Kritische Töne in der EU-Lärmstudie Vorsitzender des Umweltausschusses und Ulrich Kelber stellen Studie vor

BONN · Verkehrslärm stellt nach der Luftverschmutzung weltweit das zweitgrößte Gesundheitsrisiko dar. Das hat im vergangenen Jahr eine Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO festgestellt - mit schwerwiegenden Folgen wie Herzinfarkten und anderen Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Schlafstörungen, Stress und der neuen Volkskrankheit Tinnitus.

 Die aktuelle Lärmstudie der EU stellten Ulrich Kelber (3. von links) und Matthias Groote (2. von rechts) Bürgerinitiativen vor.

Die aktuelle Lärmstudie der EU stellten Ulrich Kelber (3. von links) und Matthias Groote (2. von rechts) Bürgerinitiativen vor.

Foto: Max Malsch

Jetzt hat die EU nachgezogen. Seit Ende März liegt die Studie "Towards A Comprehensive Noise Strategy" vor, und der Titel "Hin zu einer umfassenden Lärmstrategie" lässt schon darauf schließen, dass das Papier nur ein Anfang ist. Am Donnerstag stellten der EU-Parlamentarier und Vorsitzende des Umweltausschusses des Europäischen Parlamentes, Matthias Groote, und der Bonner Bundestagsabgeordneter Ulrich Kelber (beide SPD) die Studie rund 20 Vertretern von Bürgerinitiativen vor, die sich vornehmlich gegen den Bahnlärm engagieren.

Die EU-Studie nimmt sich alle Lärmquellen vor: vom unterschwellig Stress verursachenden Summen von Computern am Arbeitsplatz bis hin zu Flug- und Bahnlärm. Immerhin sind laut Studie mehr als die Hälfte aller EU-Bürger von Verkehrslärm von 55 Dezibel und mehr betroffen. Dennoch, kritisiert die Studie, setze die EU-Umgebungslärmrichtlinie (Environmental Noise Directive) weder Obergrenzen für Lärm fest noch benenne sie spezielle Maßnahmen in konkreten Aktionsplänen.

"Ja, wir sind noch am Anfang eines langen Prozesses", sagte denn auch Groote. Mit ein Grund sei, dass viele EU-Mitgliedstaaten zurzeit mit ganz anderen, elementaren Problemen zu kämpfen haben: Stichwort Wirtschaftskrise. ein anderes Problem sei die uneinheitlichen Messverfahren in den einzelnen Ländern.

Sein Rat an die Initiativen: eine europäische Bürgerinitiative. Sammele man eine Million Unterschriften in sieben Mitgliedsstaaten, davon 250 000 in Deutschland, seien die Kommission und das EU-Parlament gezwungen, die Sprecher anzuhören. "Dann kommt Schwung in die Sache", meinte Groote.

Franz-Josef Feldmann, beim Bundesumweltministerium unter anderem für die Umsetzung einer EU-Umgebungslärmrichtlinie zuständig, sieht indes kaum Chancen für eine EU-weite Einigung: "Ich sehe nicht, wie wir uns auf einen ambitionierten Grenzwert einigen können. Die Interessen von etwa Rumänien und den Niederlande liegen doch meilenweit auseinander." Seiner Ansicht nach komme man nur auf nationaler Ebene weiter.

Betriebsbeschränkungen für laute Waggons, beispielsweise Nachtfahrverbote für solche Wagen, ließe die Gesetzgebung bereits heute zu. Nur wenn man solche Beschränkungen national durchsetze, würde sich die EU gezwungen sehen, entsprechende Richtlinien EU-weit auf den Weg zu bringen.

Ein Vorschlag, der von Aktivisten wie etwa Gerd Kirchhoff, Vorsitzender des BIN gegen Bahnlärm (Bürger Initiativen Netzwerk), begrüßt wurde: "Freier Güterverkehr bedeutet ja nicht uneingeschränkte Durchfahrerlaubnis."

Anti-Lärm-Aktionen

Die Bürger Initiativen Netzwerk gegen Bahnlärm laden für Freitag, 19. April, 19 Uhr zu einem Infoabend in den Gemeindesaal St. Elisabeth, Bernhard-Custodis-Straße 1 in Bonn, ein. Am Tag gegen Lärm am Mittwoch, 24. April, lädt die Stadt zu einem Lärmspaziergang ein. Treffpunkt ist um 17 Uhr am Eingang der Botanischen Gärten, Meckenheimer Allee 171. Am Sonntag, 28. April, veranstalten mehrere Initiativen um 15 Uhr ab Hauptbahnhof eine Demonstration mit Kundgebung auf dem Marktplatz.

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