Debatte über Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung in Bonn Viele Eltern zeigen ihre Unzufriedenheit

BONN · In Bonn werden zum neuen Kindergartenjahr für 40 Prozent der Mädchen und Jungen im Alter von vier Monaten bis drei Jahren Betreuungsplätze zur Verfügung stehen: in Tagesstätten und der Kindertagespflege. Das machte Jugendamtsleiter Udo Stein am Montagabend bei einer Veranstaltung der Grünen im Haus der Vielfalt klar.

"Dann sitzen hier die Eltern der übrigen 60 Prozent", konterte eine Mutter unter den vielen Zuhörern. Dramatische Schicksale junger Familien wurden unter dem Motto "Der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung" während der von Katja Dörner moderierten Diskussion ans Podium herangetragen. "Die Vergabe der Bonner Plätze läuft ohne jeden Blick auf unsere Berufstätigkeit", erregte sich eine weitere Mutter, die wegen ihrer unversorgten Kinder gerade dem Jugendamtsleiter weiter fehlen wird: als professionelle Kindererzieherin, also als Angehörige genau der Berufsgruppe, die händeringend gesucht wird.

"Hier läuft doch eine Scheindebatte, wenn man die Tagespflege als gleichwertig zu Kindergärtenplätzen verkauft", meinte ein Vater. Was passiere, wenn eine Tagesmutter krank sei? Die Vertretungssuche sei im Moment sicher noch die Achillesferse der Tagespflege, gab Heike Wiemer vom Netzwerk Kinderbetreuung in Familien, Bonn, zu. Warum kämen nicht getaufte Kinder so schwer in das Drittel konfessioneller Tagesstätten in Bonn, beschwerten sich Eltern. "Das ist auch ärgerlich für mich. Es gilt aber die Trägerautonomie. Als Stadt haben wir hier keinen gravierenden Einfluss", so Stein. Er lobte die Arbeit der inzwischen 36 Bonner Elterninitiativen, für die Timo Hauschild vom "Spatzennest" auf dem Podium saß. "Bei uns gibt es nur ein entscheidendes Kriterium: Eltern müssen mitarbeiten wollen" verdeutlichte Hauschild.

Johannes Schneider, Anwalt für Sozialrecht, beschrieb die noch nicht ausgeloteten juristischen Möglichkeiten, ab dem 1. August den Rechtsanspruch auf Betreuung auch für unter Dreijährige einklagen zu können. Bei ausreichender Vorlaufzeit, etwa vier Monaten, würden Eltern ihren Betreuungswunsch oder den Dienstausfall geltend machen können, tippte der Anwalt.

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