Gemeinsamer Warnstreik Fridays for Future und SWB-Beschäftigte demonstrieren in Bonn

Bonn · Mit einem Warnstreik hat die Gewerkschaft Verdi am Freitag den öffentlichen Nahverkehr in Bonn lahmgelegt. Der Streik fand zeitgleich mit einem globalen Klimastreik von Fridays for Future statt.

 Am gemeinsamen Streiktag demonstriert Fridays for Future mit SWB-V/FBG Bonn-Beschäftigten für unter anderem die Verkehrswende.

Am gemeinsamen Streiktag demonstriert Fridays for Future mit SWB-V/FBG Bonn-Beschäftigten für unter anderem die Verkehrswende.

Foto: Benjamin Westhoff

Die einen fordern mehr Lohn, die anderen eine Verdopplung des Schienen- und Nahverkehrs bis 2030: Mit einem Warnstreik hat die Gewerkschaft Verdi am Freitag den öffentlichen Nahverkehr in Bonn lahmgelegt. Zeitgleich fand ein globaler Klimastreik der Klimabewegung Fridays for Future (FFF) statt.

Versammelt haben sich laut Schätzung der Polizei rund 150 Beschäftigte am Betriebshof der Stadtwerke Bonn (SWB) an der Neustraße in Beuel. Zusammen zogen sie ab 10.25 Uhr durch Bonn. Ziel war der Münsterplatz, auf dem bis 13 Uhr eine Kundgebung stattfand. Dort erwarteten sie bereits die FFF-Demonstranten.

Klebeaktion der „Letzten Generation“ auf der Adenauerallee

Schon vor der Kundgebung, gegen 8 Uhr morgens, hatten sich zwei Klimaaktivisten der Gruppe „Letzte Generation“ auf die Fahrbahn der Adenauerallee nahe Tempelstraße geklebt. Die Polizei brauchte gut zwei Stunden, um beide von der Straße zu bekommen. In der Zwischenzeit wurde der Verkehr vorbeigeleitet. Die Polizei richtete außerdem eine Umleitung über die Reuterstraße ein. Die Auswirkungen auf den Verkehrsfluss hielten sich in Grenzen. Der 44-Jährige und der 53-Jährige waren in Begleitung von einem weiteren Erwachsenen und einem Jugendlichen. Diese beiden beschränkten ihren Protest, die Regierung tue zu wenig, um den Klimawandel abzumildern, auf einen Sitzstreik.

Die Gewerkschaft Verdi hatte anlässlich der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst zu dem Branchen-Streiktag aufgerufen. Sie fordert 10,5 Prozent mehr Lohn, mindestens 500 Euro mehr für Beschäftigte und 200 Euro mehr für Auszubildende. FFF verlangt indes eine Verdopplung des Schienen- und Nahverkehrs bis 2030.

SWB-Betriebsratsvorsitzende distanziert sich von „Klimaklebern“

„In meinen Augen sind die Verhandlungen gescheitert, weil das Angebot eine Frechheit ist“, sagte Marion Böhm, SWB-Betriebsratsvorsitzende. „Die fünf Prozent für 27 Monate reichen nicht mal für den Inflationsausgleich.“ Unter diesen Bedingungen sei es schwierig, Werkstattpersonal, aber vor allem Bus- und Bahnfahrer zu bekommen. „Die können das nicht mit ihrer Work-Life-Balance vereinbaren.“ Böhm ist sich sicher, dass Klimawendel nicht ohne ÖPNV funktioniert – und der wiederum braucht Personal. „Ohne schaffen wir die Verkehrswende nicht“, sagte sie. „Deswegen ist der gemeinsame Streik mit FFF heute wichtig. Wir harmonisieren zwar nicht immer, aber gehören trotzdem zusammen.“ Zugleich machte sie deutlich: „Von den Klimaklebern auf der B 9 distanzieren wir uns.“

Auch Lasse Scherbarth von FFF Bonn war von dem Vorfall nicht angetan. „Wir verstehen das Anliegen der Klimakleber von ‚Letzte Generation’ und stehen auch dahinter. Für den heutigen Anlass war das aber unangemessen“, sagte er. „Viele, die zu unserer Demonstration kommen wollten, haben den Weg nicht hergefunden.“ Außerdem befürchtet er, dass die Skepsis von Verdi gegenüber „Letzte Generation“ nun auf FFF zurückfällt. Den gemeinsamen Warnstreik hält er für sehr wichtig. „Uns ist es ein Anliegen, Klimagerechtigkeit und soziale Gerechtigkeit zusammenzubringen. Es braucht mehr Beschäftigte für die Verkehrswende“, so Scherbarth.

Dass Verdi und FFF zusammen streiken, hält auch Ewald Baum aus dem Vorstand des Verkehrsclubs Deutschland für sinnvoll. Er ist aus Windeck angereist, um sich die Demo auf dem Münsterplatz anzuschauen – bis Siegburg hat er die Bahn genommen, ab da das Fahrrad. „Vielleicht sieht man Verdi ab jetzt ja auch öfter auf Klimademos“, so Baum.

„Was FFF fordert, hat relativ wenig mit unserem Streik zu tun“

Nicht komplett überzeugt ist dagegen ein SWB-Busfahrer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. „Durch die Verkehrswende haben wir zwar einen gemeinsamen Nenner, aber was FFF hier gerade fordert, hat relativ wenig mit unserem Streik zu tun“, sagte er. Seine Einschätzung sei allerdings: je mehr Menschen, desto mehr Aufmerksamkeit. Sein Kollege ergänzte: „Wenn wir die Leute von FFF dazu kriegen, sich als Busfahrerinnen und Busfahrer zu bewerben, wäre es ja super.“ Dafür ist zumindest FFF-Demonstrantin Maja Pietrzyk nicht zu begeistern. „Es ist ein total wichtiger Job, aber für mich ist das unattraktiv. Die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen sind einfach zu schlecht“, sagte sie.

Darüber, dass FFF sich mit ihm und seinen Kollegen solidarisiert, freute sich Busfahrer Frank Kübler. „Sie verstehen unsere Forderungen, und die sind komplett gerechtfertigt“, so das Betriebsratsmitglied. Darin habe ihn auch eine Passantin bestärkt, die er am Morgen des Streiks getroffen hat. „Ich war dafür verantwortlich, dass kein Bus mehr aus Friesdorf rausfährt. Da kam eine Fahrradfahrerin und sagte, dass sie unseretwegen zwar mit dem Fahrrad von Bad Godesberg nach Bonn fahren muss, aber hofft, dass wir bekommen, was wir fordern.“

Ähnlich äußerte sich FFF-Hauptorganisatorin Maria Vreden Bascon: „Der ÖPNV-Ausbau funktioniert nur, wenn es Leute gibt, die die Busse und Bahnen fahren. Und die müssen entsprechend entlohnt werden“, sagte sie.

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