Krankenhaus zieht Bilanz Bonner Uniklinik trotz Corona in der Gewinnzone

Bonn · Das Bonner Uniklinikum kann in seiner Jahresbilanz zum sechsten Mal in Folge einen Gewinn ausweisen. 347 zusätzliche Stellen wurden auf dem Venusberg geschaffen. Die „großen Befürchtungen“ im Pandemiejahr hätten sich damit nicht bewahrheitet, so der Vorstandsvorsitzende Wolfgang Holzgreve.

 Trotz Corona sollten sich Erkrankte behandeln lassen. Dazu rät auch Peter Brossart in der Tagesklinik der Onkologie.

Trotz Corona sollten sich Erkrankte behandeln lassen. Dazu rät auch Peter Brossart in der Tagesklinik der Onkologie.

Foto: Meike Böschemeyer

Das Bonner Universitätsklinikum (UKB) ist vergleichsweise gut durch das schwere Jahr der Pandemie gekommen. Bei einer Pressekonferenz am Freitag präsentierte der Vorstandsvorsitzende Wolfgang Holzgreve die Bilanzzahlen für das Jahr 2020. Das UKB konnte einen Gewinn von 859.000 Euro erwirtschaften. Nach Angaben Holzgreves habe das UKB damit das wirtschaftlich erfolgreichste Jahresergebnis aller 35 deutschen Unikliniken erreichen können und das einzig positive in NRW.

Stephanie Strehl-Dohmen, Sprecherin des Branchenverbands der deutschen Universitätsklinika bestätigte in der Tendenz, „dass die Ergebnisse 2020 deutlich schlechter waren als im Vorjahr“. Noch lägen dem Verband allerdings nicht alle Jahresabschlüsse der Uniklinik vor, die stark vom Land bezuschusst werden und neben der medizinischen Versorgung auch mit der Forschung und Lehre beauftragt sind.

Für das UKB ist es das sechste Jahr in Folge mit einem positiven Jahresabschluss. Holzgreve betonte, dass „der Vorstand sehr erfreut ist, dass die größten Befürchtungen sich nicht bewahrheitet haben“. Die Auswirkungen der Pandemie waren dennoch spürbar auf dem Venusberg. Das geben auch die Zahlen wieder. Der sogenannte Case-Mix-Index, ein Wert, der den Schweregrad der behandelten Patienten beschreibt, sank von 86,169 auf 73,806. Die Gesamtzahl der Behandlungstage sank auf 58.132 (2019: 67.859). Die Fallzahlen blieben insgesamt aber weitgehend stabil und sanken nur leicht auf 51.097 (2019: 51.233).

Das UKB sei zugleich seiner Verantwortung bei der Behandlung von Covid-19-Patientinnen und Patienten gerecht geworden. In NRW habe es als Einzel-Unikrankenhaus die meisten Infizierten behandelt: über das Jahr hinweg nach Bekanntwerden der ersten Fälle im Frühjahr im monatlichen Durchschnitt stets zwischen 40 und 50 pro Tag.

Die gute Bilanz führt Holzgreve, zugleich Ärztlicher Direktor des UKB, unter anderem auf die recht früh getroffene Entscheidung des Vorstands zurück, möglichst keine Abteilungen zu schließen, was auch gelungen sei. „Wir wollten für die Covid-Patienten da sein, aber ebenso für alle anderen.“ So seien möglichst keine Untersuchungen oder wichtigen Operationen verschoben worden. Durch den schon seit Jahren hohen Case-Mix-Index mit vielen Schwerkranken sei das ohnehin in vielen Fällen schwierig. Nicht nur das UKB, auch andere Bonner Krankenhäuser hatten im Verlauf des vergangenen Jahres immer wieder darauf hingewiesen, notwendige Arztbesuche keinesfalls auf die lange Bank zu schieben.

Als weiteren Grund nennt der UKB-Vorstand das intensive Testen von Mitarbeitern, insgesamt 60.000 an der Zahl, und die zügige Impfung von 8000 Angestellten auf dem Venusberg. Im Forschungszweig sei es gelungen, einen Massentest zu entwickeln und am UKB einzusetzen, der viel genauer sei als Antigentests. Letztere schlügen in 70 Prozent der Fälle bei Infizierten aus, die Neuentwicklung bei fast 100 Prozent. So seien Ausbrüche innerhalb der Mitarbeiterschaft ausgeblieben. Zu den Massentests sei eine Veröffentlichung im Fachmagazin Nature geplant. Das UKB geht davon aus, dass sie in der Fläche zum Einsatz kommen und bei der Unterbrechung von Infektionsketten hilfreich sein können.

Holzgreve hob hervor, dass der positive Jahresabschluss nicht auf einen Stellenabbau zurückzuführen sei. Im Gegenteil habe das UKB im Laufe des vergangenen Geschäftsjahres 347 zusätzliche Vollzeitstellen besetzt, „davon in Mehrheit im pflegerischen und ärztlichen Dienst“. Dass die Situation auf den Pflegestationen angespannt ist und die Pflegerinnen und Pfleger unter hohem Druck arbeiten mussten und müssen, hatte der Ärztliche Direktor im Verlauf der Pandemie mehrfach ausgeführt, ebenso wie der Personalrat des UKB. Derzeit entspannt sich die Situation nach der dritten Infektionswelle, es liegen nunmehr sechs Patienten mit Covid auf der Intensivstation und etwa 20 auf Normalstationen, wie Pflegedienstdirektor Alexander Pröbstl sagte. Zugleich steigen sowohl Fallzahlen als auch Case-Mix-Index in den ersten fünf Monaten 2021 wieder.

Im Januar 2020 hat die Uniklinik das Eltern-Kind-Zentrum mit Geburtshilfe und Kinderheilkunde mit Brückenanbindung an die Frauenklinik offiziell eröffnet. 150 internationale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der drei Institute für Experimentelle Immunologie, Klinische Chemie und klinische Pharmakologie haben das neue Forschungsgebäude Biomedizinisches Zentrum II bezogen.

In den kommenden drei Jahren werden sich die Baukräne auf dem Venusberg weiter drehen. Aus dem sogenannten „Sonderprogramm/NRW“ erhält das UKB einen Betrag von 157 Millionen Euro für vorgezogene Bauprojekte. Das NRW-Ministerium für Kultur und Wissenschaft verspricht sich von der landesweiten Finanzspritze für Modernisierungen einen Anschub für die Konjunktur. Weiter plant das Bonner Klinikum Investitionen von 83,7 Millionen Euro, beispielsweise in die Modernisierung von Operationssälen. Angesichts der guten Ergebnisse in den vergangenen Jahren hofft Holzgreve auf großzügige Förderung durch das Land.

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Philipp Königs
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