen Gemeinde und der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit soll Ukrainern die Ankunft in Deutschland erleichtert werden. Vor allem aber sollen sich die Geflüchteten selbst helfen lernen.

v.l. Dmitry Trushkin, Anastasiia Topal, Inessa Teplenko, Maria Peter-Filatova, Sophia Neumann und Pfarrer Michael Schäfer

Foto: Niklas Schröder

In einer für Bonn und die Region bislang einzigartigen Kooperation haben am Freitag die Evangelische Kirche, die Jüdischen Gemeinde und die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit (GCJZ) ein Begegnungscafé für Geflüchtete aus der Ukraine eröffnet. Das Begegnungscafé „Freundschaft“ befindet sich im Jugendkeller des Gemeindezentrums der Lukaskirche in Bonn-Castell – im Innenhof hinter der evangelischen Lukaskirche (Kaiser-Karl-Ring 25, 53111 Bonn).

Viele Angebote, die helfen sollen

Unter der Woche soll die neue Anlaufstelle für Geflüchtete mit vielen Hilfsangeboten aufwarten: montags gibt es die Möglichkeit für Geflüchtete, sich kostenlos frisieren zu lassen. Dienstags ist ein Spielenachmittag für Erwachsene und Kinderbetreuung geplant. Mittwochs wird Hilfe in Amtsangelegenheiten geleistet, um Unterlagen auszufüllen und zu übersetzen etwa. Donnerstags wird ein Malkurs angeboten und freitags soll es in Kooperation mit der LVR eine psychologische Betreuung für Kinder und Erwachsene im Begegnungscafé geben. Zudem läuft derzeit eine Kooperation mit dem Bike-House der Caritas Bonn, um Geflüchtete mit einem Fahrrad auszustatten.

Aus einem Provisorium entstanden

Entstanden ist das Angebot aus der provisorischen ersten Anlaufstelle der Synagogen-Gemeinde Bonn für Geflüchtete, berichtetet Maria Peter-Filatova von der Jüdische Gemeinde Bonn. Nachdem die Trauerhalle am alten jüdischen Friedhof in Castell nicht mehr für die vielen Geflüchteten ausreichte, wurden nun die Räumlichkeiten an die Lukaskirche verlagert. „Wir sind sehr dankbar, dass die Evangelische Kirche hier eingesprungen ist und uns die Räume zur Verfügung stellt“, sagt Peter-Filatova, die auch im Vorstand der GCJZ ist. „Wir freuen uns, dass wir nicht nur die Geflüchteten unterstützen können, sondern auch die Arbeit der Synagogengemeinde und die Arbeit der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit“, sagt Pfarrer Michael Schäfer. Laut dem Pfarrer sollen die Räume solange genutzt werden können, wie es eben nötig sei.

Ein Selbsthilfe-Club ist entstanden

Derzeit betreut die Jüdische Gemeinde in Bonn etwa 500 geflüchtete Ukrainer. Über eine öffentliche Facebook-Gruppe sind sie miteinander verknüpft, erklärt Peter-Filatova. Daraus habe sich mittlerweile auch ein „Selbsthilfe-Club“ entwickelt, womit sich die Ukrainer gegenseitig unterstützen. Im Begegnungscafé werden pro Veranstaltung zwischen 30 und 40 Menschen erwartet. Damit möglichst viele Menschen erreicht werden, sollen die Gruppen regelmäßig durchgemischt werden, kündigt Peter-Filatova an. „Wir wollen, dass sich die Geflüchteten in den Seminaren selbst einbringen und viele Landsleute kennenlernen.“ Inessa Teplenko etwa engagiert sich in der Küche. Für das Begegnungscafé hat die Konditorin einen Obstkuchen gebacken. Nach ihrer Ankunft im März sei der Papierkram recht aufwendig gewesen, berichtet Teplenko. Verwandte, die in Bonn leben, hätten ihr aber sehr geholfen. „Ich mag Bonn und die netten Menschen, die hier leben. Ich bin Deutschland für seine Hilfe sehr dankbar“, sagt Teplenko.

Das Begegnungscafé findet sie für die Eingewöhnungszeit wichtig. „Hier gibt es eine gute Atmosphäre, und man hilft und unterstützt sich gegenseitig“, sagt Teplenko. Durch das neugewonnene Netzwerk fühle sie sich in Deutschland nicht einsam.

Mit Mann und zwei Katzen nach Deutschland

Anastasiia Topal (31) ist mit ihrem Mann und zwei Katzen vor zwei Monaten aus Odessa nach Bonn geflüchtet. Zuerst war das Paar bei einer Tante untergekommen, mit viel Hilfe haben sie mittlerweile eine eigene Wohnung gefunden. „Wir sind unseren Verwandten und dem netten Vermieter sehr dankbar“, sagt Topal. Den Rhein mit seinen Promenaden und Radwegen hat sie bereits lieb gewonnen. Zur Fortbewegung hat sie deshalb von Bekannten ein Fahrrad geschenkt bekommen. Im Begegnungscafé möchte sie nun anderen Geflüchteten psychologische Hilfe anbieten.

Zu Kriegsbeginn hatte die Jüdische Gemeinde Lebensmittel und Medikamente an die Ukrainische Grenze gefahren. Durch die mittlerweile erheblich gestiegenen Benzinpreise seien die Touren nun nicht mehr möglich. „Wir merken, dass wir mittlerweile auch in Bonn vielen Geflüchteten helfen“, sagt Peter-Filatova. Um die Ukrainer weiterhin bei der Integration in Bonn unterstützen zu können, ruft die Jüdische Gemeinde zum Spenden auf.