Streit um den Tausendfüßler Wieder viel Kritik am Neubau des Tausendfüßlers

Bonn · Auf der Bürgerversammlung im Brückenforum zum Neubau des Tausendfüßlers der A565 zwischen Endenich und Bonn-Nord kritisierten viele Teilnehmer das Projekt als überdimensioniert. Ob es noch zu einem Aufschub kommt? Das Planfeststellungsverfahren ist bereits in vollem Gange.

 Rund 300 Milionen Euro soll der Neubau des Tausendfüßlers der A565 zwischen Bonn-Endenich und Bonn Nord kosten.

Rund 300 Milionen Euro soll der Neubau des Tausendfüßlers der A565 zwischen Bonn-Endenich und Bonn Nord kosten.

Foto: Straßen NRW

Volles Haus – wenn man das in Corona-Zeiten überhaupt so sagen kann – bei der Bürgerversammlung der Stadt Bonn im Beueler Brückenforum zum geplanten Neubau des Tausendfüßlers. Gut 80 Bürger hatten Freitagabend in dem mit weiten Abstand bestuhlten Saal Platz genommen, um den Ausführungen des zuständigen Landesbetriebs Straßen.NRW zu folgen. Vorher hatten Gegner des Projekts mit Plakaten und Info-Material vor dem Eingang demonstriert.

Bei der Versammlung, die der Bürgerausschuss bereits vor Monaten beschlossen hatte, sollten die Zuhörer lediglich Fragen stellen, mahnte der Moderator. „Für den Austausch von Pro und Contra ist diese Veranstaltung nicht gedacht.“ Einwände könne man im laufenden Planfeststellungsverfahren einbringen. Das stieß im Saal bei den meisten auf taube Ohren. Ohnehin sei der Termin der Bürgerversammlung viel zu spät gewählt, da das Planfeststellungsverfahren bereits eingeleitet sei, monierten einige. In zahlreichen Stellungnahmen und auch anhand ihrer Fragen wurde im Laufe der fast dreistündigen Debatte deutlich: Das Gros im Saal hält den Neubau nicht zuletzt auch mit Blick auf die Gefahren für Umwelt und den Klimanotstand für völlig überdimensioniert und nicht mehr zeitgemäß.

Kurz zusammengefasst: Es geht um Neubau des Tausendfüßlers im Autobahnabschnitt der A565 zwischen der Anschlussstelle Endenich und dem Autobahnkreuz Bonn-Nord auf sechs Spuren. Laut Straßen.NRW hat das Brückenbauwerk 2022 das rechnerische Ende seiner Restnutzungsdauer erreicht. Der Neubau sei erforderlich, um den heutigen und zukünftigen Verkehrsbelastungen gewachsen zu sein. Im Zusammenhang mit dem Ausbau werde die künftig Staugefahr minimiert, die bereits deutlich überschrittene Kapazitätsgrenze von 75.000 auf 115.000 Fahrzeuge am Tag angehoben sowie der Lärmschutz entlang der Autobahn erneuert. Nach aktuellem Stand soll der Neubau wesentlich breiter werden als bisher: Statt derzeit 20 werden es nach dem Neubau 40 Meter sein. Die Kostenschätzungen liegen mittlerweile bei knapp 300 Millionen Euro.

Auf die Frage eines Bürgers, wieviel zusätzliche Fläche versiegelt werde, antwortete Athanasios Mpasios von Straßen.NRW, „das sind etwa zehn Prozent mehr“. Eine Zahl, bei der viele Zuhörer ungläubig den Kopf schüttelten. Unter ihnen auch Vertreter der Bürgerinitiative „Moratorium Planungen A 565 und Tausendfüßler“ mit Raimund Gerber an der Spitze. Die Initiative fordert einen Aufschub des Großprojekts, vor allem um die Größe des Vorhabens zu hinterfragen. Zumal in der Fortsetzung langfristig auch der sechsstreifige Ausbaus der A565 im Abschnitt zwischen Hardtberg und Endenich geplant ist, wie Mpasios auf Nachfrage bestätigte.

Doch die Zeit drängt: Die Offenlage der Planfeststellungsunterlagen läuft nur noch bis 9. Oktober. Bis 9. November können die Bürger ihre Bedenken und Anregungen einbringen. Der neue Stadtrat wird sich im Anschluss daran nochmal mit der Thematik befassen. Dabei wird es auch erneut darum gehen, ob doch noch nachträglich ein Schnellradweg entlang der A 565 gebaut werden kann. „Warum nutzt man dafür nicht den Standstreifen der Autobahn“, fragte ein Vertreter des Allgemeinen Deutsche Fahrradclubs (ADFC). Das gehe nicht, weil die Ein- und Ausfädelungsspuren viel zu lang seien, hieß es. Weitere Fragen bezogen sich auf das große Regenwasserbecken, das auf dem Gelände der Universität entlang der Immenburgstraße errichtet werden soll. „Bisher fließt das Regenwasser unbehandelt von der Autobahn ab“, erklärte Mpasios. Viele Menschen arbeiteten seit Corona von zu Hause aus, lautete ein weiterer Einwand gegen den Neubau. „Muss man da die Berechnung der künftigen Verkehrsfrequenz nicht neu aufstellen?“, fragte eine Frau. „Unsere Berechnungen sind valide“, so Mpasios.

Hin und her ging das muntere Frage-Antwort-Spiel zwischen Bürgern und Straßen.NRW. Fest steht: Da der Baubeginn wohl nach hinten verschoben werden muss, wird Straßen NRW ab 2022 Maßnahmen zur Entlastung des maroden Bauwerks treffen müssen. „Je nach Ergebnis könnten Fahrverbote für Lastwagen oder Tempolimits notwendig werden“, sagte Mpasios.

Wie geht es nun weiter: Nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens folgt ein Erörterungstermin mit der Bezirksregierung Köln. Kann man sich nicht einigen, können die Anlieger vor Gericht ziehen - was den Bau verzögern könnte.

Die Planfeststellungsunterlagen können im Internet oder persönlich im Stadthaus am Berliner Platz 2 im Amt für Bodenmanagement, Etage 6b, von montags bis freitags von 8 bis 13 Uhr (donnerstags bis 18 Uhr) eingesehen werden.

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