Einbrüche in Bonn „Wir sind die Jäger und Sammler“

Bonn · Gestohlene Navis, aufgebrochene Wohnungen: Im Kampf gegen Einbrecher ist ein fünfköpfiges Spurensicherungsteam bei der Bonner Polizei ausschließlich für Auf- und Einbruchstatorte zuständig.

 An der Eingangstür sichert der kriminaltechnische Beamte erste Spuren nach dem Einbruch.

An der Eingangstür sichert der kriminaltechnische Beamte erste Spuren nach dem Einbruch.

Foto: dpa

In seinem Büro sitzt Jürgen Tropschug eher selten. Das bringt sein Job so mit sich. Denn Tropschug ist Spurensicherer. Und ist gemeinsam mit vier Kollegen ausschließlich für Auf- und Einbruchstatorte zuständig. Gestohlene Navis und Airbags sind ebenso ihr Metier wie aufgebrochene Wohnungen, Häuser oder Arztpraxen. Kein Wunder also, dass das Team vor allem in der dunklen Jahreszeit viel unterwegs ist.

So auch an diesem Morgen. Erste Station ist ein Geschäft im Bonner Norden. Mit einem Stein hat der Täter die (beklebte) Schaufensterscheibe eingeschlagen und das Büro durchsucht. Schranktüren sind aus der Verankerung gerissen, überall liegen Scherben herum. Der Einbrecher wurde fündig: Neben Wechselgeld hat er die alte Rechentafel des verstorbenen Seniorchefs mitgenommen. Die ist es auch, die der Inhaber und seine Mitarbeiter am schmerzlichsten vermissen.

Eine Erfahrung, die Tropschug häufig macht. Am wichtigsten sind den Opfern nicht die materiellen, sondern die ideellen Werte. Ganz davon abgesehen, wie es mit den psychischen Folgen aussieht. „Der Täter betritt einen sehr persönlichen Bereich“, sagt der Kriminaloberkommissar. Man verliere für immer sein Sicherheitsgefühl. Und den Einbrechern seien „die Personen, die dort wohnen, vollkommen egal. Das ist eigentlich das Widerliche. Es ist dreist und gehört sich nicht.“

Dass schon ein versuchter Einbruch ein komisches Gefühl bei den Opfern hinterlässt, wird beim nächsten Fall deutlich. Ein Unbekannter wollte durch die Terrassentür in ein Reihenhaus in Meckenheim einsteigen – und wurde gestört, vermutet Tropschug. Spuren hat er kaum hinterlassen, zumindest nicht an der Tür. Bei der Frau, die mit ihrem kleinen Kind auf dem Arm die Arbeit des Polizisten beobachtet, aber schon. „Ich fühle mich unsicher“, sagt sie. „Es muss tagsüber passiert sein. Sonst haben wir doch das Rollo unten.“ Sie denke schon darüber nach, Türen und Fenster nun noch weiter zu sichern. „Mir ist mulmig geworden – gerade wegen der Kinder.“

Nach dem Gespräch mit Tropschug geht es ihr sichtlich besser. Auch das ist es, was die Arbeit der Spurensicherer ausmacht. Aufbauen, helfen und unterstützen, beschreibt der Polizist, der seit 2011 „um die 3000 Spurensicherungen“ durchgeführt hat. 2011. Seit diesem Jahr gibt es das fünfköpfige Team. Die Einbruchszahlen waren in die Höhe geschnellt, verschiedene Maßnahmen wurden ergriffen. „Es ist sehr wertvoll, dass wir uns ausschließlich auf die Spurenlage konzentrieren können. Diese Spezialisierung ist von Vorteil“, ist Tropschug sicher. Gearbeitet wird in Früh- und Spätschicht, sieben Tage die Woche, täglich bis 22 Uhr. Danach übernimmt die Kriminalwache die Spurensicherung bis zum nächsten Morgen. Ob das Team zum Einsatz kommt, bestimmen die Kollegen, die den Tatort aufnehmen. Denn ob man Spuren finde, sei von Tatort zu Tatort unterschiedlich, sagt Tropschug.

Werden die Spurensicherer hinzugezogen, können sie aus dem Tatort bereits eine Menge herauslesen: Hat der Täter zum ersten Mal eingebrochen? Ist bereits eine ähnliche Vorgehensweise bekannt? Handelt es sich um einen Berufseinbrecher oder eher einen Drogenabhängigen?

Im letzten Fall macht unter anderem das Diebesgut den Unterschied, erklärt Tropschug. „Drogenabhängige nehmen alles mit, Berufseinbrecher gehen gezielter vor.“

Das Vorgehen der Täter ist individuell - und verändert sich mit den Jahren. „Die Gewalteinwirkung auf das Material nimmt zu“, sagt der Spurensicherer. Soll heißen, dass zerstörte Fensterrahmen, verwüstete Räume oder zersplitterte Türrahmen keine Seltenheit mehr sind. Das liege unter anderem daran, dass die Bürger immer besser vorsorgen. „Die Täter versuchen viel, um die Sicherungsmaßnahmen zu zerbrechen.“ Drinnen halte sich die Zerstörung meist in Grenzen. „Geschwindigkeit zählt. Schnell rein, schnell durch, schnell raus, lautet die Devise.“ Deswegen finde sich der größte Schaden am Einstieg. Und damit auch die meisten Spuren.

Sind diese gesichert, werden sie entweder vom Erkennungsdienst in Ramersdorf bearbeitet, nach Köln oder zum Landeskriminalamt geschickt, wie zum Beispiel im Fall von Fingerabdrücken oder DNA.

Dann erfolgt der Abgleich. Gibt es keine Übereinstimmung, werden die Daten in der entsprechenden Datei erfasst. Und so kommt es, dass der Erfolg der Spurensicherer und ihrer Kollegen vom Einbruchskommissariat, die die Ermittlungen übernehmen, häufig erst zeitversetzt erfolgt: „Wenn wir zum Beispiel DNA sicherstellen, haben wir teilweise erst Jahre später einen Treffer.“

Jeder Treffer, jeder Erfolg ist ein Motivationsschub. „Es ist ein hochinteressanter Job.Wir sind die Jäger und Sammler“, sagt Tropschug. „Ich freue mich über jeden Täter, den wir kriegen.“

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