Vor dem Kita-Gipfel Dörner verärgert mit Finanzierungsvorschlag die Opposition

Bonn · Im Bonner Stadtrat äußert sich die Oberbürgermeisterin nicht, wie sie die Finanzierungslücke freier Kita-Träger in den Griff bekommen will. Wenige Stunden später folgt eine Pressemitteilung.

 Die freien Träger von Kindertagesstätten haben erhebliche Finanzierungsprobleme. Manche Einrichtungen haben schon geschlossen.

Die freien Träger von Kindertagesstätten haben erhebliche Finanzierungsprobleme. Manche Einrichtungen haben schon geschlossen.

Foto: Benjamin Westhoff

Im Stadtrat ging es am Donnerstagabend beim Thema Kinderbetreuung hoch her: Hatten doch sowohl CDU als auch der Bürger Bund Bonn (BBB) beantragt, die Stadt möge schnell die Kitakosten der freien Träger übernehmen, um weitere Schließungen von Kindergärten abzuwenden. Beide etwas voneinander abweichende Anträge, lehnte die Koalition weitgehend ab. Zur Begründung hieß es unter anderem, sie seien ohne Kosten hinterlegt. Von einem „unseriösen Vorgehen“ sprach deshalb Linken-Chef Michael Faber, der die Finanzierungsprobleme, die freie Träger in einem Brandbrief an die Stadt benannt hatten, nicht bestreiten wollte.

Dörner ließ CDU-Frage unbeantwortet

Was CDU-Fraktionschef Guido Déus besonders empörte: Seine mehrfach wiederholte Frage, mit welchen Vorschlägen die Oberbürgermeisterin Katja Dörner (Grüne) in das geplante Gespräch mit den Trägern hineingehen wolle, blieb unbeantwortet. Vor dem Treffen, so sagte Dörner, werde sie keine Auskünfte dazu erteilen.

Am Freitagmorgen dann die Überraschung: Dörner kündigte per Pressemitteilung an, die Stadt Bonn wolle die Kindertageseinrichtungen der freien Träger finanziell entlasten. Außerdem sollen die bisherigen Sonderzahlungen für den Betrieb von Kitagruppen in Höhe von 850.000 Euro fortgeführt werden.

Die OB betont, sie sehe den dringenden Handlungsbedarf und nehme die schwierige Situation der freien Träger sehr ernst. Ihr Vorschlag: Im Rahmen eines Stufenmodells soll die Stadt ab dem Kita-Jahr 2023/2024 bis zu 60 Prozent des Eigenanteils übernehmen. Hintergrund ist, dass laut dem Kinderbildungsgesetz NRW (Kibitz) die Träger von nicht-städtischen Einrichtungen einen Eigenanteil erbringen müssen, der von 10,3 Prozent bei kirchlichen Trägern bis hin zu 3,4 Prozent bei Elterninitiativen reicht.

Dörner schlägt nun vor, dass die Stadt mindestens 30 Prozent des jeweiligen Trägereigenanteils übernimmt. Träger, die Plätze für eine sogenannte befristete Überbelegung einrichten, sollen noch einmal um weitere 20 Prozent zusätzlich entlastet werden. Weitere zehn Prozent Entlastung soll es geben, wenn Träger der Stadt einen Anteil ihrer Betreuungsplätze zur Belegung durch die Stadt zur Verfügung stellen.

Eher verhalten die Reaktion aus der freien Trägerschaft: Dietmar Pistorius, Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Bonn, sieht den Vorschlag der Verwaltung als „einen Einstieg“. Man müsse allerdings über diesen Vorschlag hinaus weiter im Gespräch bleiben. Denn: „Bislang reden wir dabei nur über den Trägeranteil nach dem Kinderbildungsgesetz und nicht über die tatsächlichen Trägerkosten, die deutlich höher sind.“ Damit meinte er unter anderem die sogenannten Overheadkosten wie Verwaltungsarbeit. Seitens der Träger müsse zudem geprüft werden, ob die Höhe von maximal 60 Prozent Übernahme der Trägerkosten durch die Stadt ausreichend seien und die Bedingungen akzeptabel.

Thomas Neuhoff, Geschäftsführer des Gemeindeverbandes der Katholischen Kirchengemeinden, sagte: „Wir begrüßen es, dass die Stadt bzw. die Oberbürgermeisterin auf die freien Träger zugeht. Es ist Bewegung in der Sache – alles Weitere werden kommende Zusammentreffen und Gespräche mit der Verwaltungsspitze zeigen.“

Verhaltene Reaktion der Träger

Barbara König ist Geschäftsführerin der Awo Bonn/Rhein-Sieg, die in Bonn ebenfalls Kitas betreibt. Auch sie sieht den Vorschlag der Stadt nur als einen „Einstieg“. Schließlich sei es „ein Unding, dass die Träger auch noch selbst Geld mitbringen müssen, wenn sie eine pädagogisch hochwertige Kita-Versorgung sicherstellen“. Zwar habe sie sich angesichts der derzeitigen Kita-Krise eine vollständige Übernahme der Kosten durch die Stadt gewünscht. „Wir sehen die Pläne aber vor allem als ein wichtiges politisches Zeichen.“ Kritisch sieht sie den Punkt mit der Überbelegung, für die die Träger nochmals eine Reduzierung ihres Anteils erhielten. „Das wird bei dem akuten Fachkräftemangel ins Leere laufen.“

Dass Dörner in der Ratssitzung keinerlei Angaben zu ihren Plänen machte, wenige Stunden später aber einen Vorschlag veröffentlichte, kritisierten sowohl CDU als auch BBB am Freitag scharf. „Die OB hat mit ihrem Vorgehen erneut die Rechte des Rates bewusst missachtet“, teilte Déus mit. Nach der Gemeindeordnung habe sie eine Unterrichtungspflicht gegenüber dem Rat über alle wichtigen Angelegenheiten der Gemeinde. Er kündigte an, dass die CDU in der Sache die Aufsichtsbehörde einschalten werde. Schmitt äußerte sich ähnlich: „Katja Dörners Verhalten gegenüber Teilen des Stadtrates ist aus demokratischer Sicht mehr als bedenklich.“

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