Rechtsstreit zwischen Sparkasse und Stadt WCCB: Ist Bürgschaft nichtig?

BONN · Es ist ein sehr komplexer Fall, den die 3. Zivilkammer des Bonner Landgerichts im vergangenen Jahr auf den Tisch bekam: Die Sparkasse Köln-Bonn fordert von der Bundesstadt Bonn 86 Millionen Euro, weil die seinerzeit für den Kredit an den mittellosen früheren Investor des World Conference Center Bonn (WCCB) bürgte und sich damit zur Schuldübernahme im Falle der Pleite beim Bau verpflichtete.

Diese Gelegenheit kommt so schnell nicht wieder: Das neue Hauptgebäude des World Conference Center Bonn (WCCB Bonn) öffnet am Sonntag seine Türen. Von 11 bis 16 Uhr haben alle Bürger die Gelegenheit, sich in dem Neubau umzuschauen.

Diese Gelegenheit kommt so schnell nicht wieder: Das neue Hauptgebäude des World Conference Center Bonn (WCCB Bonn) öffnet am Sonntag seine Türen. Von 11 bis 16 Uhr haben alle Bürger die Gelegenheit, sich in dem Neubau umzuschauen.

Foto: Volker Lannert

Klingt einfach, ist es aber nicht. So wie im Fall des WCCB von Anfang an nichts einfach war. Und nun wird dieser Bürgschaftsstreit die Europäische Kommission in Brüssel beschäftigen: Am Dienstag beschloss das Gericht, den Fall dort zur Prüfung vorzulegen. Diesen Schritt hatte die Kammer den Parteien für den Fall angekündigt, dass diese bis gestern nicht einem Vergleich zustimmen, wonach die Stadt 60 Prozent der geforderten Summe an die Sparkasse zahlt. Der Vergleich kam nicht zustande.

Auf 92 Seiten hat die Zivilkammer in ihrem Beschluss dargelegt, warum sie den Fall nun Brüssel vorlegt und welche Fragen sie an die Kommission hat. Denn das Gericht hat den Verdacht, dass die als Nebenabrede bezeichnete Bürgschaft, die Bonns Verwaltungsspitze am Stadtrat vorbei unterzeichnete, gegen EU-Beihilferecht verstößt.

"Das Gericht hat beschlossen, der Europäischen Kommission verschiedene Fragen zur Stellungnahme vorzulegen", erklärte Kammervorsitzender Uwe Schneiders gestern. "Und dabei geht es vor allem um die Frage, ob die Nebenabrede eine Beihilfe zu Gunsten der Sparkasse ist."

Denn die Sparkasse habe einen Kredit vergeben, der durch die Stadt vollkommen abgesichert war und den sie zu für sie selbst günstigen Zinskonditionen abschloss. Und überdies hätte die UNCC GmbH als Bauherr des WCCB wahrscheinlich von keinem anderen Bankinstitut einen Kredit erhalten, so das Gericht.

Sollte Brüssel zu dem Ergebnis kommen, dass sich die Sparkasse mit ihrer Kreditvergabe selbst begünstigte, liegt es nach Ansicht der Kammer nahe, "dass die Nebenabrede nichtig ist". In dem Fall müsste die Stadt nicht zahlen, allerdings würde dann geprüft, ob die Stadt eine Pflichtverletzung begangen und die Sparkasse sich daran mitschuldig gemacht hat.

Wie in dem Beschluss weiter dargelegt wird, sieht es die EU-Kommission in ihren Leitlinien von 2000 als kritische Beihilfe, wenn eine Bürgschaft erst nach der Kreditvergabe erfolgt. Und das ist hier der Fall: Die Nebenabrede wurde zwölf Tage nach dem Kreditvertrag unterzeichnet.

Prüfen soll die Kommission auch, ob der Controlling-Vertrag eine unzulässige Beihilfe darstellt: Beim von der Sparkasse beauftragten WCCB-Controlling durch das Städtische Gebäudemanagement (SGB) geht es nun um die Frage: Haftet die Stadt für das laut Rechnungsprüfungsamt völlig unzureichende Controlling ihres SGB?

Die Kontrolle der eingereichten WCCB-Planungs- und Baurechnungen erfolgte nur "stichprobenartig", meistens wurde nur auf Plausibilität geprüft. Die Rolle des SGB beim Bau des WCCB spielt im noch anhängigen dritten WCCB-Strafprozess eine zentrale Rolle. Neben dem Bauunternehmer sind drei städtische SGB-Mitarbeiter wegen Betruges und Untreue angeklagt.

Kredit gegen Bürgschaft

Die Geschehnisse, die zu dem Zivilprozess vor dem Landgericht führten, beginnen damit, dass die Sparkasse nach der Prüfung des WCCB-Investors Man-Ki Kim und dessen SMI Hyundai Corporation keinen Kredit geben wollte. Damit wäre das Projekt World Conference Center Bonn normalerweise beendet gewesen.

Auf Wunsch der zu 30 Prozent an der Sparkasse beteiligten Stadt Bonn wird ein Weg gefunden: Die Kommune bürgt für den Kredit ihrer Hausbank an Kims UNCC GmbH, den WCCB-Bauherrn. Als das Projekt im Spätsommer 2009 aus Geldmangel wie ein Kartenhaus zusammenbricht, vertritt die Stadt die von Rechtsgutachten gestützte Haltung, dass die Bürgschaft gegen EU-Beihilferecht verstoße.

Vereinfacht: Erst buhlt die Stadt um den Kredit bei der Sparkasse, und als das Projekt in Scherben liegt, reklamiert sie, die Sparkasse hätte den Kredit an Kim nie bewilligen dürfen.

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