Aktionstag zur Gleichbehandlung Verbände informieren über Inklusion in Bonn

Bonn · Der europaweite Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung wird in Bonn auf dem Münsterplatz gefeiert. Themen von Sport bis Partnervermittlung.

„Inklusion ist ein Prozess, er fängt in den Köpfen an“, ist Karin Freisen überzeugt. Das Thema sei aber noch in zu wenigen Köpfen angekommen, sagte sie am Donnerstag am Stand der Behinderten-Gemeinschaft Bonn auf dem Münsterplatz, wo zum 15. Mal der europaweite Aktionstag zur Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderung ausgerichtet wurde. „Die Informationspolitik müsste besser sein“, sagte Freisen. Sie trägt als Moderatorin von Radio Inklusiv dazu bei: Im Bürgerradio von Radio Bonn/Rhein-Sieg informiert sie seit 17 Jahren über die Angebote in Bonn und fordert die Stadt auf, mehr zu machen.

Darüber, was die Vereine der Behinderten-Gemeinschaft zu bieten haben, konnte man sich an verschiedenen Ständen kundig machen. Zum Beispiel präsentierte sich der Verein „Bananenflanke“ für behinderte Fußballspieler. Das Bonner Konzept haben andere deutsche Städte aufgegriffen, derzeit entsteht ein Bundesverband mit eigener Liga.

Vor einem Jahr habe man mit zehn Spielern angefangen, berichtete der Vorsitzende Daniel Passbach. Jetzt seien es 30, und die bisherige Spielfläche an der Alanus Hochschule in Alfter sei zu klein. Deshalb zieht der Verein ans Kardinal-Frings-Gymnasium in Limperich um. „Wir könnten noch mehr aufnehmen“, so Passbach.

Der Protesttag soll auf die Situation von Menschen mit Behinderung aufmerksam machen und sie einem normalen Leben in der Gesellschaft näherbringen, auch in der Partnersuche. Dafür ist die Partnervermittlung „Schatzkiste Bonn/Rhein-Sieg“ da. Das Angebot werde gut nachgefragt, sagte Gabriele Siebert, stellvertretende Geschäftsführerin vom Trägerverein „Der Karren“: „Wir sind jetzt bei 700 Mitgliedern.“ Die Kandidaten füllen Fragebögen aus, „Schatzkiste“-Mitarbeiter suchen geeignete Partner und organisieren ein Treffen in den „Karren“-Räumen. Manche Paare blieben zusammen, aber oftmals sei Mobilität ein hinderndes Problem, so Siebert.

Kopfsteinpflaster, zu enge Türen, Stufen, all das schränkt Rollstuhlfahrerin Christiane Häger ein. Da müsse viel mehr gemacht werden, findet sie. „Spontanität kann ich gar nicht ausleben im Alltag: Ich muss immer planen. Das zehrt an der Lebensqualität.“

Hinzu kämen Situationen wie Radfahrer, die ihr den Weg abschnitten. Es gebe aber auch Positives: Neulich sei ihr an einer Kreuzung ein Vorderreifen abgefallen, worauf ein Autofahrer angehalten und sie nach Hause gefahren habe. Eine Bekannte habe ihren Rollstuhl hinterher geschoben.

Der Straßenverkehr bereitet auch Manuela Landsberg Schwierigkeiten. Radfahrer höre sie oft nicht, auch dem Elektroauto blicke sie skeptisch entgegen. Sie ist hochgradig sehbehindert und hat Hörprobleme. „Heute funktioniert viel über Blickkontakt“, berichtete sie.

Das helfe ihr aber nicht. Ein konkretes Hindernis sieht sie zum Beispiel beim neuen Einkaufszentrum in Tannenbusch: „Der Architekt hat schräge Pfeiler geplant, es sieht gut aus, aber es gibt kein Leitsystem für Blinde“, so Landsberg. Sehbehinderte liefen Gefahr, mit dem Kopf dagegenzustoßen, weil sie mit dem Stock voraus kein Hindernis ertasten könnten.

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