Stadtverwaltung einen Tag auf Tour Vor Fronleichnam sind alle Ämter geschlossen

BONN · Am Tag vor Fronleichnam lädt die Stadtverwaltung ihre rund 6070 Mitarbeiter wieder zum Betriebsausflug ein. Am Mittwoch, 3. Juni, sind sämtliche Ämter ganztägig für den Publikumsverkehr geschlossen - also auch Dienstleistungszentrum, Bürgerämter, Standesamt, Kfz-Zulassungs- und Führerscheinstelle.

Erreichbar ist nur das Bürgertelefon (02 28/7 70), wo Anliegen aufgenommen und weitergeleitet werden können.

Der Bund der Steuerzahler in NRW sieht den Betriebsausflug kritisch. "Das zeugt von wenig Fingerspitzengefühl der Stadtverwaltung", sagt Sprecherin Bärbel Hildebrand. Schließlich habe Bonn wegen seiner Finanzprobleme gerade ein Haushaltssicherungskonzept beschließen müssen. "Wenn sie gleichzeitig höhere Grundsteuern bezahlen müssen, ist so ein großzügig gewährter Betriebsausflug für die Bürger schwer nachvollziehbar."

Der Tag gilt für jeden teilnehmenden Mitarbeiter als Arbeitszeit. Wer nicht mitfährt, kann arbeiten, Urlaub nehmen oder Überstunden abbauen. Die Ämter legen die Ziele selbst fest. Das Amt für Organisation und Informationstechnologie und das Personalamt planen zum Beispiel Ausflüge nach Beuel mit Besuchen im Arboretum Park Härle, dem Heimatmuseum und der Leitstelle im Polizeipräsidium. "An den Kosten der Ausflüge beteiligt sich die Stadt nicht", erklärt Vize-Stadtsprecher Marc Hoffmann. Es entstünden keine zusätzlichen Personalkosten: Die Arbeitsleistung des Ausflugstages werde an den Folgetagen erbracht.

Eine städtische Planstelle kostet im Jahr durchschnittlich rund 50 000 Euro (mit Arbeitgeber-Nebenkosten). Macht bei 201 Arbeitstagen im Jahr etwa 245 Euro pro Arbeitstag und Stelle. Wenn sich also auch nur die Hälfte der Mitarbeiter am Betriebsausflug beteiligt, verfließt dabei "Arbeitszeit" im Gegenwert von mehr als 700.000 Euro.

"Die meisten Kollegen nehmen am Betriebsausflug teil", sagt der Personalratsvorsitzende Christoph Busch. Dass die Zeit als Arbeitszeit gilt, haben Stadtverwaltungsspitze und Personalrat in einer Dienstvereinbarung festgehalten. Die garantiert den Mitarbeitern noch zwei weitere Dienstbefreiungen: an Weiberfastnacht (halber Tag) und Rosenmontag (ganztägig). Sie bekommen vom Dienstherrn also 2,5 Arbeitstage im Jahr "geschenkt".

"Diese Regelung kann nicht einseitig geändert werden", betont Busch. Sie diene der Motivation, habe mit Unternehmenskultur und Brauchtum zu tun. Der Leistungsdruck in der Verwaltung sei in den vergangenen Jahren immer stärker gewachsen: "Deshalb haben wir da auch kein schlechtes Gewissen." Dem stimmt Ernesto Harder zu. "Es ist fürs Arbeitsklima wichtig, solche Angebote zu machen", findet der SPD-Fraktionsvorsitzende - ebenso wie CDU-Fraktionsgeschäftsführer Georg Fenninger. Im Grundsatz würde das auch Tom Schmidt, Fraktionsgeschäftsführer der Grünen, unterschreiben. Er hätte sich aber gewünscht, dass der Probelauf, zu dem am 5. Mai rund 3000 Stadtmitarbeiter ins WCCB beordert worden waren, als Betriebsausflug deklariert worden wäre. Diese Idee scheiterte am internen Widerstand.

"Ich halte es für wenig dienstleistungsfreundlich und für unzeitgemäß, eine Verwaltung für einen Betriebsausflug komplett für den Kundenverkehr zu schließen", kritisiert FDP-Fraktionschef Werner Hümmrich. Bernhard Wimmer vom Bürger Bund Bonn (BBB) stört sich vor allem am Termin. "Den ausgerechnet vor Fronleichnam mit anschließendem Brückentag zu legen, ist töricht", meint der BBB-Chef, der in der Bonner Verwaltung früher selbst Dezernent war. Der Termin habe Tradition, hält Personalrat Busch dagegen. "Wenn die Kollegen am nächsten Tag frei haben, können sie abends noch gemeinsam feiern." Das Presseamt verweist darauf, dass es ein Tag sein müsse, an dem die Bürgerdienste ohnehin nur bis 13 Uhr geöffnet hätten. Und bei Urlaubsanträgen für den Brückentag am 5. Juni müssten die Dienststellenleiter grundsätzlich dafür sorgen, dass die Bürgerbedienung sichergestellt sei.

Nach dem Brückentag Andrang in Meldeämtern

Am Freitag, 5. Juni, dem Tag nach Fronleichnam, wird es eng im Dienstleistungszentrum im Stadthaus (Kfz-Zulassungsstelle, Führerscheinstelle, Bürgeramt). Die Stadt rechnet mit "sehr hohem Besucheraufkommen", wie das Presseamt mitteilt. Es empfiehlt dringend, nur mit einem vereinbarten Termin zu kommen. Die Mitarbeiter, auch den Außenstellen Beuel und Bad Godesberg, seien zwar vorbereitet, könnten aber wohl nicht alle Besucher bedienen, die den Tag für einen Behördengang nutzen wollen.

Daher sollte vorsorglich ein anderer Termin reserviert werden unter Tel. 0228/77 66 77 oder 77-0, persönlich im Stadthaus an der Anmeldung im Dienstleistungszentrum oder online auf www.bonn.de/@termine

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