100 Köpfe - Wir sind Bonn Vadim Bondar: "Talent ist nicht alles, Arbeit ist alles"

Bonn · Vadim Bondar tanzte einst auf den großen Bühnen der Welt. Heute gibt er in Bonn Ballettunterricht. In der Serie "100 Köpfe - Wir sind Bonn" stellt der General-Anzeiger ihn vor.

 Vadim Bondar bei der Arbeit: Der Ballettlehrer gibt nur kurze Anweisungen, doch seine jungen Tänzerinnen und Tänzer wissen sofort, was er meint.

Vadim Bondar bei der Arbeit: Der Ballettlehrer gibt nur kurze Anweisungen, doch seine jungen Tänzerinnen und Tänzer wissen sofort, was er meint.

Foto: Barbara Frommann

Vadim Bondar sagt kein Wort. Ein einziger Blick und seine perfekte Körperhaltung genügen schon. Anmutig „schwebt“ die wuselnde Schar kleiner Ballerinen durch den Raum und nimmt an der Stange Arm- und Beinposition ein. „Plie?“ gibt Vadim Bondar das Kommando und die neun kleinen Tänzerinnen und die beiden Tänzer bewegen sich mit Grazie und Anmut.

Beim „Battement Jete?“ korrigierte der Meister seine Schüler noch ein wenig, doch mit der Klasse ist er sehr zufrieden. „Die sind wirklich alle mit Freude dabei. Das sieht man auf den ersten Blick“, freut sich der 50-Jährige. „Die Arbeit mit den Kindern macht mir wirklich sehr viel Spaß.“ Einst auf den großen Bühnen in Russland, Amerika, Australien und Europa zu Hause, hat er sich der gefeierte Künstler 2006 mit einem eigenen Studio im Schatten des Bonner Stadthauses niedergelassen.

Bereits im Alter von fünf Jahren bekam Vadim Bondar in Moskau seinen ersten Ballettunterricht. Schnell entdeckten die Lehrer das Talent des Jungen, der schließlich an der berühmten Staatlichen Choreographischen Akademie des Bolshoi-Theaters in Moskau bei Igor Uksuznikov unterrichtet wurde. 1984 schloss er seine Ausbildung mit dem Diplom als Ballettkünstler und Choreograph ab.

Sonderpreis als „Bestes Talent“

Während seines Engagements als erster Solotänzer am „Stanislavsky und Nemirovich-Danchenko Akademischen Musik Theater“ in Moskau gewann er zahlreiche internationale Wettbewerbe, unter anderem 1986 in Varna in Bulgarien den Sonderpreis als „Bestes Talent“. Doch Bondar wollte weg vom klassischen Ballett und moderne Inszenierungen tanzen. Genau das, was ihm in Amerika angeboten wurde.

Schnell machte er sich durch seine zahlreichen Auszeichnungen international einen Namen. Bei seinen Tourneen in den großen Metropolen der Welt tanzte er auch vor vielen Staats- und Regierungschefs. Seine Begegnung mit Königin Elisabeth wird er jedoch nie vergessen.

„Das war wirklich ein Höhepunkt in meiner Karriere“, resümiert er. Nach der Aufführung habe ihm die Queen sogar die Hand gegeben. „Das war sehr förmlich und steif. Mit Prinz Philip konnte man viel lockerer plaudern,“ erinnert er sich gerne zurück. Fragt man ihn nach seiner Lieblingsrolle, muss Bondar nicht lange überlegen. „Das war der Barbier Basil aus Don Quichotte. Der hat Feuer und Temperament und kommt damit meinem Naturell sehr entgegen.“

Stundenlanges Training hatte seinen Preis

Seit 28 Jahren lebt Vadim Bondar in Bonn, wo er an der Bonner Oper zuerst unter Youri Vámos und anschließend unter Valery Panov als erster Solotänzer auf der Bühne stand. Doch das stundenlange Training hatte seinen Preis. Rücken- und Knieprobleme zwangen ihn schließlich dazu, seine künstlerische Laufbahn zu beenden. „Heute bin ich kein Tänzer mehr, sondern ein Lehrer. Und diese Rolle macht mir ebenso großen Spaß“, gesteht er.

Rund 190 Schülerinnen und Schüler kommen regelmäßig zum Unterricht in sein Studio. „Von vier bis 70 Jahren“, ergänzt Ehefrau Marion Bondar. Für das Paar gibt es viele gute Gründe, weshalb Kinder und Jugendliche Ballett lernen sollen. „Sie trainieren Körperhaltung, Koordination und Disziplin“, so Vadim Bondar. „Das ist gut für die Persönlichkeitsentwicklung, das Selbstbewusstsein und die Ausstrahlung.“

In seinen Reihen hat er bereits einige kleine Talente entdeckt. Doch: „Talent ist nicht alles, Arbeit ist alles. Auch das lernen die Schüler in meinem Unterricht. Ohne Fleiß kommt man nicht weit.“ Besonders stolz ist Vadim Bondar auf seine Tochter. Denn die hat offenbar Papas „Ballett-Gen“ geerbt. „Erst wollte sie nicht tanzen. Erst später hat sie sich dafür entschieden. Bei einer unserer Kinderaufführung hat sie das Dornröschen ganz wunderbar getanzt“, ist auch Marion Bondar stolz auf ihre Tochter, die heute längst studiert.

Auch wenn Vadim Bondar Wurzeln am Rhein geschlagen hat, seine Heimat ist nach wie vor Russland. „Ich habe immer noch einen russischen Pass und fahre einmal im Jahr zu meiner Familie nach Moskau.“ Im Sommer wird er wieder seinen Koffer packen.

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