Verzicht auf Einwegverpackungen Bonner Wochenmarkt soll ohne Plastik laufen

Bonn · Grüne und FDP wollen umweltschädliche Verpackungen mit höheren Standmieten bestrafen. Andere Fraktionen lehnen das ab, halten aber das Ziel, Müll auf dem Wochenmarkt zu vermeiden, für richtig.

 Markthändlerin Heike Cremer beobachtet, dass Kunden ungern die zehn Cent für eine Papiertüte zahlen.

Markthändlerin Heike Cremer beobachtet, dass Kunden ungern die zehn Cent für eine Papiertüte zahlen.

Foto: Stefan Hermes

Die Beschicker des Bonner Wochenmarkts am Marktplatz sollen weniger Einwegverpackungen, -geschirr und -besteck einsetzen. Einen entsprechenden Antrag hat der Wirtschaftsausschuss beschlossen. In der Frage nach dem Vorgehen allerdings gab es zwischen den Fraktionen einen Disput. Die Grünen und die FDP hatten zunächst vorgeschlagen, dass Marktstände, Imbissstände und Foodtrucks, die künftig auf solche Einwegprodukte verzichten, 15 Prozent geringere Standgebühren zu zahlen haben.

Diejenigen, die weiter ausschließlich auf Einwegverpackungen setzen, hätten nach Vorstellungen der Antragsteller 25 Prozent höhere Gebühren zu zahlen. Zudem sollten die Händler nach Auffassung der Antragsteller Einwegplastik nicht durch andere Einwegprodukte ersetzen oder Einwegprodukte als „mehrfach verwendbar“ deklarieren. Eine Mehrheit fanden Grüne und Liberale für ihren Vorstoß nicht.

Stattdessen beschloss der Ausschuss gegen die Stimmen von Grünen, FDP und Linken einen unverbindlicheren Antrag der CDU. Die Verwaltung soll bei der anstehenden Verlängerung des Vertrags mit den Markthändlern ab dem 1. April darauf hinwirken, „dass es erklärtes Ziel sein muss, Einwegverpackungen sowie Einweggeschirr und -besteck maßgeblich zu verringern“. Mittelfristig sei der komplette Verzicht anzustreben, hieß es schon im Antrag von Grünen und FDP. Vertragspartner der Stadt ist die Deutsche Marktgilde (DMG), die den Wochenmarkt organisiert. Der Stadtrat hat in seiner Sitzung an diesem Dienstag das letzte Wort in der Sache.

Die von Grünen und FDP vorgeschlagenen Sanktionen respektive Vergünstigungen gehen CDU, SPD und Bürger Bund Bonn zu weit. „Im Ziel waren sich alle im Ausschuss einig, nur in der Umsetzung nicht“, sagte Ausschussvorsitzender Guido Déus (CDU) auf Anfrage des GA. Strafquoten von 25 Prozent bedeuteten jedoch einen erheblichen Eingriff in die Vertragsautonomie der Marktgilde im Verhältnis zu den Marktbeschickern.

Stefan Freitag (Grüne) sieht in der abgelehnten Regelung eine verpasste Chance. „Wir haben uns als Stadt das Ziel gegeben, 2035 klimaneutral zu sein. Das geht nur mit großen Anstrengungen in allen Bereichen“, so Freitag. Auch Achim Schröder, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP, hätte einen finanziellen Anreiz begrüßt. „Dies wäre aus unserer Sicht das wirksamere Mittel gewesen“, betonte Schröder. Nun warte man auch das Ergebnis der Verhandlungen mit der Marktgilde ab.

„Unabhängig von politischen Forderungen beschäftigen wir uns schon länger mit dem Thema ,Plastikarmer Wochenmarkt’“, berichtete DMG-Vorstand Ingo Johnson. Bonn sei einer der Vorzeigemärkte, und man wolle die Qualität durch ökologisch sowie wirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen weiter steigern. „Wir möchten das Thema Plastik auf dem Wochenmarkt in Bonn aufgreifen und eine Art Pilotprojekt starten“, sagte Johnson. Konkreter wurde er nicht: „Die Umsetzung würden wir auf freiwilliger Basis möglichst zeitnah starten. Spätestens mit Beginn unseres neuen Marktjahres ab dem 1. April 2021 soll das Projekt an den Start gehen“, verspricht der DMG-Geschäftsführer.

Obsthändler Jörg Fierenbaum lehnt die Pläne ab:  „Wollt ihr denn überhaupt noch Händler auf dem Wochenmarkt haben?“, fragte er. „Ein Plastikverbot kann nur funktionieren, wenn es für alle gilt“, so Fierenbaum. Solange Discounter eine Schale Erdbeeren durch Plastikverpackungen günstiger anböten als eine umweltfreundliche Pappschale auf dem Wochenmarkt, zweifelt er an der Verhältnismäßigkeit. Auch eine reduzierte Standmiete als Anreiz hält er nicht für sinnvoll: „Spätestens nach einem Jahr wird dann die Miete wieder erhöht werden, und wir bleiben auf den Mehrkosten sitzen“, ist er überzeugt.

Fierenbaums Standnachbarin Heike Cremer sagte: „Selbst wenn wir wollten, wäre es schwer, auf die Plastikverpackungen zu verzichten.“ Sie beziehe ihre Ware bereits plastikverpackt vom Großmarkt. Zudem habe sie die Erfahrung gemacht, dass ihre Kunden größtenteils nicht bereit sind, zehn Cent für die von ihr angebotenen Papiertüten zu zahlen. Das sei den Kunden zu teuer. Eine Kundin bemerkte, dass sie „die dünnen Plastikbeutel sehr praktisch“ finde. Schließlich habe man nicht immer eine Einkaufstasche dabei. Die kostenlosen Beutel machten einen spontanen Einkauf erst möglich.

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