Haus Maria Königin Wo wohnungslose Frauen in Bonn Zuflucht finden

Bonn · Seit Jahrzehnten ist das Haus Maria Königin in Bonn ein Ort der Zuflucht für wohnungslose Frauen. Anders als in den Frauenhäusern, in die häusliche Gewalt Frauen und Mütter in Anonymität und Sicherheit zwingt, sind die Gründe von Wohnungslosigkeit der Frauen sehr unterschiedlich.

„Ohne dieses Haus wäre ich auf der Straße und würde mich aus der Mülltonne ernähren“, sagt Marion Willms. Seit einem Jahr wohnt die 53-Jährige im Haus Maria Königin. Etwa 50 Frauen leben mit zurzeit sieben Kindern in der Einrichtung an der Beethovenstraße, die seit Jahrzehnten Adresse für wohnungslose Frauen ist.

Während die Caritas mit einer Ausstellung im Münster-Carré und der Verein für Gefährdetenhilfe (VfG) mit einer Lesung von Gedichten im Frauenmuseum am Mittwoch auf die Situation von Wohnungslosen aufmerksam machten, öffnete Haus Maria Königin mit einem Tag der offenen Tür für Besucher. Die Stadtverwaltung zählt derzeit 220 Menschen, die sie in eigenen und rund 100 Menschen, die in Unterkünften von Caritas und VfG untergebracht sind. „Eine verlässliche Zahl, wie viele Menschen dieses Angebot nicht wahrnehmen wollen und freiwillig auf der Straße leben, gibt es nicht“, sagt Markus Schmitz vom Presseamt. Nach Schätzungen seien es etwa 90 bis 100 Menschen.

Unterschiedliche Gründe

Die hohe Nachfrage nach preiswertem Wohnraum mache es besonders schwer, nach einem Wohnungsverlust wieder eine bezahlbare Bleibe zu finden. Seitens der Stadt und den mit ihr zusammenarbeitenden freien Trägern würden jedoch zahlreiche Anstrengungen unternommen, einen drohenden Wohnungsverlust abzuwenden.

Elisabeth Bergmann leitet das Haus Maria Königin seit mehr als 30 Jahren. Die Diplom-Pädagogin weiß, dass sich „die Armut wohnungsloser Frauen versteckt“. Die Frauen kämen meist alle aus prekären Verhältnissen. Zunehmend seien es auch ältere Frauen ab 65 Jahren, die Zuflucht in ihrem Haus suchten. Frauen, die aus Armut oder auch nach dem Tod ihres Mannes nicht mehr alleine leben könnten.

Anders als in den Frauenhäusern, in die häusliche Gewalt Frauen und Mütter in Anonymität und Sicherheit zwinge, seien die Gründe von Wohnungslosigkeit der Frauen im Haus Maria Königin sehr unterschiedlich, sagt Bergmann. Oft seien es schon 18-Jährige, die aus „mangelnder Mitwirkung“ aus der Kinder- und Jugendhilfe entlassen werden und plötzlich auf der Straße stünden. Auch Schwangere oder Mütter mit Kindern sowie Frauen mit psychischen oder Suchterkrankungen werden in den sechs Wohngemeinschaften von zwölf Sozialarbeiterinnen betreut.

Gewalt und Drogenkonsum sind Ausschlusskriterien

Nur Gewalt und Drogenkonsum sind Ausschlusskriterien für das Haus an der Beethovenstraße. „Alles andere nehmen wir“, sagt Bergmann. Weitere 50 Frauen leben in zehn von der Johannesbund gGmbH, dem Träger von Haus Maria Königin, angemieteten Wohnungen. Doch es werde zunehmend schwerer, bezahlbare Wohnungen und Vermieter zu finden, obwohl die Frauen weiterhin vom Haus Maria Königin betreut werden. „Unsere Frauen sind am unteren Ende der Skala angelangt“, sagt Bergmann. Sie hätten keine Chance mehr auf dem Wohnungsmarkt. „Überschuldet, Schufa, alleinerziehend, Sprachschwierigkeiten“, zählt sie Gründe auf, wieso die meisten Frauen schon am Telefon keine Chance hätten, einen Besichtigungstermin für eine Wohnung zu bekommen.

So ergeht es Marion Willms immer wieder. Sie ist zum dritten Mal im Haus Maria Königin. Als Zwanzigjährige zog sie zum ersten Mal ein. Damals war sie schwanger, wurde von ihrer Mutter der Wohnung verwiesen, und der Vater des Kindes bestand auf einer Abtreibung. Zehn Jahre später war das Bonner Haus erneut eine Woche lang ihre Rettung vor einem gewalttätigen Mann. Jetzt freut sie sich auf die bevorstehende Entlassung ihres Sohnes, der wegen Betrugs im Gefängnis sitzt. „Wenn du nur ein bisschen Schwäche zeigst, dann tritt die Gesellschaft noch auf dich ein“, bringt die 53-Jährige ihre Erfahrung auf den Punkt.

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