Reformationsjubiläum in Bonn Von Buchdruck und Bluthochdruck

Südstadt · Der Bonner Kardiologe Heyder Omran begibt sich auf „Visite mit Luther“ und führt den Reformator im Zwiegespräch durch ein modernes Krankenhaus.

 Der Bonner Arzt Heyder Omran führt bei seinem Vortrag in der Reihe "Luther und seine Welt ein Zwiegespräch mit dem Reformator.

Der Bonner Arzt Heyder Omran führt bei seinem Vortrag in der Reihe "Luther und seine Welt ein Zwiegespräch mit dem Reformator.

Foto: Barbara Frommann

„Den Paradigmenwechsel, den du angestoßen hast, mag ich“, ließ der Bonner Kardiologe Heyder Omran seinen imaginären Gesprächspartner Martin Luther wissen. Das Zwiegespräch entspann sich am Mittwochabend bei Omrans Impulsvortrag im Gemeindezentrum der Lutherkirche. Er war Gastredner in der Reihe „Luther und seine Welt“ anlässlich des Reformationsjubiläums. Die Lutherkirchengemeinde lädt dazu Prominente ein, über persönliche Bezüge zum Glauben und zu Martin Luther zu sprechen.

Omran nahm Luther als imaginären Besucher mit auf eine Visite im Sankt Marien Hospital, um zu zeigen, wo im Arztberuf sich das widerspiegelt, was der Reformator vor 500 Jahren angestoßen hat. Omran führte ihn durch Krankenzimmer, Intensivstation, Radiologie und Kardiologie.

Luther sei so manches wichtig gewesen, etwa die Aufweichung von Hierarchien und die Abschaffung des Ablasshandels. Auch für seine Arbeit sei Teamwork wichtiger als das Einhalten einer Befehlsstruktur, erklärte der Bluthochdruckspezialist dem Reformator in seinem Gedankenspiel. Was den Ablass angehe, wären wohl viele Patienten froh, wenn das mit den Krankheiten so einfach ginge wie mit den Sünden: Man bezahlt und sie verschwinden.

Kritik an Luthers ungesundem Leben

Luther forderte außerdem den mündigen Menschen, der versteht, was in der Bibel steht. Deshalb übersetzte er sie aus dem Lateinischen ins Deutsche. Wieder eine Parallele: „Medizinerlatein geht heute nur noch bedingt“, so Omran. Denn das Patientenrechtsgesetz schreibe vor, dass der Patient über sein Befinden verständlich aufgeklärt werden muss.

Heilungschancen seien durch Technik wie Röntgenstrahlen und die Möglichkeiten des Internets stark erhöht worden, sagte der Mediziner. Auch Luther habe vom Fortschritt profitiert, da seine Bibel durch den Buchdruck viel schneller verbreitet werden konnte. „Stell dir vor, du hättest das Internet zu deiner Zeit gehabt.“ Luther hatte seine Thesen, die Ärzte heute haben ihre Leitbilder und Richtlinien. Beide hätten eine Schrift, die ihnen besonders wichtig sei. „Deine Pflichtlektüre war die Bibel, bei uns ist es das deutsche Ärzteblatt.“ Omran redete aber mit Luther auch Klartext über dessen Gesundheitszustand: Im Lauf seines Wirkens sei der Geistliche übergewichtig und depressiv geworden und in Sachen Medizin nicht ganz so aufgeklärt gewesen: „Herzschmerzen sind keine Inkarnation des Teufels: Der Teufel macht keine Verstopfung und erst recht keine Depression.“

An Omrans Vortrag „Visite mit Luther“ schloss sich ein Gespräch mit Moderatorin Gitta Lampersbach und dem Publikum an. Luther sei letztendlich „der Ausdruck seiner Zeit“ gewesen, in der die Menschen Dinge wie den Ablasshandel zu hinterfragen begannen, und habe das konsequent vorangetrieben. „Wenn ich etwas bewundere an ihm, dann ist es, dass er diesen gewaltigen Mut gehabt hat.“

Die nächsten Gäste bei „Luther und die Welt“ sind am 7. Juni die Präsidentin des Oberlandesgerichts Köln, Margarete Gräfin von Schwerin.Am 6. September ist Prof. Dr. Hartmut Ihne, Präsident der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg zum Vortrageingeladen.

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