GA-Test: Verspätungen in Echtzeit Wie gut sind die Apps für Bus und Bahn in Bonn?
Bonn · Die Stadtwerke Bonn und der Verkehrsverbund Rhein-Sieg bieten digitale Fahrpläne, Routenplanung und Handytickets an. Wie zuverlässig sind die Informationssysteme auf dem Smartphone? Wir haben sie getestet.
Auf die gedruckten Fahrpläne an den Bus- und Bahnhaltestellen schauen nur noch die wenigsten – schließlich stehen mittlerweile an den meisten Haltestellen im Bonner Stadtgebiet große Displays, die die Abfahrtszeiten minutengenau anzeigen. Zusätzlich bieten die Stadtwerke Bus und Bahn (SWB) mit „easy.GO“ ebenso wie der Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) mit „VRS Auskunft“ jeweils eine kostenlose App an, mit der sich Fahrpläne und Verbindungen anzeigen sowie digitale Tickets erwerben lassen. Die Anwendungen werben vor allem mit Echtzeitdaten. Zusammen mit den Anzeigetafeln an den Haltestellen sollen Fahrgäste so ihren Weg mit den öffentlichen Verkehrsmitteln minutengenau planen können. Aber wie steht es um die Zuverlässigkeit dieser Informationssysteme?
Die Kritikpunkte: „Mich stört vor allem die mangelnde beziehungsweise teilweise falsche Information, die man über die Apps bekommt“, schrieb ein regelmäßiger Bahnfahrer dem General-Anzeiger. „Es ist sehr schwierig, mit der App pünktlich anzukommen. Es werden regelmäßig Verspätungen angezeigt, die nicht vorhanden sind, Abfahrtszeiten, die falsch sind und es kommt zu sehr vielen Verbindungsabbrüchen bei der Suche nach Routen“, bewertet ein Nutzer die SWB-App in einem Download-Portal. „An sich ist die App gut, man bekommt bei Verspätungen relativ genaue Angaben. Jedoch wird die Auskunft bei Fahrplanänderungen – Umleitungen mit dem Busersatzverkehr – nicht aktualisiert“, kritisiert eine andere Nutzerin die Zuverlässigkeit der VRS-App.
„easy.GO“ und „VRS Auskunft“
Der Praxistest: Auf den ersten Blick unterscheiden sich die beiden Apps nur im Layout der Bedienoberfläche. In beiden Apps können Nutzer Start- und Endhaltestelle auswählen, auch Adressen oder markante Punkte können als Ziel eingegeben werden. Der Routenplaner errechnet dann die nächsten Verbindungen mit Abfahrtszeiten sowie etwaige Umsteigezeiten und Fußwege ein. Der Vergleich an unterschiedlichen Haltestellen zeigt: die Zeitangaben der beiden Apps stimmen überein, in einigen Fällen unterscheiden sie sich allerdings erheblich von den digitalen Anzeigetafeln an den Haltestellen. Fallbeispiel Nummer eins: Schießberg, Haltestelle der Linie 62, morgendlicher Pendlerverkehr zur Arbeit. Laut „easy.GO“ und „VRS Auskunft“ kommt die nächste Bahn der Linie 62 verspätet an. Die digitale Anzeige ist da optimistischer: Demnach müsste die Bahn eine Minute früher ankommen. Kurz vor der vorhergesagten Ankunftszeit korrigiert sich auch das Display. Apps und dynamisches Fahrgastsystem zeigen nun alle drei die Ankunftszeit richtig an; die Bahn fährt ein.
Andere Situation: Bonner Hauptbahnhof, U-Bahn-Station, früher Vormittag: Auf der Anzeigentafel erscheint eine Bahn der Linie 63 in Richtung Bad Godesberg. In den Apps taucht diese Bahn überraschenderweise nicht auf. In diesem Fall behält die Anzeigentafel Recht: Die Stadtbahnlinie fährt zur angeschlagenen Uhrzeit in die U-Bahn-Station ein.
