Krimalitätsprävention für jedermann „Wegsehen hilft nicht“

Bonn · Der Polizist Mario Becker gab im Haus der Bildung praktische Tipps für den Umgang mit Gewalt. Das eigene Verhalten solle ruhig vor dem Spiegel geübt werden, meint er.

 Kriminalhauptkommissar Mario Becker erklärt, wie man sich in Konfliktsituationen richtig verhalten sollte.

Kriminalhauptkommissar Mario Becker erklärt, wie man sich in Konfliktsituationen richtig verhalten sollte.

Foto: Stefan Hermes

„Ich habe eine Riesenangst vor körperlicher Gewalt“, sagt Manfred Wichmann (68). Er ist einer von sechs Männern, die mit der doppelten Anzahl von Frauen an dem Vortrag „Weggucken hilft nicht! – Tipps zum Umgang mit Aggression und Gewalt“ im Bonner Haus der Bildung teilnehmen. Wichmann möchte genau wie die anderen Besucher an dem zweimal im Jahr vom Kommissariat „Kriminalprävention und Opferschutz“ der Bonner Polizei angebotenen Abend erfahren, wie man sich in Konfliktsituationen richtig verhalten soll.

Seit mehr als 20 Jahren gibt Kriminalhauptkommissar Mario Becker Kurse zur Gewaltprävention und beklagt, dass trotz sinkender Gewalttaten in den Kriminalstatistiken viele Menschen immer häufiger Angst davor entwickeln, selber in einen Gewaltkonflikt zu geraten. Zu einem großen Teil macht er dafür die Medien verantwortlich, die täglich über Gräueltaten berichten, die in ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland passieren. „Dadurch haben wir im Moment das Problem, dass die Menschen glauben, alles werde immer schlimmer“, so der Polizist. Nach aktuellen Zahlen, so Becker, macht die Gewaltkriminalität in Bonn drei Prozent aller angezeigten Straftaten aus.

Insbesondere an die zwölf anwesenden etwa 30- bis 60-jährigen Frauen gerichtet, unterstreicht der Experte für Kriminalprävention, dass der größte Anteil an den erfassten Delikten der Straßenkriminalität Raub- und Körperverletzungsdelikte seien, bei denen sowohl Opfer als auch Täter meist junge Männer sind.

Eigenes Auftreten vor dem Spiegel üben hilft

„Ganz wenige Delikte davon sind Sexualstraftaten“, so Becker und ergänzt, dass er die Statistik nicht schönreden wolle. Aber man solle darauf achten, dass die zum Beispiel in Hamburg begangene Straftat, die abends im Fernsehen gezeigt werde, nicht dazu führe, sich auch in Bonn unsicher zu fühlen. Jeder habe die immer wieder gezeigten Bilder des „Treppenschubsers“ in der U-Bahn genauso vor Augen wie den sterbenden Rentner, über den im Eingang einer Bank viele Menschen achtlos hinwegstiegen.

Becker weiß, dass das Eingreifen Unbeteiligter abnimmt, je mehr Menschen in der Nähe sind. Man scheine zu glauben, dass sich schon jemand anders darum kümmern würde, so die Vermutung. Doch das sei leider eine falsche Annahme. Wer nicht selber helfen könne, müsse Hilfe organisieren. Provokationen, denen man aus einer Gruppe von meist jungen Männern begegne, müsse man versuchen, mit einem sicheren Auftreten zu begegnen.

Dabei sei es durchaus sinnvoll, das eigene Auftreten zu Hause vor dem Spiegel zu üben. Mit fester und lauter Stimme sagen „Nein!“ und „Lassen Sie das!“ oder auch einfach nur „Stopp!“, wenn man selbst in einen Konflikt gerate oder ein Opfer schützen wolle. Jeder könne im Rahmen seiner Möglichkeiten helfen, eine Straftat zu verhindern, erklärt Becker. Manchmal helfe bereits ein unerwartet lautes Wort, um den Täter einzuschüchtern. „Wegsehen oder weglaufen ist keine Lösung“, so Becker. Ohne sich selbst in Gefahr zu bringen, sei es immer möglich, die 110 zu wählen. „In Bonn werden Sie in keiner Warteschleife landen“, versichert der Kriminalhauptkommissar.

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