Dialekt in Bonn Wieso Bönnsch nicht gleich Bönnsch ist

DRANSDORF · Der bönnsche Dialekt ist je nach Ortschaft verschieden. Wo die einen "Woch" für Woche sagen, heißt es woanders untypisch "Weich". Eine LVR-Wissenschaftlerin schreibt nun ein Buch über die Entwicklung der hiesigen Sprache.

Wilfried Klein, SPD-Stadtverordneter für Dransdorf, Lessenich und Messdorf, ist ein echter Dransdorfer Jung. Dort lebt er seit seiner Geburt, ging in Dransdorf zur Schule und lebt immer noch im Ortsteil. "In unserer Familie wurde immer Dialekt gesprochen", sagt Klein.

Das unterscheidet Klein nicht von vielen anderen echten Bonnern. Aber es gibt doch ein paar Besonderheiten. Wenn Klein Bönnsch spricht, dann sagt er nicht "Woche" oder "Woch", sondern "Weich". Und das wiederum charakterisiert ihn als echten Dransdorfer Jung. Denn der dortige Dialekt ist ein besonderer.

Katharina Rempel, wissenschaftliche Mitarbeiterin beim LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, hat ihn unter die Lupe genommen. "Ist Bönnsch gleich Bönnsch?" lautet der Titel ihres Aufsatzes, der jetzt im Heft "Alltag im Rheinland" des Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte erschienen ist.

In dem stellt Rempel erste Ergebnisse ihrer Untersuchung vor. Sie schreibt derzeit an einem Buch, das voraussichtlich im Frühjahr erscheinen wird. Darin sollen die vielen verschiedenen Facetten der Sprache in Bonn dargestellt werden - vom Dialekt über den Regiolekt bis zur Sprache der Jugendlichen, verglichen auch im Hinblick auf die einzelnen Generationen und die Entwicklung von früher zu heute.

Und, ist Bönnsch gleich Bönnsch? Jein, lautet die Antwort. "Es ist natürlich nicht so, dass man sich innerhalb der Stadt nicht mehr versteht", sagt Rempel. Aber "kleinräumig" gebe es auffällige Besonderheiten. Neben der "Weich" ist das insbesondere die Stachelbeere. Rempel zückt zwei Sprachfragebögen, die das LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte 2011 in den 51 Bonner Ortsteilen verteilte.

Unter das Foto der Stachelbeeren haben zwei Männer, Jahrgang 1934 und 1948, das Wort "Krükele" geschrieben. Sieben weitere Teilnehmer der Umfrage nennen dieselbe Bezeichnung. In Friesdorf nennt man die Früchte hingegen "Knurschele", übrigens die im Stadtgebiet sehr viel verbreiterte Variante.

Warum? "Darüber kann man nur mutmaßen", sagt Rempel. Doch schon die Tatsache an sich sei interessant und das Phänomen von Dialektunterschieden in einer Stadt bislang auch noch nicht beschrieben worden. Einen Hinweis liefert der Blick in die westlich gelegene Nachbargemeinde Alfter.

Eine knappe Mehrheit der Dialektsprecher nennt hier auch den Begriff "Krükele". "Im 19. Jahrhundert waren Dransdorf oder Duisdorf noch andere Welten", sagt Rempel. Bonn war weit entfernt, das Vorgebirge nicht nur räumlich, sondern auch von der bäuerlichen Lebensweise näher. "Das Hochdeutsche war Menschen vorbehalten, die einer gehobeneren gesellschaftlichen Schicht angehörten", schreibt Rempel in ihrem Aufsatz.

Die Geringschätzung, die vor diesem Hintergrund der Dialektsprache teilweise entgegengebracht wurde, hat sich laut Wilfried Klein bis in die jüngste Zeit erhalten. "Hochdeutsch war die Sprache der Hauptstadtzeit, dahingegen war es geradezu verpönt, Dialekt zu sprechen."

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