Weiterer Schüler an Bekenntnisschule abgelehnt Ungleiche Chancen beim Schulstart in Bonn

Bonn · Ein weiterer Junge ist in Bonn von einer katholischen Grundschule abgelehnt worden, da er nicht katholisch ist. Wie die Bekenntnisschule unter Bewerbern auswählen kann.

 Eltern in Bonn ärgern sich darüber, dass ihre Kinder an Bekenntnisschulen abgelehnt worden sind.

Eltern in Bonn ärgern sich darüber, dass ihre Kinder an Bekenntnisschulen abgelehnt worden sind.

Foto: dpa/Kira Hofmann

Davon konnten Lasse Erik, Erstklässler ab diesem Sommer, und seine Familie nur träumen: ein Schulweg von weniger als 500 Metern, auf dem Bürgersteig immer geradeaus, ohne die Straße oder gar eine Kreuzung überqueren zu müssen. Doch die Leiterin einer katholischen Grundschule in Bad Godesberg lehnte die Anmeldung ab, dieser Tage auch das Schulamt der Stadt. „Von wegen ein seltener Einzelfall“, ärgert sich Lasses Vater und erinnert den Fall des nicht katholischen Max, der an einer Bekenntnisschule abgelehnt wurde: Robert Buchholz, Schulreferent der Katholischen Kirche in Bonn, sprach in dem Zusammenhang von „einem Einzelfall“.

Aber wie kam es zu der Ablehnung? Der Stadtrat hatte der Konfessionsschule im Februar zwei Klassen mit jeweils 28 Anfängern amtlich vorgeschrieben. Fünf wurden nach Wohnortnähe aufgenommen, laut Ablehnungsbescheid gemessen „über ein geodatengestütztes Programmm des Kataster- und Vermessungsamtes“. Lasse lag zwei Plätze dahinter. Die übrigen 51 i-Dötzchen hatten nach verschiedenen Rangkriterien Vorrang: neun Mädchen, um damit der Gesamtzahl der Jungen näherzukommen, vor ihnen noch acht Geschwisterkinder – und vor allen anderen die 34 katholische Bewerberinnen und Bewerber - unabhängig von Wohnort, Geschlecht oder Verschwisterung. Lasse ist hingegen evangelisch.

Auswahlkriterien wie Wohnortnähe liegen im Ermessen der Schulleitung

Der absolute Vorrang des Bekenntnisses an Konfessionsschulen ist der gesetzlich vorgegebene Unterschied zur Bewerberauswahl an den Gemeinschaftsschulen. Bonn hat 49 Grundschulen, davon sind 18 katholisch und zwei evangelisch. Die nachrangigen Auswahlkriterien (wie etwa Wohnortnähe) kann die Schulleitung nach eigenem Ermessen gewichten. Ihre Entscheidung muss wie bei allem staatlichen Verwaltungshandeln nicht richtig oder opportun, sondern nur vertretbar sein. Dagegen jetzt noch vor Gericht zu ziehen, erscheint Lasses Eltern schon wegen der Kürze der Zeit bis zum Schuljahresbeginn aussichtslos.

Buchholz beharrt darauf, dass seine Kirche für die Aufnahmeverfahren an staatlichen Bekenntnisschulen nicht zuständig ist – formell gesehen. Er betont, dass der Bewerberüberhang an manchen Konfessionsschulen allein auf dem Elternwillen beruhe. Die Offenheit für Bekenntnisfremde beweist nach ihm andererseits eine zeitgemäße pluralistische Grundeinstellung. Die lässt sich mit dem vielbeachteten Kirchenrechts-Professor Hans Michael Heinig einfach auch aus Sachzwängen erklären: als unvermeidlich, um die schulamtlich vorgeschriebene Klassenstärke heute überhaupt noch zu erreichen.

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