Empfang in der Bundeskunsthalle Westerwelle zurück auf Bonner Politbühne

BONN · Mehr als ein Jahr ist es her, als Guido Westerwelle wegen eines Knieproblems zum Arzt ging. Bei der Untersuchung dann die schreckliche Diagnose: akute Leukämie. Ein Schock. Dann wurde es still um den einstigen Außenminister. Und die Kölner Klinik sein zweites Zuhause.

 Herzlicher Empfang bei der FDP in der Bundeskunsthalle: Guido Westerwelle.

Herzlicher Empfang bei der FDP in der Bundeskunsthalle: Guido Westerwelle.

Foto: Barbara Frommann

Ob Westerwelle über dem Berg ist, weiß er noch nicht. Am Sonntagvormittag betrat er erstmals seit seiner Erkrankung wieder die Bonner Politbühne. Der FDP-Kreisverband begrüßte sein prominentes Mitglied beim Sommer-Jazz in der Bundeskunsthalle.

Eigentlich sieht Westerwelle aus wie immer. Vielleicht ein bisschen dünner als sonst. Ein hartes Jahr liegt hinter ihm. Knochenmarks-Transplantation. Chemo- und Strahlentherapie. Das volle Programm. "Ich freue mich wie ein Schneekönig", sagt Westerwelle, als er unter großem Applaus und Jubelrufen von Kreisverbandschef Joachim Stamp begrüßt wird. Immerhin sechs Jahre lang führte Westerwelle einst die Bonner Liberalen.

"Ich schüttele noch keine Hände"

Und selbst als Außenminister fehlte er bei keiner Mitgliederversammlung. Als Helga Heilemann ihm um den Hals fällt, kämpft der 53-jährige Jurist mit den Tränen. Ganz fest nimmt er die frühere Geschäftsführerin der Bonner FDP in den Arm. Viele wollen ihm persönlich die Hand schütteln.

Doch Westerwelle wehrt ab. Stattdessen klopft er allen freundlich auf die Schulter. "Ich schüttele noch keine Hände, weil ich noch in Behandlung bin", entschuldigt er sich.

"Ich hatte wohl Glück im Unglück", meint er dann rückblickend. Ob er sich ein politisches Comeback vorstellen kann? "Ich habe das ganze letzte Jahr mich ausschließlich auf meine Krankheit konzentriert", weicht er aus. Nur für seine Stiftung - die Westerwelle Foundation für internationale Verständigung - hat er zeitweise sogar vom Krankenbett aus gearbeitet.

Zur Entscheidung der Bonner FDP, den OB-Kandidaten der CDU, Ashok-Alexander Sridharan, zu unterstützen, sagt er lediglich: "Das hat die Kreispartei sicher richtig entschieden."

Dann redet Christian Lindner (36). Der FDP-Bundes- und Landesvorsitzende hat sich bei der Begrüßung Westerwelles bescheiden im Hintergrund gehalten. Jetzt hat der Shooting-Star der Liberalen die volle Aufmerksamkeit der Gäste - darunter auch OB Jürgen Nimptsch (SPD). Lindner prangert unverhohlen die Bildungspolitik der rot-grünen Landesregierung an und wirft ihr vor, sie benachteilige die Gymnasien und Realschulen.

Westerwelle, der zurzeit ausdrücklich keine Kommentare zur politischen Lage abgeben will, nickt zustimmend. Auch als Lindner seine Position zur Griechenland-Politik klarmacht. Weitere Hilfskredite seien nichts anderes als "ein Geschenk" an Griechenland, sagt Lindner.

Mehr bei der Politik als er zugeben will

"Wenn der Bundestag dem dritten Rettungspaket zustimmt, dann kann man das nicht mehr Hilfskredit nennen. Das ist dann ein Transfer." Das sei letztlich ein Länderfinanzausgleich auf europäischer Ebene. "Das haben wir zu unserer Verantwortungszeit immer zu verhindern versucht", sagt der Bundesvorsitzende und fordert stattdessen "ein tragfähiges Modell", das eine Umstrukturierung und Umschuldung Griechenlands beinhalten müsse.

Wieder signalisiert Westerwelle durch heftiges Kopfnicken seine Zustimmung. In seinen Gedanken ist er also doch wieder mehr bei der Politik als er zugeben will. Seine Parteifreunde in Bonn jedenfalls machen an diesem Vormittag keinen Hehl daraus, wie sehr sie sich über eine Rückkehr Westerwelles an vorderster Front freuen würden.

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