Stadtdechant zurückgetreten Weitere Untersuchung im Skandal um das Bonner Münster

Bonn · Das Substanzvermögen der Bonner Münsterpfarrei ist vollständig aufgebraucht, das Erzbistum untersucht weiter die Dimension des Finanzskandals. Die Staatsanwaltschaft hat derweil noch nicht über Ermittlungen entschieden.

Im Fall des zurückgetretenen früheren Stadtdechanten und leitenden Pfarrers der Münsterpfarrei, Wilfried Schumacher, geht hinter den Kulissen die Aufarbeitung weiter. Offenbar sind hinsichtlich Dimension und Wirkung des Finanzskandals auch kirchenintern längst nicht alle Fragen geklärt. Wie der General-Anzeiger am Montag erfuhr, werden die Bücher der Münsterpfarrei für die Jahre 2015 bis 2017 von der internen Revision derzeit erst noch geprüft. Schon jetzt steht fest: Der kommissarische Stadtdechant Bernd Kemmerling tritt kein leichtes Erbe an: Das Bonner Münster verfügt über kein Substanzvermögen mehr.

„Es wurde nahezu das gesamte Substanzvermögen in Höhe von rund zwei Millionen Euro aufgezehrt“, teilte ein Sprecher des Erzbistums auf GA-Anfrage mit. Und noch gibt es offenbar kein Konzept, wie der entstandene Schaden reguliert werden könnte: „Refinanzierungsmöglichkeiten sind nicht ersichtlich; die Betriebe sind defizitär“, heißt es in Köln mit Blick auf den Münster-Laden. Unter anderem in dessen Betrieb hatte die Münsterpfarrei offenbar Geld aus dem langfristig angelegten Substanzvermögen umgeschichtet und darüber hinaus Liquiditätsengpässe überbrückt. Festgestellt wurde das bislang für die Jahre 2009 bis 2014.

Sanierung des Münsters nicht betroffen

Zur Erläuterung: Der dauerhaft festgelegte, sogenannte „Fabrikfonds“ ist fest mit dem Kirchengebäude verbunden und darf nur unter strengen Auflagen angetastet oder beliehen werden. Laufende Ausgaben und Investitionen hingegen werden aus der „allgemeinen Rücklage“ einer Gemeinde bestritten. So auch der Eigenanteil der Pfarrei bei einer Baumaßnahme, zu der das Erzbistum dann seinen (meist deutlich höheren) Anteil beisteuert. Folglich kann es ohne allgemeine Rücklage auch keinen Eigenanteil geben, wodurch Bauprojekte praktisch unmöglich würden – es sei denn, man würde die allgemeine Rücklage aus dem Anlagevermögen auffüllen und auf diese Weise einen Eigenanteil vorweisen und Zuwendungen beantragen können. Das Erzbistum bestätigte dem GA, dass Geld aus dem Substanzvermögen zur „Zwischenfinanzierung“ von Baumaßnahmen verwendet wurde. Die Sanierung des Münsters ist laut Erzbistum nicht betroffen

Die Staatsanwaltschaft hat nach eigenen Angaben noch nicht entschieden, ob sie von Amts wegen Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue einleiten wird. Wie berichtet, hatte das Erzbistum seinerseits keine Strafanzeigen gestellt. Somit bleibt ein Ermittlungsverfahren gegen Schumacher und Mitarbeiter des Stadtdekanats zwar denkbar; ebenso ist es möglich, dass in dem Fall die länger zurückliegenden Tatbestände bereits verjährt sind.

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