Die Folgen des Verwaltungsgerichtsurteils Warum Fahrverbote in Bonn teuer werden

Bonn · Für Verbraucher kann es künftig teuer werden. Die Fahrverbote auf der Reuterstraße und dem Belderberg werden auch Unternehmen treffen – und damit indirekt auch deren Kunden. Gerade kleine Handwerksbetriebe wissen noch kaum, wie sie mit der Situation umgehen sollen.

So wie Jürgen Brustkern. Er hat einen Dachdeckerbetrieb in Bad Godesberg und fährt jeden Tag mit seinem Mercedes-Sprinter über die Reuterstraße, manchmal auch mehrmals – die Straße, wo es ab April kommenden Jahres laut Gerichtsurteil für Dieselkraftfahrzeuge mit Motoren bis Euro 5 und Benziner der Klassen Euro 1 und 2 Fahrverbote geben wird.

„Rein theoretisch müsste ich dann die Preise erhöhen“, erklärt Brustkern. Denn dadurch, dass er künftig die Reuterstraße umfahren müsse, dauerten die Anfahrten länger. Das koste Zeit und Geld. Er ist sich allerdings unsicher, ob er das mit Blick auf seine Kunden tatsächlich machen kann. Nur eins ist sicher: Ein neues Auto kaufen kann er sich nicht. Da geht es ihm so, wie vielen anderen kleinen Handwerksunternehmen.

60 000 Euro würde Armin Klein, Inhaber und Geschäftsführer der Bäckerei Elmar Klein aus Bornheim, ein neues Auto kosten. Er benötigt Spezialautos mit Kühlung und speziellen Maßen. Insgesamt hat er drei Autos, mit denen er auch seine elf Filialen beliefert. Einige davon sind auch in Bonn. „Man steht in Bonn sowieso schon nur im Stau“, erklärt Klein. Ganz so schlimm werde es für ihn allerdings nicht, weil seine Bonner Filialen eher im Bonner Norden liegen. Er fährt nicht regelmäßig über die Reuterstraße.

Auf Reuterstraße angewiesen

Ganz im Gegensatz zu Thomas Radermacher von der Kreishandwerkerschaft, der eine Schreinerei in Meckenheim mit 15 Mitarbeitern hat und ständig in die Bonner Südstadt, aber auch nach Dottendorf, Kessenich und Gronau muss: „50 Prozent meiner Kundschaft wohnt in diesen Stadtteilen“, erklärt der Kreishandwerksmeister. „Wie soll ich da künftig hinkommen?“ Die Antwort seien wohl Schleichwege. „Dann werden die Emissionen eben an anderer Stelle verteilt.“ Auch er vermutet, dass sich das Fahrverbot künftig auf seine Preise auswirken wird: „Wir werden neu kalkulieren müssen“, überlegt Radermacher, der für seinen Betrieb fünf Fahrzeuge hat – alles Diesel. „Um neue Autos anzuschaffen, müsste man viel investieren.“

Auf der anderen Seite nähmen viele Aufträge künftig mehr Zeit in Anspruch, wenn er durch die engen Straßen in Wohngebiete fahren müsse. So oder so würde es wohl teurer für seine Kunden. Aber nicht nur er sei betroffen, betont Radermacher: Alle Handwerker, die mit ihrer Dienstleistung zum Kunden kämen, also auch Elektroniker, Dachdecker, Maler und Betriebe aus dem Lebensmittelhandel. „Im Handwerk herrscht große Ratlosigkeit und Fassungslosigkeit“, fasst er die Stimmung zusammen.

Auch der Inhaber der Bonner Bäckerei Rott ist auf die Reuterstraße angewiesen: „Ich kann eigentlich nicht aufhören, über die Reuterstraße zu fahren“, sagt er. Wenn das wegen des Fahrverbots nicht mehr ginge, müsste er rechts und links vorbeifahren.

Weniger Probleme für große Unternehmen

Allerdings ist er fein raus aus der Sache, wie er erklärt: Da die Leasingverträge für seine Flotte ausgelaufen waren, hat er gerade erst neue Autos bestellt. Glück gehabt. Die sechs neuen Autos, um seine 21 Filialen zu beliefern, kommen wahrscheinlich noch in diesem Jahr. Allerdings weiß er als stellvertretender Kreishandwerksmeister auch, dass viele Bäcker kein Geld für neue Autos haben. In der Region Bonn/Rhein-Sieg gebe es noch insgesamt 63 Bäckereibetriebe.

Die großen Unternehmen werden wohl weniger Probleme bekommen. Die Flotte der Deutschen Telekom wird in drei bis maximal fünf Jahres-Zyklen getauscht. Das heißt, die meisten Fahrzeuge sind höchstens drei Jahre alt, manche bis zu fünf Jahre. Bei den Neuanschaffungen werde immer auf neueste Dieseltechnik geachtet, weshalb fast alle Fahrzeuge mit Euro 6 ausgestattet seien, erklärt Pressesprecher Peter Kespohl. Davon ausgenommen sind einige wenige Spezialfahrzeuge, für die man notfalls um eine tageweise Ausnahmegenehmigung bei der Stadt bitten müsste.

Bei der Post sieht es ähnlich aus. Der Bonner Dax-Konzern teilt auf Anfrage mit, die überwiegende Zahl seiner konventionellen Fahrzeuge (einschließlich Firmen- und Geschäftsfahrzeuge) entspreche den Euro-Normen 5 und 6.

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