GA-Serie "Bonner Köpfe" Wiegand Pabsch - ein Diplomat aus Leidenschaft

Bonn · Wenn Wiegand Pabsch heute druckreif aus seinem Diplomatenleben erzählt, ist seine Leidenschaft für den Auswärtigen Dienst immer noch spürbar. Dabei wird der 1946 mit seiner Familie aus dem schlesischen Glatz Vertriebene am 2. Mai 85 Jahre alt.

 In der Welt und in Bonn zu Hause: Botschafter a. D. Wiegand Pabsch.

In der Welt und in Bonn zu Hause: Botschafter a. D. Wiegand Pabsch.

Foto: Holger Arndt

Der Wille, „beim Wiederaufbau Deutschlands nach dem Zusammenbruch im Nazi-Krieg aktiv mitzuwirken“, klingt in dem, was Pabsch gerne berichtet, heute noch nach. „Als ich 1947 das total zerstörte Köln sah, war ich erschüttert und wusste: Ich wollte einmal am Aufbau einer neuen Friedensordnung mitarbeiten, an einem Europa, das nicht an übersteigertem Nationalismus krankt“, sagt Pabsch im Rückblick. Es schmerze ihn, zu beobachten, dass überzogener Nationalismus heute wieder in Mode gekommen zu sein scheine.

Mit 15 Jahren hatte sich Pabsch 1947 aus einem Vertriebenenlager in der sowjetischen Besatzungszone über Köln auf den Weg in den freien Westen Deutschlands gemacht: Ein einst in Schlesien wirkender Pater aus Maria Laach stellte den Kontakt zum Aloisiuskolleg in Bad Godesberg her. Und der strebsame Junge aus Schlesien wurde vom Rektor im restlos belegten Internat noch irgendwie in einer Dachkammer untergebracht.

„Eine Sternstunde für mich, dass ich der Erziehung im kommunistischen Teil Deutschlands entkommen und in dieser vorzüglichen Schule lernen konnte“, schwärmt Pabsch noch heute. Die Eltern kamen erst Jahre später nach. Als Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes studierte Pabsch an der Bonner Universität Rechts- und Staatswissenschaft sowie Volkswirtschaft und legte zwei Prädikatsexamen hin. „Einem Juristen wird das noch am Grab gesungen“, kommentierte diese exzellente Leistung später der frühere Außenminister Klaus Kinkel in einer Laudatio auf den ehemaligen Mitarbeiter.

Nach einer Tätigkeit als Richter am Landgericht Bonn trat Wiegand Pabsch, der zusammen mit Hans Daniels schon in der Bonner CDU aktiv geworden war und dem Bezirk Mitte vorstand, alsbald ins Auswärtige Amt ein: Er arbeitete im Ministerbüro von CDU-Außenminister Gerhard Schröder („der war sehr höflich und freundlich, ein Herr“), dann in weiter reichenden Funktionen in Ankara, Washington, Kalkutta, Brüssel (Nato) und erneut als Gesandter für Wirtschaft in Washington, „ein Höhepunkt meiner Laufbahn“.

Dazwischen kehrte Pabsch mit seiner Frau Ursula und den vier Kindern immer wieder auf wichtige Posten nach Bonn zurück. Und fühlte sich etwa nach den Jahren in Kalkutta 1970 angesichts der Veränderungen durch die 1968er-Bewegung als „Fremder im eigenen Land.“ Pabsch sei einfach „zu konservativ“ eingestellt, soll einst einer seiner Dienstherren im Außenministerium über ihn geurteilt haben. Das Washingtoner Amt konnte Pabsch schließlich mit seinen Botschafterjahren 1989 bis 1993 in Santiago de Chile und 1993 bis 1997 in Buenos Aires noch toppen.

Die aufregendsten Diplomatenjahre erlebte er „in rein persönlicher Hinsicht in Kalkutta, dieser alten englischen Kolonialmetropole, die gleichzeitig ein Elendsloch war“, sagt Pabsch. Dort lernte er auch Mutter Teresa kennen. Einen unvergesslichen Höhepunkt erlebte er im Oktober 1990 in Santiago de Chile, als er mit dem Staatspräsidenten und 4000 Teilnehmern die deutsche Wiedervereinigung mit einem Festakt feiern konnte. „Grandios“, sagt Pabsch.

Nach seiner Pensionierung widmete er ab 1999 sein Knowhow und sein Netzwerk der Präsidentschaft des Clubs La Redoute: Pabsch machte den Diplomatenclub nach Wegzug des Bundes mit neuem Profil zu einem überregional anerkannten Diskussionsforum für Wirtschaft, Politik und Wissenschaft. Die Mitgliederzahl stieg von 350 im Jahr 1999 auf heute gut 850. Pabsch gewann Persönlichkeiten des Bonner Lebens als Mitglieder des Beirats.

Für die Veranstaltungen holte er die Prominenz aus Politik und Wirtschaft ans Rednerpult. In seiner an den Eichendorff-Titel erinnernden Autobiografie „Zeitgeschichten aus dem Leben eines Taugenichts“ blickte der einstige Botschafter 2002 zurück auf seine vielseitigen Aufgaben in Politik, Wirtschaft, Technologie, Umwelt sowie Kulturpolitik auf wechselnden Posten in der Zentrale und im Ausland. Zielstrebig und ausgesprochen selbstbewusst war dieser Mann, der nun 85 Jahre alt wird, immer. Von den Anfängen in einer Dachkammer des Aloisiuskollegs bis heute.

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