Kommentar zum WCCB Umfassendes Versagen

Meinung | Bonn · Im Streit zwischen der Stadt Bonn und der Sparkasse Köln-Bonn um die städtische WCCB-Bürgschaft hat nach Oberbürgermeister Ashok Sridharan auch die Ratsmehrheit ihre Bereitschaft signalisiert, einem Vergleich zustimmen zu wollen.

Aus einer Wohltat wird ein finanzieller Albtraum. So richtig es war, dass mit millionenschwerer Hilfe der Bundesregierung ein neues Konferenzzentrum in Bonn errichtet worden ist, um den UN-Standort am Rhein auszubauen, so sehr hat die Stadt selbst bei der Umsetzung dieses Projektes versagt. Die Folgen werden die Bonner Bürger noch jahrzehntelang spüren.

Die Stadt Bonn setzte beim Bau des World Conference Centers Bonn (WCCB) auf einen windigen „Investor“, der kein Geld hatte. Sie drängte die skeptische Sparkasse Köln-Bonn, hohe Kredite auszureichen. Sie kontrollierte das Projekt nur unzureichend. Das Ende ist bekannt: Pleite des Bauherrn, Fertigstellung auf Kosten der Steuerzahler, die mit knapp 100 Millionen Euro viel teurer wurde als geplant. Und als ob diese Bilanz nicht bitter genug wäre, hat sich die Stadtverwaltung auch noch im Bürgschaftsstreit mit der Sparkasse verzockt.

Schon im April 2015 war am ersten Vergleichsvorschlag des Landgerichts abzulesen, dass die Sparkasse aus Sicht der Richter die besseren Karten hat. Es hätte jedem Beteiligten zu denken geben müssen, dass das kommunale Geldhaus keine Rückstellungen für den Fall einer Niederlage gebildet hat: Dazu wäre es verpflichtet gewesen, wenn seine Prüfer ein realistisches Risiko gesehen hätten. Doch die Bonner Stadtverwaltung, beraten von externen Juristen und damals noch unter Führung des Oberbürgermeisters Jürgen Nimptsch, pokerte weiter.

Das blieb auch so, als die EU-Kommission im Mai 2016 das Hauptargument der Stadt platzen ließ: Ihre Bürgschaft für die WCCB-Kredite war mitnichten eine unerlaubte Beihilfe für die Sparkasse. Alles andere wäre auch eine himmelschreiende Ungerechtigkeit gewesen: Die Sparkasse, die zu 30 Prozent der Stadt Bonn gehört, erst für ein politisch gewünschtes Projekt zu missbrauchen und sich dann mit Hilfe des EU-Rechtes vor der Rückzahlung des Geldes zu drücken – geht gar nicht. Aber auch der Stadtrat trug die unsaubere Strategie mit.

Jetzt bekommt Bonn die Rechnung serviert: Einen deutlich härteren Vergleichsvorschlag, der rund 72 Millionen Euro kosten wird. Dafür muss die Stadt jedes Jahr vorsichtig geschätzte zwei Millionen Euro an Zins und Tilgung aufbringen. Völlig klar, dass damit der Spardruck wächst. Ein Vergleich, um die Dimension zu beschreiben: Mit der umstrittenen Zuschusskürzung, die das Deutsche Museum in blanke Existenznot bringt, spart Bonn gerade einmal rund 500.000 Euro im Jahr.

Unterm Strich ist der Schaden des WCCB-Desasters gewaltig. Umso ärgerlicher, dass weder juristisch noch im Stadtrat jemals aufgearbeitet worden ist, welche Rolle die frühere Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann und andere politische Akteure dabei wirklich gespielt haben. Jetzt geht es darum, Lehren für die Zukunft zu ziehen: Es rächt sich, Projekte gegen den wirtschaftlichen Sachverstand durchzusetzen. Und ein gesundes Misstrauen des Rates gegenüber der Expertise der Verwaltung kann nicht schaden, so schwierig das für Feierabendpolitiker auch sein mag.

Bei all dem darf nicht untergehen, dass das WCCB ein echter Pluspunkt für die Vereinten Nationen ist, die in Bonn immer weiter wachsen. Jetzt müssen Betrieb und Marketing optimiert werden, um das Kongresszentrum möglichst profitabel auszulasten. Es ist eine Chance, die Bonn nutzen muss. Ihr Preis ist hoch genug.

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