Weltbericht zur Luftqualität 2022 Die Bonner Luft wird besser

Bonn · Die meisten Länder überschreiten die empfohlenen Werte für die Feinstaubbelastung, zeigt der Weltbericht zur Luftqualität. Bonn steht im Vergleich gut da, hält die Grenze aber auch nicht ein.

Was die Feinstaubbelastung angeht, liegt Bonn im besseren Mittelfeld.

Was die Feinstaubbelastung angeht, liegt Bonn im besseren Mittelfeld.

Foto: Benjamin Westhoff

Autos, die in der Innenstadt im Stau stehen, Kraftwerke und Öfen: All das erzeugt Feinstaub, der nachweislich schlecht für unsere Gesundheit ist. Gerade die kleinen Partikel können besonders tief in unsere Atemwege eindringen. Die fachliche Abkürzung für sie lautet „PM2,5“: Gemeint sind Partikel mit einer Größe von bis zu 2,5 Mikrometer. Wer ihnen häufig ausgesetzt ist, läuft Gefahr, schneller an Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen sowie Krebs zu erkranken, das Sterberisiko ist erhöht.

In Deutschland ist die Feinstaubbelastung verglichen mit dem Rest der Welt zwar noch relativ überschaubar, allerdings überschreiten deutsche Städte weiterhin regelmäßig die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Grenzwerte. Sie sagt: Die Luft darf mit maximal fünf Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter belastet sein. Davon kann hierzulande meist keine Rede sein, wie der aktuellste Weltbericht zur Luftqualität der schweizerischen Technologiefirma IQAir zeigt.

So hatte Bonn im Jahr 2022 eine Feinstaubbelastung von 9,6 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Das zeigt eine interaktive Karte, auf der sich Städte überall auf der Welt ganz nah heranzoomen lassen. Im weltweiten Vergleich, der die Messwerte von 7323 Städten umfasst, liegt Bonn damit auf Platz 3441, also im besseren Mittelfeld. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Stadt immerhin leicht verbessert, damals wurden 11,3 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter gemessen. Das war nicht unbedingt zu erwarten, da mit abebbender Pandemie die Feinstaubwerte vielerorts wieder angezogen haben.

Auch für das nahegelegene Bornheim gibt es Zahlen. Die Stadt steht mit 11,4 Mikrogramm schlechter da als Bonn und überschreitet den Maximalwert der WHO um mehr als das Doppelte. Bornheim ist in Sachen Feinstaub sogar noch belasteter als die Millionenstadt Köln: Hier spricht das Unternehmen IQAir von 10,5 Mikrogramm pro Kubikmeter. Allerdings hat sich die Zahl im Vergleich zum Jahr 2021 um sechs Prozent verschlechtert.

Tatsächlich wurde in Deutschland nur einmal ein Wert gemessen, der den WHO-Empfehlungen entspricht: im bayerischen Bad Hindelang im südlichsten Zipfel des Landes. Deutschland liegt mit einem Durchschnittswert von 11 Mikrogramm pro Kubikmeter im europäischen Vergleich auf Platz 25 von 43, wobei der erste Platz das Land mit der schlimmsten Verschmutzung meint. Diesen zweifelhaften Rang hält Bosnien und Herzegowina mit einer jährlichen Feinstaubbelastung von 33,5 Mikrogramm pro Kubikmeter.

Allerdings weisen die Studienmacher auf das große Manko der Auswertung hin: Für manche Regionen verfügt IQAir nicht über die erforderlichen Daten, einfach weil es dort nicht genug Luftmessgeräte gibt. So sind die Ergebnisse des Berichts auf Basis der Werte von 30.000 Luftqualitätsmessstationen in 131 Ländern und Regionen zwar durchaus aussagekräftig. Sie könnten mit größerer Datenfülle aber noch viel umfassender sein. Ein Beispiel: Das Land Montenegro hat seinen Verschmutzungswert im vergangenen Jahr um die Hälfte auf etwa 15 Mikrogramm reduziert. Das dürfte vor allem daran gelegen haben, dass nun fünf zusätzliche Städte in die Berechnung aufgenommen wurden, die mehr Daten liefern und neue Aussagen über die Luftqualität zulassen.

In Deutschland und Europa gibt es aufgrund der hohen Städtedichte verhältnismäßig viele Messstationen. Andere Länder jedoch, etwa in Afrika, sind buchstäblich nicht auf dem Radar der Studienautoren. Nur 19 von 54 afrikanischen Staaten fließen in den aktuellen Bericht mit ein, damit ist Afrika der unterrepräsentierteste Kontinent weltweit. Und das, obwohl dort das im Jahr 2022 am stärksten verschmutzte Land überhaupt liegt: der Tschad mit 89,7 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter – er liegt 17 Mal höher als der Richtwert der WHO.

Die Firma IQAir betont daher, wie wichtig Bürgerinitiativen seien, die Daten auf eigene Faust erheben und damit die Lücken füllen. Für den aktuellen Bericht seien mehr als die Hälfte aller Daten über solche Initiativen gewonnen worden.

„Wenn sich die Bürger an der Überwachung der Luftqualität beteiligen, erleben wir einen Bewusstseinswandel, und die gemeinsamen Anstrengungen zur Verbesserung der Luftqualität werden intensiver“, sagt der Geschäftsführer von IQAir, Frank Hammes, in einer Mitteilung des Unternehmens. Ohne solche Daten fehle die Dringlichkeit, etwas gegen die Luftverschmutzung zu tun.

Insgesamt 90 Prozent aller beobachteten Länder und Regionen überschreiten laut Studie den empfohlenen Richtwert. Die schmutzigste Luft herrscht nach dem Tschad im Irak, in Pakistan, Bahrain und Bangladesch (ihre Werte bewegen sich im Jahr 2022 zwischen 80 und 65 Mikrogramm pro Kubikmeter). In Zentral- und Südasien befinden sich acht der zehn Städte mit der stärksten Luftverschmutzung.

China mit seinem hohen Kohleverbrauch konnte seine Werte weiter verbessern; 64 Prozent aller untersuchten Städte im Land haben ihre Feinstaubkonzentration verringert. Trotzdem ist die Belastung in der Volksrepublik immer noch sechs Mal so hoch wie von der WHO empfohlen.

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