Nischenpartys statt Riesengaudi Wo man in Bonn feiern gehen kann

Bonn · In Bonn lässt es sich feiern. Große Tanzereignisse gibt es zwar wenige, aber die Stadt bietet eine ganze Reihe kleiner attraktiver Clubs. Ein Überblick.

 After-Job-Party im Kameha

After-Job-Party im Kameha

Foto: Thomas Kölsch

Allzu viel ist in der Jazz-Galerie noch nicht los. 21 Uhr, das ist immerhin recht früh, selbst für einen Mittwochabend. Die Tanzfläche des Clubs ist leer, nur an ein paar Tischen wippt der ein oder andere schon mal zum Takt der Funk- und Soul-Musik, die aus den Boxen schallt und die Ü 40-Gäste euphorisieren soll. Kein guter Tag zum Feiern, zumindest noch nicht. „Ich hoffe, dass es noch etwas voller wird“, gesteht Liane, die vor kurzem eingetrudelt ist. „Ich bin jetzt schon zum vierten Mal hier und hatte immer eine schöne Zeit. Und wo findet man in Bonn sonst Angebote für meine Altersklasse?“

Über das Bonner Nachtleben wird seit Jahren diskutiert, nicht zuletzt nachdem mit Tante Rike und dem Kreuzberg zwei Diskotheken wegen Lärmbeschwerden schließen mussten. Es sei zu wenig los, so der Tenor aus allen Generationen, viele Möglichkeiten gäbe es nicht. Carpe Noctem, Untergrund, N8schicht und für die etwas älteren Semester eben die Jazz-Galerie – das sind die größten Clubs in der Stadt.

Muss man zum Feiern also wirklich nach Köln fahren? „Nicht unbedingt“, sagt Elvin Ruic entschieden. „Aber man muss einfach eine Nummer kleiner denken.“ Der 26-Jährige weiß, wovon er spricht: Jahrelang hat er selbst Partys organisiert, etwa die „Curious!“-Reihe, die sich an ein „polysexuelles Publikum“ richtete. Und Ruic ist immer noch bestens vernetzt, kennt die Locations, weiß um ihre Stärken – und um ihre Schwächen. „Für großformatige Partys, die jede Woche stattfinden, ist Bonn einfach zu klein“, sagt er. Vor allem abseits des Mainstreams wäre es so gut wie unmöglich, so etwas anzubieten, etwa wenn man an einen richtigen Rave denkt. „Dafür gibt es aber einige gute kleine Läden mit einem breiten, abwechslungsreichen Angebot. Die N8Lounge hat zum Beispiel Goa-, K-Pop- und Orient-Asia-Partys im Programm, die sich an ein Nischenpublikum richten. Auch das Sofa bietet Einiges, und abseits der bekannten Locations passiert ebenfalls was. Man muss es nur mitkriegen.“

Partys unter den Brücken

So wie die mehr oder weniger illegalen Partys, die immer mal wieder unter der Süd- oder der Nordbrücke stattfinden? „Ja, wobei das jetzt natürlich Extrembeispiele sind. Die haben den Charme des Verbotenen: Man erfährt nur durch Mundpropaganda davon, oder indem man sich in einer Chatgruppe anmeldet, in der dann kurz vor Beginn der Party die Koordinaten für den Veranstaltungsort bekanntgegeben werden. Es gab Zeiten, da sind auf diese Weise bis zu 800 Leute zusammengekommen.“ Derartige Zahlen kann in Bonn sonst nur einer toppen: Rico Fenoglio. Seit 18 Jahren organisiert er die After-Job-Partys in Bonn und Köln, den Tanz in den Mai im Hotel Königshof oder andere Feiern für die breite Masse. Einmal im Monat füllt er die Hallen mit dem, was gerne mal als Mainstream belächelt wird. Aber letztlich bietet er genau das, was gewünscht wird – und was rentabel ist.

„Man braucht mindestens 1000 Besucher, damit sich so eine Veranstaltung lohnt“, rechnet Fenoglio vor. „Fixkosten für DJ, Gema, Sicherheit und dergleichen müssen ja schließlich ausgeglichen werden, und gleichzeitig will man keine astronomischen Eintrittspreise nehmen. Also muss man ein Programm anbieten, das möglichst viele Menschen zufriedenstellt.“ Aber spricht nicht gerade das für größere Clubs und Diskotheken? „Nur, wenn es dann auch verlässlich voll werden würde“, betont er. „Doch dem ist nicht so, selbst wenn man versucht, einen gemeinsamen Nenner für das immer diversere Publikum zu finden. Nicht umsonst hat in den vergangenen Jahren eine Großraum-Disco nach der anderen zugemacht. Kleinere Clubs können überleben, weil sie vieles selber machen und so die Kosten reduzieren können, aber das funktioniert nur bis zu einem gewissen Grad. Und natürlich nur, so lange es keine Klagen aus der Nachbarschaft gibt.“

Ü 40-Partys in der Jazz-Galerie

In der Jazz-Galerie wird es derweil langsam ein bisschen voller. Chef Andreas Gummersbach legt auf, sein Kollege Ahmed van Walsen steht an der Tür. „Seit Ende vergangenen Jahres bieten wir die Ü 40-Partys an, aber durch Karneval und einige Feiertage war es zuletzt eher ruhig“, gesteht van Walsen. „Wir hoffen, dass sich das Format etabliert, zumal wir es eingeführt haben, nachdem uns immer wieder Gäste gefragt haben, ob wir nicht in der Woche öffnen könnten.“ Van Walsen gibt sich zuversichtlich: „Am Wochenende brummt der Laden, da gibt es ab 22 Uhr oft eine Schlange vor der Tür. Der Bedarf an unserem Angebot ist also da.“

Und was ist mit der jüngeren Generation? Die will eben doch alles ein bisschen größer haben. Und sich nicht durch Lärmbelästigungsklagen und ähnliches eingeschränkt fühlen. „Wenn ich richtig feiern möchte, fahre ich nach Köln“, sagt der 21-jährige Mike, der an diesem Abend durch die Altstadt stiefelt. „Ich war früher auch mal im Kreuzberg oder im Tante Rike. Und jetzt, wo die zu haben, hat man manchmal echt das Gefühl, dass Bonn partytechnisch zum Friedhof wird.“

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