Namen-Jesu-Kirche in Bonn Wo Bonns älteste Glocke läutet

Bonn · Die Namen-Jesu-Kirche in der Bonngasse feierte ihr 300. Weihejubiläum. Sie kann auf eine bewegte Geschichte zurückblicken.

 Gisela Ewert-Rings führt rund 50 Interessierte durch die Namen-Jesu-Kirche.

Gisela Ewert-Rings führt rund 50 Interessierte durch die Namen-Jesu-Kirche.

Foto: Benjamin Westhoff

Bis auf die Beichtstühle war die Namen-Jesu-Kirche voll besetzt: Zum 300. Weihejubiläum berichtete die Bonner Keramik-Künstlerin Gisela Ewert-Rings über die Geschichte des Gotteshauses. 1717 hatte Kurfürst Josef Clemens als Erzbischof von Köln die Kirche nach 31 Jahren Bauzeit dem Jesuitenorden überlassen.

Ewert-Rings hat sich jahrelang in Archiven, Museen und auf manchem Dachboden intensiv mit der wechselvollen Historie beschäftigt. So hängt in der Kirche die älteste Glocke der Bonner Altstadt. 1535 wurde sie gegossen. Bis 1806 warnte sie die Stadtbürger in der Brandwache der Remigiuskirche vor Feuern. Der liebevolle Name Kehrglöckchen ist bei einem Gewicht von 155 Kilogramm und einem Durchmesser von 60 Zentimetern allerdings leicht untertrieben.

Nachdem sie über Jahrzehnte in der Laterne des Südturms stumm ihr Dasein fristete, zog die Brandglocke nach der Kirchensanierung 2012 in die Glockenstube um und kann jetzt mit den drei neu gegossenen Glocken wieder gespielt werden. Erstmals kommt der Glockenstuhl der Kirche seither seiner ursprünglichen Aufgabe nach. „Übrigens sind die Glocken der Namen-Jesu-Kirche mit den Geläuten des Münsters und von St. Remigius so abgestimmt, dass man mit ihnen eine lückenlose B-Dur-Tonleiter spielen kann, sagte Ewert-Rings.

Ein neues Zuhause erhielten auch die Seitenaltäre. Sie waren ursprünglich für die Kapuzinerkirche neben der heutigen Oper aus Lindenholz geschnitzt worden. Als die ehemalige Ordenskirche 1897 abgerissen wurde, kamen sie in die Bonngasse. Die beiden Altarbilder selbst blieben allerdings lange verschollen. Erst bei einer Entrümpelungsaktion tauchten sie in viele Fetzen zerfallen und in einem verschnürten Paket auf dem Speicher des LVR-Landesmuseums wieder auf. „Die Kunsthochschule Köln übernahm die Restaurierung so gekonnt, dass man heute kaum noch etwas davon erkennt“, so Ewert-Rings.

Bild erinnert an Namensstifter

An den bayerischen Kirchenstifter erinnert im Inneren der ehemaligen Jesuitenkirche nicht nur das Rauten-Dekor an den hohen Säulen in Blau und Gold, sondern auch das Hauptbild auf dem Hochaltar. Dort hat der heilige Josef ausnahmsweise keine Nebenrolle. Der Zimmermann darf prominent im Vordergrund sitzen, während Maria mit dem Jesuskind auf dem Arm dahinter steht. Josef wird in der Alpenregion und damit auch in Bayern stark verehrt. Erst seit 1969 ist sein Namenstag dort kein gesetzlicher Feiertag mehr, was die Königlich-Bayerische Josefspartei bisher vergeblich zu ändern versucht. Hingegen haben viele Schweizer Kantone ihren Seppitag bis heute.

Ewert-Rings erinnerte auch an die Franzosenzeit in Bonn, als die nach dem Weggang des Ordens allerdings bereits zwei Jahrzehnte leer stehende Kirche von 1794 bis 1800 von französischen Soldaten als Stall für Pferde und Quartier für Mannschaften genutzt wurde. Während ein Großteil des barocken Dekors in dieser Zeit verloren ging, hätten die Beichtstühle, die 28 geschnitzten Kirchenbänke und die Kanzel mit ihrem imposanten Schalldeckel die Umnutzung trotz Brennholzmangel unbeschadet überstanden. Bei einem Ausfall der Mikrofon-Anlage vor einiger Zeit stellte Ewert-Rings ihre eigene These auf: Während die Beichtstühle als Futterkrippen und das zum Sitzen reichlich unwohnliche Gestühl als Liegefläche gedient habe, könne allein die Kanzel der Stimme des Kommandanten den nötigen Nachdruck verliehen haben.

Vor einer Umnutzung war das Gotteshaus auch in jüngster Zeit nicht gefeit. Als die Hochschulgemeinde 2008 auszog, machten Ideen einer Markthalle oder einer Ausstellungshalle für Luxusautomobile die Runde. Sogar eine Diskothek war im Gespräch, bevor das Land Nordrhein-Westfalen, dem die Kirche gehört, sie den Alt-Katholiken als Bischofssitz und City-Kirche überließ.

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