Navi-Diebstähle in Bonn Versicherungen wollen oft nicht zahlen

Bonn · Nach dem Verlust hochwertiger Elektronikteile wollen Versicherungen häufig nicht für die Originalgeräte zahlen.

 Versicherungen wollen bei Navi-Diebstählen häufig nicht zahlen.

Versicherungen wollen bei Navi-Diebstählen häufig nicht zahlen.

Dem Autobesitzer dürften beim Anblick seines neun Monate alten Mercedes-SUVs, der vor Weihnachten in der Werkstatt der Rheinischen Kraftwagen Gesellschaft (RKG) stand, die Tränen gekommen sein: Im dem fast völlig entkernten Innenraum des über 100.000 Euro teuren Geländewagens saß nur noch KFZ-Mechatroniker Bastian Lindlohr auf einem Schemel und zog neue Kabelstränge ein.

Sogenannte Automarder, Diebe, die es auf hochwertige Elektronikteile abgesehen haben, hatten den Airbag und das festeingebaute Navigationsgerät gestohlen. Und das nicht gerade auf die sanfte Tour: "Es wurden die Kabelstränge abgepitscht", erklärt Lindlohr. "Das macht den Schaden besonders groß, weil die Kabelstränge neu eingezogen werden müssen". Geschätzter Schaden: rund 10.000 Euro, so RKG Werkstattleiter Oliver Görsch.

Das Problem für den Halter war wie in allen ähnlichen Fällen: Die RKG musste mit dem Versicherer über die Schadensregulierung verhandeln. Denn laut Görsch will manche Versicherung oft kein neues Navigationsgerät vom Fahrzeughersteller bezahlen, sondern dem Halter lediglich ein Gerät aus einem Pool teils gebrauchter beziehungsweise neuer Navis anderer Hersteller gewähren. "Es gibt Firmen, die haben sich auf das Geschäft spezialisiert", so Görsch. Das Vorgehen sei aber oft nicht im Sinne des Kunden. Anlass genug, einmal bei den Versicherern nachzufragen.

Wie der General-Anzeiger in seiner Präventionsserie im November bereits berichtete, sind Autoaufbrüche zwar rückläufig. Darunter fällt auch der Diebstahl festeingebauter Teile wie Navigationsgeräte und Airbags. Gleichwohl haben es oft organisierte Tätergruppen immer mehr gezielt auf den Diebstahl eben jener festeingebauten Elektronikteile abgesehen. Das lässt sich auch aus Zahlen ablesen, die eine Sprecherin des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) auf Anfrage nannte.

Navi-Diebstähle in BonnZwar wird bei dem GDV der Diebstahl von festeingebauten Navis und Airbags nicht gesondert erfasst. Trotzdem lässt sich aus der Entwicklung der ausgezahlten Versicherungssummen bei den "Teileentwendungen", unter die auch festeingebaute Navis und Airbags fallen, schließen: Der Diebstahl der teuren Fahrzeugteile gewinnt an Bedeutung. So sind der GDV-Sprecherin zufolge 2013 insgesamt 120.000 Teile aus Fahrzeugen entwendet worden, was einen Schaden von 177 Millionen Euro verursacht habe. 2014 lagen die Fallzahlen niedriger bei 117.000, aber die Versicherungssummen deutlich höher, nämlich bei 195 Millionen Euro.

Navi-Diebstähle in Bonn
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Wessen Auto von einem Automarder heimgesucht wurde, kann nun Probleme bei der Schadensregulierung bekommen. So sollte sich im Falle des Mercedes-Halters die RKG auf Vorgabe der Versicherung an eine Firma wenden, "die ein neues Navi eines anderen Herstellers anbot", berichtet Werkstattleiter Görsch.

Dagegen sei nichts einzuwenden, betont die Sprecherin des GDV: "Es wird grundsätzlich nur der Wiederbeschaffungswert ersetzt."

"Zu erstatten haben wir nach unseren Versicherungsbedingungen den Wiederbeschaffungswert des gestohlenen Navis, also eines vergleichbaren gebrauchten Gerätes, sofern es auf einem seriösen Markt beschaffbar ist", stellt auch Klemens Surmann, Sprecher der Gothaer Versicherung in Köln, klar. Wenn dem Versicherungsnehmer im Einzelfall keine grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden könne, zahle seine Versicherung aber "auch bei wiederholtem Diebstahl". Nach den Erfahrungen der Polizei kann es durchaus passieren, dass Täter ein und dasselbe Fahrzeug mehrfach aufbrechen. Grundsätzlich gilt dann in Sachen Versicherung: "Im Schadensfall können beide Seiten kündigen", sagt die GDV-Sprecherin.

Im Falle des Mercedesfahrers konnte Görsch die Versicherung allerdings davon davon überzeugen, den Einbau eines neuen, originalen Navigationsgerätes des Herstellers zu genehmigen: "Der Wagen war erst neun Monate alt, und wenn wir das Navi eines anderen Herstellers eingebaut hätten, hätten wir dafür keine Garantie übernehmen können."

Diebstahl in Zahlen

Die Polizei sieht Automarder oft in Wellenbewegungen am Werk. Das heißt: Es gibt Zeiten, in denen die Täter gehäuft zuschlagen. 2014 registrierte die Polizeiliche Kriminalstatistik insgesamt in ihrem Zuständigkeitsbereich 3276 Fälle von Diebstahl aus Fahrzeugen, und damit nur unwesentlich weniger als im Jahr zuvor, nämlich einen Rückgang von 1,3 Prozent im Jahr 2013.

Auffällig bleiben jedoch teils starke Zuwachsraten in einigen Städten und Gemeinden: So nahmen die Fallzahlen in Bonn-City um 6,6 Prozent zu, in Beuel um 11,7 Prozent, in Bad Honnef um 15,3 Prozent, in Rheinbach um 57 Prozent und in Swisttal gar um 121,9 Prozent (+39 Fälle von 32 auf 71). Was aber auffällt: In Bad Godesberg, wo Automarder in der Vergangenheit oft zugeschlagen hatten, gingen die Fallzahlen zurück, und zwar um 27,9 Prozent.

Für das vergangene Jahr konstatiert Ruth Braun, Sprecherin der Bonner Polizei, ein rückläufiges Aufkommen, was den Diebstahl aus Kraftfahrzeugen angeht: "Im Vergleich zu 2014 sind die Zahlen 2015 leicht zurückgegangen. Von Oktober auf November haben sich die Fallzahlen der Gesamtdelikte sogar halbiert und sind im Dezember nochmals leicht zurückgegangen."

Was den Diebstahl von Navis und Airbags angehe, seien die Zahlen "im November und Dezember extrem stark zurückgegangen". "Im Dezember waren es nicht einmal eine Handvoll Fälle", so Braun. Genaue Zahlen sollen in der Kriminalstatistik vorgestellt werden.

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