Probleme mit Rollstühlen und Kinderwagen Wie barrierefrei ist die Viktoriabrücke in Bonn?

Bonn · Nach sechs Jahren Umbau ist die Viktoriabrücke seit April für den Verkehr wieder freigegeben. Die neue Verkehrsführung bietet mehr Platz für Radfahrer und Fußgänger. Doch nicht überall ist Barrierefreiheit gegeben.

 Dieser Mann ist mit seinen Inlinern auf der Viktoriabrücke nicht aufzuhalten. Für Menschen mit Rollstuhl oder Kinderwagen sieht das anders aus.

Dieser Mann ist mit seinen Inlinern auf der Viktoriabrücke nicht aufzuhalten. Für Menschen mit Rollstuhl oder Kinderwagen sieht das anders aus.

Foto: Benjamin Westhoff

Mit dem Kinderwagen über die Viktoriabrücke – das hat für GA-Leserin Silke S. vor Kurzem länger gedauert als erwartet. Vom Wittelsbacherring aus kommend, wollte die 34-Jährige mit ihren Kindern die Brücke auf der rechten Seite überqueren. Am Ende des Fußweges dann die Überraschung: Es geht nur über eine steile Abfahrt oder eine Treppe nach unten zur Straße. Mit Kinderwagen oder Rollstuhl sei das kaum machbar, beschwert sich die Leserin.

Wenn sie unterwegs ist, ist ihre zehn Monate alte Tochter im Kinderwagen immer mit dabei. Weder die steile Rampe am Ende der Brücke, noch die Treppe könne sie so von der Viktoriabrücke aus herunterfahren, erklärt die Leserin.

Sie musste samt Kinderwagen umkehren und überquerte die Brücke auf der anderen Seite, wo ein barrierefreier Fußweg zur Straße herunterführt. Das habe Zeit und Kraft gekostet. Nicht nur sie selbst, sondern auch andere Mütter in ihrem Umfeld finden, dass für Fußgänger in Bonn noch immer viel zu wenig getan werde, so Silke S.

Behindertengemeinschaft Bonn berät bei der Planung

Die Leserin fragt sich auch: „Wenn ich es schon mit dem Kinderwagen nicht schaffe, wie sollen dann erst Rollstuhlfahrer auf dieser Seite von der Brücke herunterkommen?“

Das Presseamt der Stadt Bonn bestätigt, dass nur eine Seite der Brücke vollständig barrierefrei sei. In die Planung der Gehwege sei jedoch die Behindertengemeinschaft Bonn einbezogen gewesen.

Wenn es im öffentlichen Raum um Stellen geht, an denen es Probleme mit der Barrierefreiheit geben könnte, wird der Verein immer zur Beratung herangezogen. Dafür sind ehrenamtliche Mitarbeiter zuständig, die Fachwissen und Erfahrungen mitbringen und eine verlässliche Einschätzung abgeben können. Heike Braun, Mitarbeiterin der Behindertengemeinschaft, unterstreicht die Kritik der Leserin: „Es ist schwierig, Bergab mit dem Rollstuhl zu bremsen“.

Unterführung am alten Friedhof soll 2023 barrierefrei werden

Hans Herschel hat die Stadt bei der Planung der Viktoriabrücke beraten. Er engagiert sich als ehrenamtlicher Koordinator für den öffentlichen Verkehrsraum bei der Behindertengemeinschaft. Mit dem barrierefreien Gehweg auf der anderen Seite der Brücke seien die Bedingungen für Barrierefreiheit erfüllt, sagt er. Dort, wo die Brücke nicht barrierefrei ist, sei das planungstechnisch aus seiner Sicht nicht anders möglich gewesen. Die Rampe, die dort von der Brücke führt, sei die einzige Lösung.

„Die Entwicklungslänge für einen barrierefreien Fußgängerweg ist dort einfach nicht da“, so der Koordinator. Über eine mögliche Beschilderung, die Rollstuhlfahrer schon bei der Auffahrt auf die Brücke auf die Hindernisse aufmerksam macht, habe man bisher noch nicht gesprochen. Er hofft auf die geplante Erneuerung der Unterführung am alten Friedhof.

Diese will die Stadt erneuern und barrierefrei gestalten. Die Planungen für die Unterführung seien abgeschlossen und der Baubeginn für die erste Jahreshälfte 2023 geplant, so die Stadt Bonn. Die Unterführung könnte zumindest an dieser Stelle für mehr Barrierefreiheit sorgen. Für Silke S. nur ein Anfang: „Es gibt noch viel in Bonn, was mit Kinderwagen nicht zugänglich ist“.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Hier sehen Mieter rot
Neues Luxus-Quartier in Bonn Hier sehen Mieter rot
Zum Thema
Aus dem Ressort
Von GA-Redakteurin
Lisa Inhoffen
Guter Kompromiss
Kommentar zu verkaufsoffenen Sonntagen in BonnGuter Kompromiss