Radwege, mehr Busse, Hilfe für Obdachlose Was Kinder in Bonn sich von Bundestagskandidaten wünschen

Bonn · An diesem Montag ist Weltkindertag und am nächsten Sonntag wird der neue Bundestag gewählt. Das sind zwei gute Gründe, sich an einem Bonner Gymnasium umzuhören: Was wünschen sich die Kinder von den Bundestagskandidaten?

 Die 14-jährigen Schülerinnen und Schüler der neunten Klasse am Clara-Schumann-Gymnasium haben an die neuen Bundespolitiker klare Erwartungen.

Die 14-jährigen Schülerinnen und Schüler der neunten Klasse am Clara-Schumann-Gymnasium haben an die neuen Bundespolitiker klare Erwartungen.

Foto: Benjamin Westhoff

Das Motto des Weltkindertags an diesem Montag lautet „Kinderrechte jetzt“. Vor dem Hintergrund des Klimawandels, der wachsenden Armut in Familien und den Folgen der Corona-Pandemie insbesondere für Kinder und Jugendliche ist es für das Kinderhilfswerk UNICEF – wenige Tage vor der Bundestagswahl – umso wichtiger, auf die Situation der jungen Generation aufmerksam zu machen. Der GA hat sich in einem neunten Schuljahr im Clara-Schumann-Gymnasium umgehört und einige Schülerinnen und Schüler – alle 14 Jahre alt – nach ihren Anliegen und Wünschen an die Bonner Bundestagskandidaten befragt. Eine erste Erkenntnis: Keiner der sieben Kandidaten, die in der Bundesstadt um ein Direktmandat für Berlin konkurrieren, ist den 14-Jährigen auf Anhieb bekannt.

Auch auf andere Fragen zur aktuellen Bundespolitik kommt von den Jugendlichen erst einmal nur ein Achselzucken. „Oh, da müssen wir ja was nachholen“, meint ihr Politiklehrer Jochen Leyhe, der die Klasse seit diesem Schuljahr unterrichtet. „Eigentlich hättet ihr das im letzten Jahr durchnehmen müssen.“ „Da war doch Corona“, entgegnen die Schüler. Wochenlang mussten sie wegen der Pandemie zu Hause lernen.

Das Interesse am Klimaschutz ist groß

So richtig Interesse an der Bundespolitik, das hat niemand von ihnen, geben sie zu. Jedenfalls jetzt noch nicht. Antonia fällt dann doch ein Thema ein, das sie interessiert: „Klimaschutz.“ Die Klassenkameraden nicken zustimmend. Ja, das finden sie alle wichtig. Schließlich haben sie die Zukunft noch vor sich. Gemeinsam mit ihren Freundinnen Shana und Clara war Antonia auch auf Demonstrationen von Fridays for Future, berichtet sie.

Zu Hause reden bei den meisten die Eltern viel über die große Politik und die Spitzenkandidaten der Parteien, erzählen sie. „Da war doch der Laschet, der so gelacht hat“, erinnert sich einer der Jungen an ein Gespräch. Das haben sie alle mitbekommen, vorwiegend übers Internet, über das sich die meisten informieren, was so auf der Welt los ist. „Wir haben zu Hause auch den General-Anzeiger und ich gucke manchmal Nachrichten im Fernsehen“, sagt Clara. Was war denn so schlimm daran, dass Laschet gelacht hat? „Der war bei Leuten wegen der Flutkatastrophe, das war doch nicht lustig“, meint einer. Clara dagegen findet, dass es für prominente Politiker auch nicht einfach ist in der Öffentlichkeit. „Da wird doch immer irgendwas gegen die gesucht.“

Die Schüler kennen sich besser aus als sie glauben

Auf die Frage, ob sie wissen, wer Oberbürgermeister in Bonn ist, schnellen alle Finger in die Höhe. „Frau Dörner“, rufen sie wie aus einem Munde. „Die ist doch von den Grünen, oder?“ Ob sie sich mehr für die Bundespolitik interessieren würden, wenn sie wie bei der Kommunalwahl schon mit 16 wählen dürften? „Ich finde, da ist man noch zu jung und zu kindisch“, meint Emil, der später einmal Politiker werden will. „Ich möchte gerne Verantwortung übernehmen.“ Tom widerspricht. „Es macht doch keinen Unterschied, ob man 16 oder 18 ist. Es wählen auch Erwachsene die AfD.“ Über diese Partei wissen alle gut Bescheid. Sie sei rechtsextrem, keiner von ihnen würde sie wählen, versichern die Schüler unisono.

Als der GA dann die Namen der Bonner Bundestagskandidaten nennt, gehen wieder die Finger nach oben. „Klar, die kenne ich doch“, ruft einer aus dem Kreis. Schließlich hängen die Plakate aller Kandidaten in der Schule aus. Lehrer Leyhe wirkt erleichtert. Seine Schützlinge kennen sich in Politik doch besser aus, als sie anscheinend selbst glauben. Auf jeden Fall will er mit seinen Schülern in den nächsten Politikstunden über die Bundestagswahl reden.

Und was wünschen sich die Jugendlichen von den Politikern? „Dass die Parteien unser Land gut regieren und mehr für den Umweltschutz tun“, sagt Antonia.“ Für Adrian ist wichtig, dass es in Bonn mehr und bessere Radwege gibt. Und: „Von den Kandidaten erwarte ich, dass sie sich für die Wirtschaft einsetzen.“ Tom hofft, dass der Bund etwas gegen die Arbeitslosigkeit vieler Menschen tut. Erwartungen an die Bonner Kandidaten habe er nicht. „Die können ja auch nicht viel machen.“ Das sieht Clara anders: „Ich hoffe, dass sich die Bonner Politiker mehr für unsere Schulen einsetzen. Wegen Corona ist so viel ausgefallen.“

Mehr Obdachlosenunterkünfte wünscht sich Emil, dem aufgefallen ist, dass immer mehr Menschen auf der Straße übernachten. Für Shana ist der Umweltschutz das wichtigste Thema. Man sollte mehr in den Ausbau von Bussen und Bahnen investieren und die Tickets billiger machen. Leander hofft, dass die kommende Bundesregierung mehr gegen Armut in Deutschland unternimmt. Pascal hat da auch schon eine Idee: „Das Kindergeld müsste erhöht werden.“ Eigentlich müsse man weltweit was gegen Armut tun, meint Paul.

Und was wünscht sich Lehrer Jochen Leyhe? „Ich erwarte von unseren Bonner Politikern, dass sie sich dafür einsetzen, dass wir endlich den Bonn-Berlin-Vertrag bekommen. Damit klar ist, welche Arbeitsplätze in Bonn bleiben und welche endgültig nach Berlin gehen.“

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