Bonner Innenstadt Der Windeckbunker in Bonn wäre für einen Umbau geeignet

Bonn · Die Pläne für ein „Forum Exilkultur“ im Hochbau am Rande der City ließen sich verwirklichen. Gutachter geht von 10,3 Millionen Euro Kosten aus. Das Projekt könnte auch Bestandteil einer Zusatzvereinbarung zum Bonn-Berlin-Gesetz werden.

 Der Windeckbunker fristet seit Jahrzehnten ein Schattendasein. Das „Forum Exilkultur“ soll dort einziehen.

Der Windeckbunker fristet seit Jahrzehnten ein Schattendasein. Das „Forum Exilkultur“ soll dort einziehen.

Foto: Benjamin Westhoff

Was sollte aus dem Windeckbunker in der Innenstadt nicht schon alles werden: Partystätte, Gemeinschaftsgarten, Bandproberäume. Über den Status einer Idee sind diese Vorschläge nie hinausgekommen. Nun aber liegt eine Machbarkeitsstudie vor, nach der der 1941 während des Zweiten Weltkrieges errichtete Betonbunker geeignet wäre, um darin ein „Forum Exilkultur“ zu beherbergen. Kulturausschuss und Stadtrat hatten im Februar 2022 einstimmig die Gelder für eine solche Untersuchung freigegeben.

Klimaneutrales Gebäude

Federführend hat das Architekturbüro Cheret Bozic Architekten (Stuttgart) mit drei Fachplanungsbüros unter Beteiligung von Planungsamt, Denkmalschutzbehörde, Umwelt- und Tiefbauamt sowie dem Städtischen Gebäudemanagement das Gutachten betreut. Wichtig sind diese Beteiligungen im Vorfeld schon deshalb, weil der Bunker nicht nur unter Denkmalschutz steht, sondern die Kletterpflanzen an der Fassade Biotop und Rückzugsort für Tiere sind.

Architekt Peter Cheret berichtete denn am Donnerstagabend in der Sitzung des Kulturausschusses von den Ergebnissen und tat das zuvor in einer Pressekonferenz, zu der die Stadt im Beisein von Oberbürgermeisterin Katja Dörner, Kulturdezernentin Birgit Schneider-Bönninger und Philipp Hoffmann, dem Leiter des Zentrums für Stadtgeschichte und Erinnerungskulturen, eingeladen hatte.

Cheret legte die Studie nach einem Dreivierteljahr Arbeit vor. Es sei möglich, den Bunker weitgehend in seinem jetzigen Zustand zu lassen. Um den Bau mit seinen acht Etagen (dazu zählen zwei Untergeschosse) zu einem Ort der Erinnerungskultur mit einer Dauerausstellung, einer Wechselausstellung samt Veranstaltungsräumen umzugestalten und begehbar zu machen, sei unter anderem der Bau eines Aufzugs als Außenelement an der Fassadenseite zum am Dienstag eingeweihten Park erforderlich. An dieser Seite könnte auch der Haupteingang entstehen.

Belange des Brandschutzes seien mit den Ämtern abgestimmt. Der Bau verfügt aus seiner Bauzeit über zwei Zugänge und zwei Treppenhäuser. Eine Freitreppe vom obersten Stockwerk soll den „erlebbaren“ Aufgang zur Dachterrasse ermöglichen, die nach Auffassung von Cheret unbedingt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollte.

Sammlung Memoria als Herzstück

In Zusammenarbeit mit der Firma Transsolar hat der Architekt geprüft, ob der Bunker als Exilforum energieneutral zu betreiben wäre. Das wäre wohl über eine Fotovoltaikanlage auf einer Pergola möglich, ohne dass Platz auf der Terrasse verloren ginge. Herzstück wäre eine reversible Wärmepumpe mit einem Eisspeicher. Ein solcher Speicher wäre notwendig, um die in Sonnenmonaten gewonnene Energie aus der Fotovoltaik auch in den dunkleren Jahreszeiten nutzen zu können. Cheret sprach von einem ökologischen Vorzeigeprojekt, „das in der Fachwelt höchste Beachtung fände“. Die in den 1980er Jahren von Martin Noël gestalteten Seitenwände wären von Fassadengrün möglichst freizulegen. Heute sind sie kaum wahrnehmbar.

Kern der Ausstellung soll die Sammlung Memoria des Hürther Verlegers und Sammlers Thomas B. Schumann mit rund 1000 Kunstwerken von 200 Exilkünstlerinnen und -künstlern und 5000 Büchern von geflüchteten Schriftstellern werden. Die Details zur Überlassung werden gerade zwischen Stadt und Schumann verhandelt.

Verhandlungen über Fördergelder

Bereits eingetroffen in Bonn sind zahlreiche Werke und private Gegenstände der Exilkünstlerin Milein Cosman, die 2017 in London gestorben ist. Vorangegangen waren Verhandlungen mit der Stiftung „The Cosman Keller Art & Music Trust“ als Nachlassverwalterin. Die Uno-Flüchtlingshilfe steht als Kooperationspartner bereit, eine inhaltliche Brücke von den zuvorderst aus der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft stammenden Werke in die Gegenwart und Zukunft zu schlagen. Die Stadt will nach Deutschland geflohene Künstler in das Forum integrieren.

Oberbürgermeisterin Dörner sprach auch mit Blick auf den russischen Einmarsch in die Ukraine von „einem besonderen und bedeutsamen Projekt“. Es sei eine Chance für Bonn als Wiege des Grundgesetzes, sich „in der Demokratieforschung und -vermittlung zu profilieren“. Kulturdezernentin Schneider-Bönninger hob die Möglichkeit hervor, den Bunker aus seinem Schattendasein zu holen. Sie betonte auch das zivilgesellschaftliche Engagement, das den Anstoß gab.

Der Antiquar Jürgen Repschläger, langjähriger Stadtverordneter für die Linksfraktion, war Initiator der Idee. Als Buchhändler ist er spezialisiert auf Exilliteratur. Mittlerweile hat Repschläger den Verein „Exilkultur Bonn“ gegründet und ist dessen Vorsitzender. Erfreut sei er, sagte er gegenüber dem GA, dass drei Jahre nach der ersten Idee und ein Jahr nach dem Votum des Rates die Machbarkeitsstudie vorliege.

Wären noch die Kosten zu nennen: Inklusive eines 30-prozentigen Risikozuschlages geht Architekt Cheret von 10,3 Millionen Euro aus. Die Stadt ist gerade dabei, mit Bund und Land über Förderungen zu sprechen. Schneider-Bönninger sagte auf Nachfrage, dass die Pläne für das „Forum Exilkultur“ auch Bestandteil einer Zusatzvereinbarung zum Bonn-Berlin-Gesetz sein könnten. Die Bauzeit kalkuliert das Architektenbüro mit zwölf bis 14 Monaten. Noch nicht absehbar ist, welche Zeit die Detailplanungen, die weiteren Abstimmungen mit den Ämtern und in den politischen Gremien in Anspruch nehmen wird.

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