Nach 100 Jahren wieder Weinlese in Kessenich

Kessenich · Walter und Uwe Tilemann lassen nach fast 100 Jahren eine Familientradition wieder aufleben. Phönix und Regent heißen die beiden Rebsorten, die die Weinlese auf dem Kessenicher Hang wieder zur Tradition machen sollen. Am Freitag haben Walter Tilemann (81) und sein Sohn Uwe (53) Trauben für den Kessenicher Wein gepflückt.

 Lese für die "Kessenicher Venusfalle": Rund 60 Kilogramm Trauben der Rebsorten Phönix und Regent ernten Walter Tilemann und sein Sohn Uwe in ihrem Wingert am Kessenicher Hang.

Lese für die "Kessenicher Venusfalle": Rund 60 Kilogramm Trauben der Rebsorten Phönix und Regent ernten Walter Tilemann und sein Sohn Uwe in ihrem Wingert am Kessenicher Hang.

Foto: Nicolas Ottersbach

Der Letzte, dem das gelang, war Walter Tilemanns Großvater Anton Güssgen - vor rund hundert Jahren. Wegen einer Reblausplage musste die Produktion damals eingestellt werden.

Im 19. Jahrhundert war Kessenich sogar als Weinbaugebiet ausgewiesen. Urkunden belegen, dass schon die Römer die sonnigen Südseiten des Venusbergs dafür nutzten. "Nach der Reblaus verlor der Hang seine Bedeutung, stattdessen pflanzten die Besitzer Obstbäume an", sagt Walter Tilemann, der sich nicht nur mit Wein, sondern auch mit seiner Geschichte in Bonn auseinandergesetzt hat.

Für Tillmann begann die Liebe zum Wein 1965, als er sein Haus am Ahrweg baute. Eine alte Muskateller-Weinrebe gedieh mitten auf der Baustelle, und er setzte sie an einen alten Baum auf seinem Grundstück. Als der gefällt werden musste, kam die Rebe vor knapp 20 Jahren an die Hauswand. Von da an wuchs sie an zwei Hausseiten hoch, in guten Zeiten lieferte sie rund 60 Kilogramm Trauben.

So viel konnten Walter und Uwe Tilemann auch dieses Jahr auf ihrem Grundstück unterhalb der Rosenburg von den hundert Rebstöcken ernten, die vor fünf Jahren gepflanzt wurden. "Aber es könnte locker das Dreifache sein", schätzt Uwe Tilemann. Die kalten Phasen dieses Sommers hätten die Lese klein ausfallen lassen. Auch Wespen und Wühlmäuse setzten den Trauben zu, viele Früchte verfaulten. "Auslese" oder "Spätlese" dürfen sie ihren Wein nicht nennen, "weil das geschützte Begriffe sind". Deswegen wird es spätestens im Mai eine selbstkreierte "Spätauslese" geben.

Und das ist sie wirklich: Nur die besten Trauben kamen gestern in die Mühle. "Wichtig ist, dass die Früchte schnell verarbeitet werden", sagt Walter Tilemann. Anhand des Öchsle-Grades, mit dem der Zuckergehalt bestimmt wird, entscheiden sie, wie viel Zucker sie dem Most vor der Gärung hinzufügen. Was noch fehlt ist ein Name für den ersten Wein aus Kessenich seit rund 100 Jahren. Uwe Tilemann hat aber schon eine Idee: "Kessenicher Venusfalle".

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