Fahrradfahren in Bonn Verleihsystem in der Warteschleife

Bonn · Das Konzept für ein Fahrradverleihsystem wollen die Bonner Stadtwerke „im ersten Quartal 2016“ vorstellen. Das teilte die Stadtverwaltung auf Anfrage der Linksfraktion mit.

„Damit sind wir immer noch keinen Schritt weiter“, klagt Holger Schmidt, der planungspolitische Sprecher der Linksfraktion. Vor genau fünf Jahren hatte der damalige Verkehrsplaner Raimund Brodehl den Gremien bereits ein Konzept vorgelegt. Noch im selben Jahr, also 2011, sollte es in der ersten Versuchsstufe an drei Uni-Standorten losgehen. Mehrmals klagte die frühere schwarz-grüne Koalition darüber, der Verwaltungsvorstand würde das Projekt bewusst schleifen lassen.

„Mich wundert, dass jetzt aus der Jamaika-Koalition kein kritisches Wort mehr zu hören ist“, sagt Schmidt. Letztlich sei das Projekt aufgrund der finanziellen Situation der Bundesstadt und des Vetos des Stadtkämmerers an die Stadtwerke (SWB) weitergereicht worden. „Ich befürchte, dass das Thema demnächst komplett ad acta gelegt wird.“

Auch weil die Stadtwerke finanziell nicht in die Lage versetzt würden, solch ein Projekt zu stemmen. Im Gegenteil: Ab 2020 sollen die SWB mehr von ihren Überschüssen an ihre Eigentümerin, die Stadt Bonn, abtreten. Neben der Konzessionsabgabe von 20 Millionen Euro im Jahr müssen sie ab 2020 auch einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten – rund fünf Millionen Euro pro Jahr.

Und so stellen die Stadtwerke auch fest, dass der Finanzierungsbedarf für ein Fahrradverleihsystem „maßgeblich“ von dem gewählten Modell abhänge. „Konkrete Ansätze stehen erst nach Abschluss der politischen Diskussion – inklusive Beschluss – in Bezug auf Varianten, Kompensation und verifizierten Fördermittelansatz fest“, heißt es. Und für 2016 stünden im Wirtschaftsplan der SWB „weder Personal noch monetäre Ansätze“ bereit.

Stadt hatte versäumt, Vertrag mit Ströer neu zu verhandeln

„Das Ganze ist kompliziert“, sagt Hartwig Lohmeyer. Denn das Verleihsystem hänge auch mit der neuen Ausschreibung der Werbeverträge zusammen. Tatsächlich war eines der Projekte seinerzeit aus dem Grund gescheitert, weil die Stadt Bonn es zunächst versäumt hatte, den Vertrag mit dem Reklame-Riesen Ströer neu zu verhandeln. Sie tat das dann zwar auf Druck der Politik hin, aber der Aspekt der Leihfahrräder war in dem Paket nicht mehr enthalten. Und die Kopplung eines Leihradsystems mit Stadtwerbungsverträgen ist mittlerweile für die Finanzierung ein wichtiger Baustein.

Insofern wundert es Schmidt auch, dass dieses Thema bei der Ausschreibung der Werberechte im öffentlichen Raum, die Ende des Jahres mit der Firma Ströer auslaufen, komplett ausgespart bleibt. Auch das ist wieder Teil eines komplizierten Abwägungsprozesses zwischen städtischem Planungsamt und den Stadtwerken. Diese sollten, begleitet durch eine aus Politikern bestehende Lenkungsgruppe, die Ausschreibung vorbereiten.

Doch zwischen SWB und Planungsamt gab es unterschiedliche Auffassungen – und Interessen. Während die Stadt Bonn Freikontingente für ihre eigene Werbung haben will, fordern die Stadtwerke eine Garantiepacht. Die Kuh wollte einfach nicht vom Eis. Am Ende wurde das Fahrradverleihsystem aus der Ausschreibung herausgenommen, weil dies wiederum großen Einfluss auf die Höhe der Garantiepacht genommen hätte.

Ausschreibungstext wird am Dienstag vorgestellt

Der Ausschreibungstext wird nun am kommenden Dienstag in einer Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses, die in die Sitzung des regulär tagenden Planungsausschusses integriert wird, vorgestellt. Die Zeit drängt, auch wegen Kündigungsfristen. Am 25. Februar muss der Rat jedenfalls eine Entscheidung treffen, so dass schon am nächsten Tag der Teilnahmewettbewerb ausgeschrieben werden soll. Vereinbart sei nun, dass ein Wettbewerb Angebote für neue Werbekonzepte bringen soll. Und die Stadtwerke sollen andere Modelle für ein Fahrradverleihsystem prüfen.

„Das Thema wird dieses Prozedere komplett zermahlen“, befürchtet Schmidt. Von Stefan Freitag, dem wirtschaftspolitischen Sprecher der Grünen, gibt es dazu ein entschiedenes Nein: „Die Koalition hat nach wie vor ein großes Interesse an dem Projekt.“

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