Die kleine Stadt mit dem großem Herzen Wie Bonner UN-Mitarbeiter Heimat erleben

Bonn · Das Wort „Heimat“ lässt sich nicht so leicht in andere Sprachen übersetzen. Dabei haben in Bonn arbeitende UN-Mitarbeiter durchaus eine Vorstellung von der umfassenden Bedeutung des Begriffs.

„Sich zu Hause zu fühlen, bedeutet für mich, mit meiner Frau und Kindern zusammen zu sein und gute Freunde um einen zu haben“, sagt Xavier Longan von der Aktionskampagne für die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG). „Zum Glück kann ich das so ziemlich überall genießen, und so macht es mir nichts aus, im Ausland zu leben, wenn beide Bedingungen erfüllt sind. Er mag seine Heimatstadt Barcelona und Spanien sehr, lernt aber gern andere Länder, die Menschen dort und deren Kultur kennen.

Als die Familie 2016 nach Bonn kam, sei sie herzlich empfangen worden. Klar, bei einem Umzug lasse man immer etwas zurück. „Aber immer wenn ich mit meinem Sohn im Park Fußball spiele, mit Freunden grille und mit dem Rad am Rhein entlangfahre, fühle ich mich in Bonn richtig zu Hause.“ Er mag den Weihnachtsmarkt, müsse sich aber immer noch an den kalten und langen Winter in Bonn gewöhnen.

"Bonn ist sicher und sauber"

Heimat bedeutet für Robert Spaull, Sprecher des Weltrats für Biologische Vielfalt (IPBES), sich sicher, wohl, willkommen, beachtet und wertgeschätzt zu fühlen. An einem Ort, der angenehm, erschwinglich, attraktiv und – im Idealfall – kosmopolitisch ist. Für Bonn treffe das alles zu, deshalb fühle er sich hier heimisch.

Erst recht, wenn er bei seiner Frau und seiner Tochter ist, sagt Spaull. „Aber ich werde immer mein Land, Südafrika, als meine ultimative Heimat ansehen. Besonders Durban, wo ich geboren wurde, und Cape Town, wo ich mit meiner Frau lange gearbeitet und gelebt habe.“ Bonn sei eine kleine Stadt mit großem Herzen. Sie habe die Infrastruktur einer Hauptstadt, aber nur wenige Einwohner. Dazu tolle Grünflächen, Museen, Feste und einen guten Nahverkehr. Er lobt das Engagement für internationale Beziehungen und nachhaltige Entwicklung.

„Bonn ist sicher, sauber und ein guter Ort, um ein Kind großzuziehen: Unsere Tochter ist jetzt fast fünf“, sagt Spaull. Er vermisst aber Restaurants mit einer qualitativ hochwertigen und zudem authentischen ausländischen Küche sowie mehr Kinos mit Filmen in englischer Sprache.

„Home is where you make it”

Die Japanerin Yukie Hori, Sprecherin der Wüstenkonvention, zitiert das englische Sprichwort „Home is where you make it” (Zuhause ist, was du draus machst). So wurden schon Tokio, Suva, Bangkok, New York und schließlich Bonn ihre Heimat. „Egal, ob gemietet oder gekauft, ein Apartment oder Haus: Es ist notwendig für mich, dass ich einen Ort habe, den ich zu meinem Zuhause machen kann und an dem ich mich zu Hause fühlen kann.“ Da spiele das Land keine Rolle.

Sie habe sich aber in der letzten Zeit viele Gedanken über etwas anderes gemacht, sagt Hori: Durch das Umziehen sei sie nie Teil einer Gemeinschaft geworden, wo die Leute sich schon seit Jahrzehnten kennen. „Als ich jünger und begierig war, die Welt zu bereisen, habe ich nie gedacht, dass ich das brauche. Aber jetzt möchte ich zu einer Gemeinschaft gehören“, sagt sie. Vielleicht könne ihr Bonn das bieten, zumal sie an dieser Station bedingt durch die Arbeit nun schon am längsten verweile.

„Ich lebe mit meinem Mann und unserem Hund in Stieldorf, Königswinter. Ich liebe das hier. Die Menschen sind ehrlich und zuverlässig. Ich habe wundervolle Nachbarn“, sagt Yukie Hori, die wie ihre Kollegen die weitläufige grüne Landschaft lobt. „Die Lebensqualität ist sehr hoch.“ Jetzt würde sie sich nur wünschen, noch ein bisschen besser Deutsch sprechen zu können.

Erinnerungen und Werte

„Heimat ist da, wo ich die meisten Erinnerungen, Werte und menschliche Beziehungen teile“, sagt Mayar Manssour vom CMS (Übereinkommen zur Erhaltung wandernder wild lebender Tierarten, Bonner Konvention).

„Meistens ist das da, wo man herkommt und wo man reingewachsen ist.“ So sei Syrien klar seine Heimat. Aber das widerspreche sich nicht damit, sich im stetig wachsenden Bonn zu Hause zu fühlen. Bei der Ankunft am Rhein sei es wie eine Reise gewesen, als Manssour sich umschaute, die Stadt, das Wetter, den Weihnachtsmarkt und den Karneval kennenlernte. Nun „fühlt es sich für mich immer mehr nach Zuhause an, je mehr Freunde ich finde“. Bonn sei ideal für Familien, eine moderne Stadt.

Er lobt das Verkehrswesen, die Innenstadt, Landschaft und Lage. Bonn habe sich dabei seinen eigenen Stil und seine Individualität bewahrt. Die meisten UN-Hauptquartiere lägen in größeren Metropolen. Bonn sei aber ein Standort, der eine ganz andere Lebenserfahrung mit all ihren Vor- und Nachteilen bietet.

Gemeinschaft, zu der man gehört

Für UN-Mitarbeiter James Creswick bedeutet Heimat vor allem, sozial integriert zu sein. Als Single sei es gut für ihn zu wissen, dass Leute um ihn herum für ihn da sind – ob nun für ein Feierabendbier, Kaffee und Kuchen am Sonntag oder, wenn mal Not am Mann ist, nachts um drei. „Heimat bedeutet aber noch mehr als ein zwei gute Freunde zu haben, nämlich eine Gemeinschaft, zu der man gehört“, sagt der Brite, der sich nach acht Jahren in Bonn sehr wohlfühlt. Von sechs Ländern, in denen er bisher war, habe er sich in vier heimisch gefühlt.

Fließend Deutsch zu sprechen, habe ihm geholfen, sich zu integrieren. „Vor ein paar Jahren habe ich festgestellt, dass ich schon bei zwei Hochzeiten, zwei Taufen und einer Beerdigung in der Region war. Das war für mich ein Zeichen, wie sesshaft ich hier geworden bin“, so Creswick. Er hält das Rheinland für eine liberale, offene, internationale und freundliche Region Deutschlands. Die meisten von Creswicks Freunden sind Deutsche, sodass er aus der internationalen Blase herauskommt, in der im Ausland lebende Menschen sich sonst oft befinden.

Köln mit seinen Angeboten sei die perfekte Ergänzung. Creswick wünscht sich eine größere Akzeptanz von Kreditkarten, dass sonntags mehr geöffnet hat und – kaum zu erfüllen – dass das Meer näher wäre.

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