Streit um Bild im Carl-von-Ossietzky-Gymnasium Wandgemälde in den Heizungskeller verbannt

Ippendorf/ückesdorf · Der Maler und Bildhauer Egbert Verbeek kritisiert, wie sein einstiges Gymnasium in Bonn-Ückesdorf mit seinem Geschenk umgeht. Er hatte es einst als junger Mann für seine Schule gemalt. Es sollte ein künstlerisches Dankeschön sein.

 Egbert Verbeek.

Egbert Verbeek.

Foto: Eva Pöll-Verbeek

Die kompletten Sommerferien hatte Egbert Verbeek geopfert, um in seiner Schule als Dankeschön für die außergewöhnliche Förderung ein wandfüllendes Bild zu malen. Da war er in der zwölften Klasse, Unterprima nannte man das damals noch. Er erinnert sich heute noch gut an die Verwunderung und das Kopfschütteln einiger Mitschüler. Das ist lange her. 46 Jahre. Und immer habe das Wandbild im Foyer des Carl-von-Ossietzky-Gymnasiums in Ückesdorf gehangen, es sei denn, die Schule wurde saniert oder das Kunstwerk im Auftrag der Stadt restauriert. Doch jetzt hat der Ippendorfer Maler und Bildhauer Verbeek erfahren, dass sein Bild dort nicht mehr hängt.

Surreale Atmosphäre einer Schreckensvision

Warum das so ist, habe er trotz mehrmaligem Nachfragen bei der Direktorin nicht herausfinden können. „Es soll gut gesichert im Heizungskeller eingelagert sein“, sagt er. Auf Nachfrage des General-Anzeigers lässt Schulleiterin Marie Krahé-Feller über die Sekretärin mitteilen, dass „Herr Verbeek das Bild abholen kann“.

Das Schulamt kann mehr zum Sachverhalt beisteuern: Bei einer Brandschutzbegehung sei festgestellt worden, dass ein neuer Ort für Schließfächer gefunden werden muss, damit Fluchtwege nicht versperrt sind. „Die Fächer ließen sich nur dort aufstellen, wo vorher das dreiteilige Bild gehangen hat. Das Kunstwerk ist so groß, dass kein anderer Platz ausfindig gemacht werden konnte.“ Verbeek ist irritiert. „So kann eine Schule als öffentliche Einrichtung grundsätzlich nicht mit dem Geschenk eines Künstlers umgehen.“

Gemalt hat Verbeek von Kind an. Das 2,90 mal 4,50 Meter große Wandbild, das der 18-Jährige 1972 für das Foyer des Carl-von-Ossietzky-Gymnasiums, das damals schlicht Städtisches Gymnasium Bonn-Röttgen hieß, angefertigt hat, ist sein erster öffentlicher Auftritt als Künstler. „Höhlenblick“ hat er es genannt, und es trägt sichtbar bereits Leitthemen, die auch die späteren Arbeiten bestimmen: der leidende Mensch, die geschundene Schöpfung und das Spannungsfeld von Sterben und Werden. „Auf der einen Seite steht die surreale Atmosphäre einer Schreckensvision, auf der anderen der Blick aus der Dunkelheit, aus der Höhle, zu einem strahlenden Licht der Hoffnung“, erläutert Verbeek.

Dankbar für die Chance

Wie kommt ein junger Mann dazu, seiner Schule ein solches Bild zu schenken? Alle fünf Jungs der Familie Verbeek gingen aufs Beethovengymnasium. Egberts Schulnoten verschlechterten sich im Lauf der Zeit dramatisch. Acht Fünfer auf dem Zeugnis. Zweimal die Klasse wiederholt – das bedeutete das Aus. Den Grund dafür gibt Verbeek freimütig zu: Drogenkonsum. Doch er habe sich nach einer erschütternden Erfahrung aus freien Stücke davon befreit. „Nach einem Konzert von Deep Purple und Pink Floyd in Düsseldorf und meiner Beobachtung, dass Drogen Menschen zu willenlosen Kreaturen machen, war Schluss.“ Und er wollte das Abitur machen. Die Mutter intervenierte beim Schulrat in Düsseldorf. Verbeek bekam noch eine Chance – auf dem Carl-von-Ossietzky-Gymnasium. 1970 war die Schule in den Neubau in Ückesdorf eingezogen.

„Nachprüfung. Ich schlotterte vor Angst und hätte es versemmelt, hätte mir der damalige Direktor nicht auf unkonventionelle Art geholfen.“ Die Übersetzung eines lateinischen Textes war für den Schüler eine unlösbare Aufgabe. Der Direktor habe das sehr wohl bemerkt. „Da hat er mir, ich traute meinen Ohren nicht, die Übersetzung zugeflüstert.“ Das Abitur habe er schließlich mit sehr guten Noten gemacht. „Und ich bin heute noch dankbar für diese Chance – entgegen allen Vorschriften.“ Mit dem Wandbild für die Schule habe er sogar sein erstes Geld als Künstler verdient. „,Höhlenblick' ist auch die Botschaft, dass Lehrer ihre Schüler nicht nur nach ihrem Potenzial, gemessen am abgefragten Schulstoff taxieren, sondern auch ihre individuelle Entwicklung fördern sollen.“

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