Junge Frau betrogen Vermeintliche Wahrsagerin aus Bonn muss Geld zurückzahlen

Bonn · Das Amtsgericht hat eine vermeintliche Wahrsagerin aus Bonn zu einer Rückzahlung von mehr als 18.000 Euro verurteilt, nachdem sie eine junge Frau um ihr Vermögen betrogen hatte. Dabei ging sie äußerst dreist vor.

 Eine vermeintliche Wahrsagerin wurde vor dem Bonner Amtsgericht verurteilt.

Eine vermeintliche Wahrsagerin wurde vor dem Bonner Amtsgericht verurteilt.

Foto: picture alliance/dpa/Sebastian Kahnert

18.620 Euro müssen eine vermeintliche Wahrsagerin und ihr Sohn einer jungen Frau aus Bonn zurückzahlen: Die vierte Zivilkammer am Bonner Amtsgericht sah es nämlich als erwiesen an, dass das Duo eine 37-jährige Frau um nahezu ihr gesamtes Vermögen geprellt hatte. Dem Urteil war ein Vergleichsvorschlag des Gerichts vorangegangen, der für die Hellseherin und ihren Filius rund 3000 Euro günstiger gewesen wäre. Weil sie das Angebot aber nicht angenommen hatten, fällte das Gericht nun ein Urteil.

Die Vorgeschichte klingt gleichermaßen skurril wie dreist: Im Frühjahr 2018 kam die 37-jährige Klägerin nach einem Klinikaufenthalt per Whatsapp auf die Seherin zu, die sich im Internet auch als spirituelle Lebensbegleiterin andiente.

Ihre neue Kundin litt unter den Folgen einer Psychose und mochte vorerst nicht in ihre eigene Wohnung zurückkehren. Kein Problem: Offenbar erkannte die Hellseherin schnell, welche Möglichkeiten sich aus der hilflosen Situation der Mittdreißigerin für sie ergeben könnten und ließ die Frau mit Sack und Pack bei sich einziehen. Allzu umfangreich war die Habe der Hilfsbedürftigen nicht – umfasste aber immerhin einen Apple-Computer, einen Laptop, ein Mobiltelefon sowie jeweils eine Tüte mit Schmuck und eine Tüte mit Kosmetika. Das alles brachte die Klägerin aus ihrem Kleinwagen, einem Mini, in die Wohnung ihrer neuen Gastgeberin.

Nachdem alles eingeräumt war, ging die „Lebensbegleiterin“ mit ihrem neuen Schützling erst einmal shoppen: Die beiden Frauen besuchten ein Einkaufszentrum in den Niederlanden, zuvor hatten sie schon für 350 Euro Naturheilmittel in einer Apotheke besorgt. Die sollten die von der Uniklinik verordnete antipsychotische Medikation ersetzen und wurden selbstredend von der 37-Jährigen bezahlt. Die hatte nämlich zu jener Zeit noch Ersparnisse von rund 20.000 Euro, die sie aber auf Initiative ihrer Gastgeberin im März 2018 „zur Sicherheit“ an deren Sohn überwies.

Hellseherin und Sohn verkaufen Sachen ihres Opfers

Am 22. März trat die 37-Jährige dann eine Reise in die Vereinigten Staaten an. Über das Motiv der nur fünftägigen Reise konnten dem Gericht weder Klägerin noch Beklagte belastbare Angaben machen. Offenbar nutzten aber die Beklagte und ihr Sohn die Zeit, um die Habe der Abwesenden zu Geld zu machen: So gab es wohl erste Bemühungen, die alte Wohnung der USA-Reisenden aufzulösen.

Weiter fortgeschritten war der Verkauf des Autos: Für 6500 Euro verscherbelte der Sohn der „Lebensbegleiterin“ den Mini nachdem er ihn zuvor in eine Hinterhofwerkstatt hatte umlackieren lassen. Von all dem bemerkte die 37-Jährige nichts. Direkt nach ihrer Rückkehr aus den USA im April 2018 musste sie sich nämlich notfallmäßig erneut in eine psychiatrische Klinik einweisen lassen. Die Sache flog erst auf, als ihre Schwester nach einigen Tagen ihre Sachen holen wollte und nichts mehr da war. Der Kammervorsitzende Klaus Haller hatte sich nach ausführlicher Beweisaufnahme bereits beim Gütetermin im vergangenen November überzeugt gezeigt, dass die beklagte Hellseherin die Psychose ihres Gastes zu ihrem eigenen finanziellen Vorteil ausgenutzt hat. Über den Verbleib der Habe und des Geldes der jungen Frau machte die Wahrsagerin nämlich komplett widersprüchliche Angaben.

Zunächst behauptete sie, dass ihr Gast ja in den Staaten bleiben wollte und sie daher alles verkaufen sollte. Da der Rückflug aber bereits gebucht war, mochte ihr das so recht niemand glauben. Darauf beteuerte sie, dass sie ja fast alles zurückgezahlt habe. Weil auch das nicht der Wahrheit entsprach, endete die Verhandlung mit einem offenen Wutausbruch der Beklagten.

Immerhin: Ihren elektronischen Geräte hat die Klägerin mittlerweile zurückerhalten – allerdings ohne die in der Zwischenzeit geänderten Zugangsdaten. Und auch das umlackierte Auto ist inzwischen wieder aufgetaucht: Dessen ahnungsloser Käufer will nun den Sohn der Hellseherin ebenfalls verklagen.

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