Polizeieinsatz in Tannenbusch Weitere gefährliche Substanz in Salafisten-Wohnung gefunden - Sprengung durch Experten
Tannenbusch · Bei dem in Bonn verhafteten Salafisten hat die Polizei erneut hochgefährliche Substanzen gefunden. Am Freitagnachmittag fanden Experten des Landeskriminalamtes einen unbekannten Stoff im Appartement des 25-jährigen Konvertiten Marc René G., das sich im vierten Obergeschoss eines Wohnkomplexes in Tannenbusch befindet. Sie brachten die gefährliche Substanz kontrolliert zur Explosion. Der radikale Islamist aus Bonn ist einer der vier Salafisten, die in der Nacht zu Mittwoch festgenommen worden waren.
Memelweg, eine Sackgasse in einer belebten Hochhaussiedlung in Tannenbusch, am Freitag gegen 16.45 Uhr: Streifenwagen halten am Straßenrand, Dutzende Bereitschaftspolizisten steigen aus Mannschaftstransportern aus, Spürhunde bellen in ihren Transportboxen, während Einheiten der Bonner Feuerwehr, Rettungskräfte samt eines Notarztes nach Parkmöglichkeiten suchen. Derweil beginnen Polizisten einer Einsatzhundertschaft aus Bonn bereits, mit Flatterbändern die Zufahrt von der Riesengebirgsstraße zum Memelweg abzusperren.
Wie sich bald herausstellt, gilt das Interesse der Ermittler der Wohnung jenes Salafisten in einem Hochhaus am Memelweg, den ein Spezialeinsatzkommando am Mittwochmorgen bei einer gezielten Aktion gegen mehrere offensichtlich gewaltbereite Gesinnungsgenossen verhaftet hatte. Nach GA-Informationen handelt es sich bei dem radikalen Islamisten um den 25 Jahre alten Konvertiten Marc René G., der in der Hochhaussiedlung im vierten Obergeschoss gewohnt hat.
Laut Polizeisprecher Christoph Schnur hatte es im Zuge der weiteren Ermittlungen Hinweise darauf gegeben, dass sich in der Wohnung des Mannes weitere verdächtige chemische Substanzen befunden haben sollen. Tatsächlich wurden die eigens hinzugezogenen Sprengstoffexperten des Landeskriminalamtes Düsseldorf gleich zweimal in der Wohnung fündig. Vorsichtshalber sprengten die LKA-Fachleute dann die Stoffe wenige Meter entfernt in einem Grünviertel.
[kein Linktext vorhanden]Klar, dass sich ob des Großaufgebotes an Sicherheitskräften schnell zahlreiche Gruppen von Schaulustigen entlang der Riesengebirgsstraße bildeten. Außer Gaffern war aber auch eine Vielzahl von Anwohnern darunter, die sich erkennbar Sorgen machten. "Was ist denn da bloß los?", wollte eine junge Frau wissen. "Hier passiert doch irgendwas, wenn da so viel Polizei vor Ort ist. Kann ich da überhaupt in meiner Wohnung bleiben?"
"Es sind polizeiliche Maßnahmen im Gange, bitte bleiben Sie hinter den Absperrungen." Mit diesem Hinweis beantworteten Bereitschaftspolizisten Dutzende Fragen, die einen ähnlichen Wortlaut hatten. Ausnahmen wurden nicht gewährt, selbst wenn es sich um Anwohner des Memelwegs handelte, die nur in ihre Wohnungen wollten. Evakuiert wurde aber niemand.
In seiner Wohnung an der Riesengebirgsstraße bleiben durfte auch Dieter Salchert mit seiner Familie, der von seinem Balkon m ersten Stock so etwas wie einen Logenplatz mit bestem Blick auf das Geschehen am Memelweg hatte. So konnte Salchert beobachten, wie gegen 18.10 Uhr ein Sprengstoffexperte, geschützt in einem Spezialanzug, eine Leine in Empfang nahm, die sein Kollege aus einem Fenster in der Wohnung des Salafisten geworfen hatte.
Wenige Minuten später glitt an der Schnur auch schon ein roter Eimer zu Boden, den der LKA-Mann vorsichtig in Empfang nahm. In dem Eimer befand sich nicht nur die gefundene Substanz, sondern auch Sand, erklärte Polizeisprecher Schnur, um eine mögliche Explosion zu dämpfen.
An einer Art Angel balancierte der Sprengstoffexperte den Eimer über den Memelweg in eine Grünanlage der Siedlung, wo die Fachleute zuvor eine Grube ausgehoben hatten. Kurz nach 18 Uhr gab es einen lauten Knall, die Sprengung war erfolgreich.
Polizeisprecher Schnur bestätigte nochmals, dass die Substanz an Ort und Stelle gesprengt worden sei, "um alle Risiken auszuschließen". Um was es sich genau bei der Substanz handelte und wie gefährlich die Chemikalie war, konnte Schnur gestern Abend noch nicht sagen. "Der Stoff wird jetzt von Experten untersucht."
Kurz nach der Sprengung trat Schnur allerdings mit der überraschenden Nachricht vor die Presse: "Wir haben noch eine zweite Substanz in der Wohnung gefunden." Auch die werde vor Ort gesprengt. Das war kurz vor 19 Uhr auch geschehen. Das sah Familie Salchert ebenfalls. Weniger aus Sensationslust: "Ich wohne seit 55 Jahren in Bonn. Aber hier in unserem Wohnviertel ist fast jeden Tag die Polizei. Vor allem nach dem Vorfall heute will ich weg hier."