Unfallatlas Wo es in Bonn und der Region besonders häufig kracht

Bonn/Rhein-Sieg-Kreis · Wo hat es auf den Straßen in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis besonders häufig gekracht? Welche Ecken sind für Radfahrer am gefährlichsten? Der Unfallatlas gibt Antworten auf solche Fragen - erstmals auch für NRW und damit auch für Bonn und die Region.

Besonders zu Stoßzeiten sind die Straßen in Bonn voll (Symbolfoto.)

Besonders zu Stoßzeiten sind die Straßen in Bonn voll (Symbolfoto.)

Foto: Benjamin Westhoff

Radfahrer in Bonn werden auf der Oxfordstraße, der Bornheimer Straße, aber auch am Rathenauufer besonders oft Opfer eines Verkehrsunfalls, für Fußgänger wird es häufig an der Kölnstraße auf Höhe des Chlodwigplatzes gefährlich. An welchen Stellen im Straßenverkehr es wiederholt kracht, schlüsselt der Unfallatlas auf, den die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder herausgeben. Erstmals enthalten sind darin in diesem Jahr Daten aus NRW für das Jahr 2019. Auf dem Computer oder auf Smartphones können Nutzer Unfallschwerpunkte visualisieren - straßenabschnittgenau und aufgeschlüsselt nach beteiligten Verkehrsmitteln.

Mit mehr als 70 Unfällen im vergangenen Jahr, bei denen Menschen zu Schaden kamen, ist die Bundesstraße 56 zwischen Bonn-Duisdorf und Kennedybrücke besonders unfallträchtig. In neun Fällen wurden Menschen dabei schwer verletzt. Mit fast 30 Unfällen auf der Strecke machen Unfälle zwischen Auto- und Radfahrern den größten Anteil aus. Wie die B56 gehört auch die B9 zu den Hauptverkehrsadern der Stadt. Von rund 65 Unfällen zwischen der Moltkestraße in Bad Godesberg und der Reuterstraße waren in mehr als 50 Fällen ausschließlich Kraftfahrzeuge beteiligt. Der unfallträchtigste Monat war sowohl in Bonn und im Rhein-Sieg-Kreis der Juni. Die meisten Unfälle ereigneten sich in den Abendstunden während des Feierabendverkehrs.

Ein Blick auf die Zahlen

Rund 1300 Unfälle mit Personenschäden gab es 2019 auf Bonner Stadtgebiet. Dabei verunglückten laut Polizei 1480 Menschen. Davon kamen 1325 Unfallbeteiligte mit leichten Verletzungen davon, 153 wurden schwer verletzt. Zwei Radfahrer starben nach Unfällen. Im Vergleich zum Jahr 2018 ist die Zahl der Verunglückten damit leicht zurückgegangen. Hier zählte die Polizei noch 1502 Unfallopfer (1312 Leichtverletzte, 187 Schwerverletzte, drei Tote). Auf Anfrage äußern wollte sich die Stadt zum Unfallgeschehen noch nicht. Dazu wolle man das diesjährige Treffen der Unfallkommission abwarten, die im September tagen soll. „Aus Sicht der Stadt ist es nicht zielführend, sich vor der Sitzung der Unfallkommission zu Inhalten zu äußern, die Gegenstand der Beratung sein werden“, teilte ein Sprecher mit.

Im Rhein-Sieg-Kreis verunglückten bei Unfällen im Jahr 2019 insgesamt 2046 Menschen. Der Unfallatlas weist hier drei mögliche Gefahrenstellen aus: Die B8 in Hennef im Kreuzungsbereich der Europaallee, die B56 in Siegburg auf Höhe des Ortsteils Stallberg und die Kreuzung Poststraße/Brückenstraße in Eitorf. Das sind Orte, die auch den Leiter des Straßenverkehrsamtes im Rhein-Sieg-Kreis Harald Pütz umtreiben. „Es gibt Unfallhäufungsstellen wie diese, die schleppt man jahrelang mit sich rum“, sagt der Leiter der Unfallkommission des Kreises. Nach festen Kriterien machen Unfallkommissionen Gefahrenstellen aus - und suchen nach Wegen, diese zu entschärfen. Dabei kommen sie manchmal an Grenzen. Etwa wenn wie in Eitorf, wo Linksabbieger häufig mit dem Gegenverkehr kollidieren, die Ampel nicht mehr nachrüsten lässt. 78 Schwerpunkte im Kreisgebiet macht die Unfallkommission für 2019 aus. So etwa auch an einer Kreuzung in Wachtberg-Berkum an der L123, an der Wartelinien für Linksabbieger das Unfallrisiko senken sollen. “Viel Handlungsbedarf sehe ich auch bei der Radwegeplanung“, sagt Pütz. Das Radaufkommen sei deutlich gestiegen, wozu auch E-Bikes beitrügen.

Mehr verunglückte Radfahrer

Mit Sorge blickt deshalb der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) auf die Unfallentwicklung. Der Unfallatlas weist in Bonn sieben Unfallhäufungsstellen für Radfahrer aus (siehe Karte). Wie die Verkehrsunfallstatistiken der vergangenen Jahre belegen, ist die Zahl der verunglückten Rad- und Pedelecfahrer deutlich gestiegen. Erklären lässt sich das damit, dass mehr Menschen in die Pedale treten. Besonders besorgniserregend sei ein Anstieg der schwerverletzten Radfahrer im Zuständigkeitsbereich der Polizei im Rhein-Sieg um 17 Fälle im Vergleich zum Vorjahr. Zudem sei der Anteil der Radfahrer an den Schwerverletzten im Bonner Polizeibereich mit knapp 40 Prozent am höchsten. Die Zahl der schwerverletzten Radfahrer sank hier aber zuletzt deutlich (von 129 auf 98 Schwerverletzte).

„Wir brauchen an allen Ecken und Enden eine bessere Infrastruktur für Radverkehr“, fordert Werner Böttcher, Sprecher des ADFC Bonn/Rhein-Sieg. In der Bundesstadt gebe es zwar Fortschritte, aber zu langsam. „Bonn bewegt sich, andere Städte laufen“, so Böttcher. Die Bonner Verkehrslenkung scheue Temporeduzierungen (etwa von 70 auf 50 Stundenkilometern auf der Ollenhauerstraße oder von Tempo 50 auf 30 auf der Harmannstraße in Beuel), und die Verbesserungen in der Radinfrastruktur würden nicht einmal mit dem Wachstum des Radverkehrs Schritt halten.

Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) sieht Gefahren im Straßenverkehr vor allem durch Baustellen. Diese verursachten Stau und komplexe Fahrmanöver und erhöhten so die Unfallgefahr.

Zugute kommen dürfte der Unfallstatistik im kommenden Jahr aber die Corona-Krise, speziell der Lockdown im Frühjahr. In den Zuständigkeitsbereichen der Polizeibehörden in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis sank die Zahl der Unfälle im Zeitraum März bis Juni 2020 im Vergleich zum Vorjahr um jeweils rund 25 Prozent.

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