Infosystem an den Haltestellen
Dass es zu solchen Unterschieden zwischen den Auskünften der Apps und der Anzeigentafeln kommt, erklären die Verkehrsunternehmen mit den unterschiedlichen Wegen der Datenübertragung. Die Anlagen des dynamischen Fahrgastinformationssystems an den Haltestellen beziehen ihre Daten direkt von der Leitstelle der SWB. Auch die „SWB easy.GO“-App“ erhält ihre Daten aus diesem Leitsystem. „Andere Linien, die nicht von der SWB bedient werden, stammen von der VRS GmbH“, erklärt Michael Henseler von den Stadtwerken. In der Regel können die Anzeigetafeln schneller bedient werden, wie ein VRS-Sprecher erläutert: „Hier kann bei Änderungen der Fahrtlage deutlich schneller angezeigt werden, als in der App, da die Information nicht erst noch durch mehrere Datenschnittstellen muss.“ Die Abfrage von Routeninformationen läuft in beiden Apps hingegen über das Auskunftssystem der VRS mittels einer Schnittstelle.
Das dynamische Fahrgastinformationssystem wird in Bonn derzeit noch über zwei Systeme betrieben: Für die Anzeige der Buslinien nutzten die Stadtwerke das eigene ITCS-Leitsystem. „Dabei werden Fahrpläne (Soll-Daten) und Echtzeitdaten (Ist-Daten) in Kombination übereinandergelegt und somit die Zeit auf den Anzeigen prognostiziert“, so Henseler. Die Daten für die Bahnen stammen hingegen aus Einlesestellen im Gleisbett. 2019 wollen die Stadtwerke auch die Informationen der Bahnlinien in das ITCS-System integrieren.
Sonderfall: Linien 16 und 18
Sobald eine Fahrt die Vorschauzeit erreicht – in der Regel 60 Minuten vor Fahrtbeginn, wird eine erste Meldung abgesetzt. Ab diesem Zeitpunkt starten auch die Prognosen. Ist die Fahrt mehr als 60 Sekunden verspätet, wird eine neue Prognose abgesetzt und die Verspätung für die einzelnen Haltestellen hochgerechnet. Aber: „Bei einer betrieblichen Störung oder einen spontanen Änderung im Fahrtverlauf ist es nicht möglich, diese Änderung an das Fahrgastsystem der Bahn zu übertragen“, so Henseler.
Einen Sonderfall stellen die Linien 16 und 18 dar. Hier ärgern sich häufig Fahrgäste über nicht angezeigte Verspätungen oder Ausfälle. Der Grund: Beide Linien werden gemeinsam von SWB und den Kölner Verkehrsbetrieben (KVB) betrieben. Die Daten für die App stammen aber ausschließlich von der KVB, während die Anzeigetafeln die Schnittstellen nutzen. Davon gibt es außerhalb des Bonner Stadtgebiets allerdings nur zwei – eine in Bornheim für die Linie 18/68 und eine in Wesseling für die Linie 16. Das führt dazu, dass die Anzeigentafel die Bahn erst einmal planmäßig anzeigt, bis die Bahn die entsprechenden Punkte in Bornheim oder Wesseling passiert hat, erst dann ist eine exakte Vorhersage möglich. Wer frühzeitig wissen möchte, ob seine Bahn kommt, der sollte in dem Fall den Blick auf eine der Apps werfen.
Weitere Funktionen: Neben der Routenplanung beinhalten die Apps auch Karten, die anhand des Standortes die umliegenden Haltestellen anzeigen. Als Zusatzoptionen bietet die Stadtwerke ihren Fahrgästen neuerdings einen Erinnerungsalarm für die Abfahrtszeit an, mit der VRS-App besteht hingegen die Möglichkeit, die geplante Abfahrt in den eigenen Kalender zu übertragen. Damit oft eingegebene Wegstrecken schneller gefunden werden, können in beiden Anwendungen bestimmte Ziele als Favoriten eingespeichert werden.
Die beiden Apps können in den App-Stores kostenlos heruntergeladen werden. Weitere Informationen dazu unter swb.myeasygo.de und www.vrsinfo.de