Prozess am Amtsgericht Verhandlung zu Katzen-Attacke in Bonn muss verschoben werden

Bonn · Ein 44-Jähriger soll eine Katze auf seinen behinderten Stiefsohn geworfen haben und muss sich dafür vor Gericht behaupten. Das Opfer sitzt aber in der LVR-Klinik in Quarantäne und fehlte als Zeuge.

Der Vorwurf gegen den Mann auf der Anklagebank ist bizarr: Im Streit mit seinem behinderten Stiefsohn (22) soll der 44-jährige Duisdorfer nicht nur seine Hände, sondern auch seine Katze als Tatwaffe eingesetzt haben. Am Dienstag sollte der kuriose Fall vor dem Amtsgericht geklärt werden, doch der Prozess platzte: Der 22-Jährige erschien nicht. Den Angaben seines Stiefvaters zufolge befindet er sich zurzeit in der LVR-Klinik und dort wegen der Grippewelle „in Quarantäne“.

Das scheint nicht die einzige Hürde in dem Verfahren zu sein. Anwalt Martin Mörsdorf, der den 44-Jährigen verteidigt, erklärte der Strafrichterin: Die Beweislage sei mehr als dürftig. Es gebe nur die Aussage des 22-Jährigen, und dass auf die Verlass sei, nennt der Anwalt äußerst fraglich.

Der Anklage zufolge soll am 31. Juli vergangenen Jahres Folgendes geschehen sein: Aus nichtigem Anlass sollen der Duisdorfer und der im Rollstuhl sitzende 22-Jährige in Streit geraten sein. Schließlich soll der 44-Jährige seine Katze am Nacken gepackt und sie heftig geschüttelt haben, um sie aggressiv zu machen, und das fauchende Tier auf den Schwerbehinderten geworfen haben. Weil der sich weder wehren noch fliehen konnte, soll er von der aufgestachelten Katze stark zerkratzt worden sein. Dann soll der Stiefvater ihn noch auf den Arm geschlagen, massiv beleidigt und am Ende auch noch zu Boden gerungen haben.

Wie Mörsdorf erklärt, sage sein Mandant jedoch: „Der ist verrückt. Wir hatten ständig Theater mit ihm zu Hause.“ Und: Der 22-Jährige habe das nur aus Rache getan. Wofür sich der junge Mann habe rächen wollen, sagt der Anwalt nicht. Allerdings hatte der 44-Jährige den Stiefsohn im Jahr zuvor angezeigt, weil der seine damalige Katze getötet haben soll, indem er ihr das Genick brach. Das entsprechende Strafverfahren gegen den 22-Jährigen wurde jedoch wegen Geringfügigkeit eingestellt. Nach GA-Informationen hatte er erklärt, er könne sich an nichts erinnern.

Mörsdorf jedenfalls hält ein Glaubwürdigkeitsgutachten im Fall des 22-Jährigen für unerlässlich, da es außer dessen Aussage und Fotos einer zerkratzten Schulter nichts gebe. „Und nur auf die Aussage von so einem kann man keine Verurteilung stützen“, erklärte der Anwalt und fügte hinzu: „Die Alternative ist: Der kommt her und ich grille ihn.“

Nun muss Strafrichterin Lisa Stankewitz entscheiden, wie und wann es weitergeht. Erst einmal vertagte sie den Prozess auf unbestimmte Zeit. Das Tatwerkzeug, die Katze, bekam an diesem Tag auch niemand zu Gesicht. Ob sie zum nächsten Prozesstermin mitgebracht werden muss, ist unklar. Im Oktober hatte Staatsanwaltschaftssprecher Sebastian Buß erklärt: „Die Katze ist als Tatwerkzeug vor dem Gesetz genauso zu behandeln wie ein Messer oder eine andere Waffe. Darüber hinaus dient das Verfahren auch dem Schutz des Tieres.“ Deshalb hieß es damals, sie müsse vor Gericht erscheinen, auch um über ihre Zukunft zu entscheiden. Was aus ihr geworden ist, weiß zurzeit bei der Justiz niemand.

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